Lage in Kenia bleibt angespannt
Das Eidg. Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) rät Touristen vorübergehend von Reisen nach Kenia ab. Die rund 1000 Schweizer Touristen im Land seien im Moment jedoch sicher.
Nach den gewalttätigen Ausschreitungen im Anschluss an die Wahlen wurden im ostafrikanischen Land gegen 350 Menschen getötet, rund 100’000 sind auf der Flucht.
Das kenianische Rote Kreuz forderte am Donnerstag Hilfsgelder in Höhe von 7,5 Mio. Dollar für die Versorgung der rund 100’000 Flüchtlinge, die bislang ihre Heimat verlassen haben.
Die Unruhen waren ausgebrochen, weil der Urnengang vom 27. Dezember nach Ansicht unabhängiger ausländischer Wahlbeobachter manipuliert worden war.
Auch der Leiter der Wahlkommission äusserte unterdessen Zweifel am Sieg von Amtsinhaber Kibaki. Er sei von beiden Seiten unter Druck gesetzt worden, das Ergebnis schnell zu verkünden, sagte Samuel Kivuitu.
Einen Tag vor der geplanten Massendemonstration in Nairobi hat der kenianische Oppositionsführer Raila Odinga den Konfrontationskurs mit der Regierung verschärft. Die Oppositionsbewegung werde sich über das Verbot des Protestmarschs hinwegsetzen.
Chaos-Befürchtungen
Kenia galt bislang als eines der stabilsten Länder Afrikas. Angesichts der ethnischen Hintergründe des Konflikts wurden jedoch Befürchtungen laut, die Situation könnte ins Chaos abgleiten – wie in Ruanda, wo 1994 rund eine halbe Million Menschen umkamen.
Die jüngsten Unruhen nach der Präsidentschaftswahl haben dem florierenden Tourismusgeschäft einen herben Dämpfer versetzt, und das ausgerechnet zur Hauptreisezeit.
«Die Läden sind geplündert, Autos und Häuser wurden in Brand gesetzt, Strassen versperrt», berichtet der Polizeichef von Mombasa, Wilfred Mbithi. Kenia gehört zu den beliebtesten Urlaubszielen in Afrika.
Relativ unbehelligte Schweizer Touristen
Die Schweiz hat die Gewalt in Kenia verurteilt. Sie fordert die politischen Widersacher auf, unverzüglich den Dialog über die politische Zukunft des Landes aufzunehmen.
Die Schweizer Touristen in Kenia merken offenbar wenig von den Unruhen im ostafrikanischen Land. In ihren geschützten Hotelanlagen am Meer befinden sie sich weit weg von den blutigen Unruhen nach der Bekanntgabe des umstrittenen Ergebnisses der Präsidentenwahl.
Derzeit halten sich rund 1000 Schweizer Touristen in der Region um Mombasa auf. Sie müssen keine Einschränkungen hinnehmen, wie es heisst. Ausserhalb der Städte in Kenia sei die Lage ruhig, erklären Reiseveranstalter.
Gemäss EDA-Sprecher Jean-Philippe Jeannerat sind neben den Touristen 870 Schweizerinnen und Schweizer bei der Botschaft gemeldet. Mit ihnen sei Kontakt aufgenommen worden und sie würden regelmässig über die Entwicklungen informiert. Bisher habe sich niemand mit der Bitte um Unterstützung gemeldet.
Warnung
Das EDA hat auf seiner Internet-Seite die Reisehinweise verschärft. Es rät Touristen, vorübergehend auf das Reisen in das ostafrikanische Land zu verzichten.
Die Lage nach den umstrittenen Präsidentschaftswahlen habe sich in den letzten Tagen nicht stabilisiert. Als Folge der Unruhen müsse mit einer Zunahme der Kriminalität gerechnet werden.
Demonstrationen jeder Art seien zu meiden. Ausserdem rät es von Reisen in die Städte Eldoret, Kisuma und Kericho und in die Armenviertel von Mombasa und Nairobi ab.
Mehrere europäische Länder, darunter Frankreich, Italien und Österreich, raten ebenfalls von Kenia-Reisen ab.
swissinfo und Agenturen
Kenias 36 Mio. Einwohner verteilen sich auf mehr als 40 verschiedene Volksgruppen, von denen viele eine eigene Sprache sprechen.
Den grössten Stamm bilden die Kikuyu (22%), gefolgt von den Luhya (14%), den Luo (13%), den Kalenjin (12%) und den Kamba (11%).
Präsident Mwai Kibaki gehört den Kikuyu an, die vor allem aus dem zentralen Hochland kommen und in wirtschaftlich starken Gebieten leben.
Oppositionschef Raila Odinga ist ein Luo. Der Stamm lebt im Westen Kenias in der Nähe des Viktoriasees an der Grenze zu Uganda.
Der ehemalige Präsident Daniel arap Moi gehört zum Volk der Kalenjin, aus dem die meisten der berühmten Langstreckenläufer Kenias stammen.
Die Masai sind Kenias bekanntestes Volk und werden am häufigsten auf Touristenfotos abgebildet. Sie stellen etwa 1,6% der Bevölkerung.
Die Lust der Schweizer auf Kenia-Ferien lässt nach – die Zahl der kostenlosen Annullierungen und Umbuchungen steigt.
So wird das Angebot bei Hotelplan rege genutzt, wie Sprecher Peter Schmidli am Donnerstag sagte.
Auch Kuoni-Kunden buchten um oder sagten ihre Reisen ab, wie Sprecher Peter Brun sagte.
Den Gästen, die bereits in Kenia sind, wird von Ausflügen etwa nach Mombasa abgeraten. Safaris sind dagegen weiter möglich.
Bei Hotelplan gehen für die meisten Kunden die Kenia-Ferien am kommenden Sonntag zu Ende; sie reisen mit einer Chartermaschine zurück in die Schweiz.
Wer einen längeren Aufenthalt geplant hat, kann die Rückreise auf Linienmaschinen frühzeitig antreten – vorausgesetzt, es ist ein Platz verfügbar und es wurde Rücksprache mit Reiseversicherungen und Reiseveranstaltern genommen.
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