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Luxemburg will die Brüsseler Pläne durchkreuzen

Peer Steinbrück (Mitte): Der deutsche Finanzminister mit der französischen Wirtschaftsministerin Christine Lagarde und dem luxemburgischen Wirtschaftsminister Jeannot Krecke. Keystone

Die EU-Kommission fordert einen Vertrag mit der Schweiz zur Amtshilfe bei Steuerhinterziehung. Doch gegen diesen Plan meldete der EU-Staat Luxemburg gestern beim EU-Finanzministerrat in Brüssel Widerstand an.

Einmal mehr dürften Worte des deutschen Finanzministers Peer Steinbrück in der Schweiz hohe Wellen werfen – dabei hatte er sich gestern in Brüssel für einmal alle Mühe gegeben, nichts Provozierendes zu sagen.

Auf die Frage, ob die Bankgeheimnisländer zum informellen Finanzministertreffen am 23. Juni in Berlin eingeladen seien, rutschte ihm dann doch eine flapsige Bemerkung heraus. «Selbstverständlich», sagte er, und zählte auf: «Luxemburg, Liechtenstein, Schweiz, Österreich, Ouagadougou.»

Auf der Agenda der Finanzminister der EU-Staaten stand gestern jedoch ein Punkt, der für die Schweiz bedeutsamer ist, als Steinbrücks scherzhafte Gleichsetzung der Bankgeheimnisländer mit der Hauptstadt des Landes Burkina Faso. Die EU-Kommission stellte ihren Plan vor, mit der Schweiz und einigen Ministaaten Verträge über die Amtshilfe bei Steuerhinterziehung abzuschliessen. Dies würde die Absicht des Bundesrats durchkreuzen, die Frage in Doppelbesteuerungsabkommen mit jedem Staat einzeln zu regeln.

Widerstand Luxemburgs

EU-Steuerkommissar Laszlo Kovacs lotete die Chancen dieses Vorgehens gestern erstmals auf Ministerebene aus – und stiess zumindest bei Luxemburg auf heftigen Widerstand. «Ich denke nicht, dass wir der EU-Kommission einen Freischein für Verhandlungen mit Drittstaaten geben werden», betonte der luxemburgische Budgetminister Luc Frieden nach dem Treffen gegenüber Journalisten.

Dass das Bankgeheimnisland Luxemburg nach langem Zögern Farbe bekennt, ist bedeutsam, weil die EU-Staaten ein allfälliges Mandat für Verhandlungen mit der Schweiz einstimmig beschliessen müssten. Frieden erinnerte daran, dass Luxemburg, Österreich und die Schweiz bereit seien, die Kooperation bei Steuerhinterziehung in Doppelbesteuerungsabkommen zu regeln. So wolle man dies nun auch umsetzen.

Auch in der EU umstritten

Luxemburg fürchtet vor allem den Nebeneffekt eines Vertrags zwischen der EU und der Schweiz sowie einigen Miniländern: Sobald diese sich in einem solchen Vertrag bereit erklären, bei Steuerhinterziehung auf Anfrage zu kooperieren, müssten die EU-Staaten Österreich und Luxemburg einen zusätzlichen Schritt tun und sich dem automatischen Austausch der Bankkundendaten in der EU anschliessen. So will es eine Klausel in der EU-Zinsbesteuerungsrichtlinie.

«Dazu sind wir nicht bereit», betonte Frieden. So lange die EU-Kommission dies offen als Nebeneffekt eines Vertrags mit der Schweiz anstrebe, «ist es für uns sehr schwierig, einem Mandat für Verhandlungen zuzustimmen». Der österreichische Finanzminister Josef Pröll setzte gestern auf Verzögerung, indem er forderte, dass die Frage der britischen Trusts und amerikanischer Steuerparadiese wie Delaware ebenfalls geregelt werden müsse. Die Aussichten der EU-Kommission, im Juni ein Verhandlungsmandat zu erhalten, sind damit sehr unsicher geworden.

Für eine Überraschung sorgte der tschechische Finanzminister und EU-Ratsvorsitzende Miroslav Kalousek. Er entschuldigte sich bei Luxemburg, Österreich und Belgien dafür, dass der G-20-Gipfel in London sie auf eine graue Liste der Steueroasen gesetzt hatte. Dies war zwar nur eine persönliche Bemerkung des abtretenden tschechischen Finanzministers – es zeigt aber doch, dass die Politik der schwarzen und grauen Listen auch in der EU umstritten ist.

Simon Thönen, Brüssel, swissinfo.ch

Die Schweiz ist nicht nur wegen des Bankgeheimnisses, sondern auch wegen ihrer Steuerpolitik seit längerem im Fadenkreuz anderer Staaten oder Staatengemeinschaften. Die wichtigsten Steuerkonflikte der letzten zehn Jahre:

2000: Die OECD setzt die Schweiz auf eine Liste mit 47 Ländern mit «potenziell schädlichem Gebaren» in Steuerfragen.

2004: Schweiz macht Zugeständnisse bei der Besteuerung von Holdings und wird wieder von der Liste gestrichen.

2001-2005: Bei den Verhandlungen mit der EU über die bilateralen Verträge II kommt es in der Frage der Zinsbesteuerung zu Spannungen zwischen der Schweiz und der EU. Mit dem Abschluss der Bilateralen II kann dieser Streit beigelegt werden.

Seit 2005: Streit zwischen der Schweiz und der EU über kantonale Steuerprivilegien für Unternehmen. Die Schweiz weist wiederholt EU-Vorwürfe zurück, diese verstiessen gegen das Freihandelsabkommen von 1972.

2007: Die EU-Kommission erhält vom Ministerrat ein Verhandlungsmandat über den Steuerstreit mit der Schweiz. Der Bundesrat zeigt sich aber nur zu einem Dialog, nicht zu Verhandlungen bereit.

2008: Die Schweiz gerät in den Strudel des deutsch-liechtensteinischen Steuerstreits. Deutsche Politiker verschärfen ihre Drohungen gegenüber Steueroasen «wie der Schweiz».

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