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Massive Abfuhr für die Einheitskrankenkasse

Pascal Couchepin will den Reformkurs fortsetzen. Keystone

Das Schweizer Stimmvolk hat die Volksinitiative für eine Einheitskasse überaus deutlich abgelehnt. Mehr als 70% der Stimmenden sagten Nein. Ja-Mehrheiten kamen nur in zwei Kantonen zustande.

Gesundheitsminister Pascal Couchepin sieht sich in seinen Reformen bestätigt. Für Initianten und Linksparteien ist vor allem die Höhe der Ablehnung eine herbe Enttäuschung.

Das in der Westschweiz lancierte und vorab von den Sozialdemokraten und den Grünen unterstützte Volksbegehren verlangte nicht nur den Ersatz der 87 bestehenden Krankenkassen durch eine einzige Kasse, sondern auch einkommensabhängige Prämien.

Mit 71,2% Nein- und 28,3% Ja-Stimmen legte das Volk sein Veto ein. Auch das Ständemehr war kein Thema.

Als einzige Kantone hiessen der Jura mit 57,7 und Neuenburg mit 51,4% die Initiative gut. Einmal mehr tat sich in einer sozialen Frage ein Graben zwischen den Sprachregionen auf. Das Tessin und die Romandie, wo die Prämienlast besonders drückt, zeigten weit mehr Verständnis für die Einheitskasse als die Deutschschweiz.

Als Prämien-Spitzenreiter meldete der Kanton Genf nur 54,2% Nein. Das gleiche Ergebnis gab es auch im Tessin, wo nach den Umfragen ein Ja nicht überrascht hätte. Auch in der Waadt (54,9%) schnitt die Initiative vergleichsweise gut ab.

Am stärksten unter die Räder kam das Volksbegehren mit 91,7% Nein im Kanton Appenzell Innerrhoden, der die tiefsten Prämien kennt. Das gnädigste Deutschschweizer Nein steuerte mit 65,4% der Kanton Basel-Stadt bei, in dem die zweithöchsten Durchschnittsprämien des Landes bezahlt werden.

Nein zu einer Revolution

Das Nein zur Einheitskasse ist ein Nein zu einer Revolution im Gesundheitswesen und ein Ja zu den eingeleiteten Reformen in der Krankenversicherung. So hat Sozialminister Pascal Couchepin den Abstimmungsausgang kommentiert.

Das Schweizer Volk ziehe Wettbewerb einer Einheitslösung vor, sagte Couchepin. Es habe seinen Entscheid von 2003 gegen die Gesundheitsinitiative und gegen ein staatliches Monopol in der Krankenversicherung mit dem praktisch selben Stimmenverhältnis von 70 zu 30 bestätigt.

Mit dem Nein habe sich das Volk auch indirekt hinter die Reformen in der Krankenversicherung gestellt, die erste Früchte trügen. Wenn das Parlament auf dem eingeschlagenen Kurs bleibe, rechnet Couchepin damit, dass sich die Gesundheitskosten in den nächsten zwei Jahren bei plus 2 bis 3% stabilisierten.

Mehr Ja-Stimmen erwartet

Die Präsidentin des Initiativkomitees, Therese Frösch, hätte einen höheren Ja-Stimmen-Anteil für eine Einheitskasse erwartet. Sie macht die Grosskampagne der Gegner und die Verunsicherung um die Prämien für die deutliche Ablehnung verantwortlich.

Sie habe 35% Ja-Stimmen erwartet, sagte die grüne Nationalrätin Frösch auf Anfrage. Interessant sei, dass in der Romandie, wo es eine breitere Diskussion gegeben habe, die Resultate besser ausgefallen seien.

Fulvio Pelli, Präsident der Freisinnig demokratischen Partei, hofft nun auf konstruktive Gespräche im Parlament. Die Lösung für die Gesundheitskosten liege in einer gemeinsamen Diskussion und nicht in isolierten Vorschlägen, die sich als «politische Werbemanöver» entpuppten.

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Volksinitiative

Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht Die Volksinitiative erlaubt den Bürgerinnen und Bürgern, eine Änderung in der Bundesverfassung vorzuschlagen. Damit sie zu Stande kommt, müssen innerhalb von 18 Monaten 100’000 gültige Unterschriften bei der Bundeskanzlei eingereicht werden. Darauf kommt die Vorlage ins Parlament. Dieses kann eine Initiative direkt annehmen, sie ablehnen oder ihr einen Gegenvorschlag entgegenstellen. Zu einer Volksabstimmung kommt es…

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Volk will keine Abenteuer

Der Fraktionschef der Christlichdemokratischen Volkspartei, Ständerat Urs Schwaller, zeigte sich erleichtert über das Nein. Das Resultat zeige, dass das Schweizer Volk keine Abenteuer wolle.

Der Bundesrat und das Parlament blieben aber auch nach der Ablehnung der Initiative gefordert. «Wir müssen aufpassen, dass wir die laufenden Reformen nicht stoppen», so Schwaller.

Die Wähler und potenziellen Wähler der Sozialdemokraten wollten eine Partei, die sich für soziale Anliegen engagiere, sagte deren Präsident Hans-Jürg Fehr. In der Romandie und im Tessin sei die Initiative fast mehrheitsfähig gewesen. Der Grund dafür liege darin, dass die Prämienlast in der Romandie wesentlich grösser sei als in der Deutschschweiz.

Santésuisse-Sprecher Peter Marbet wollte nicht von Gewinnern und Verlierern sprechen. Nach dem Nein seien alle Akteure aufgerufen, die nötigen Reformen an die Hand zu nehmen, sagte er.

swissinfo und Agenturen

Nein-Stimmen: 71,2%
Kantone: 24 Nein, 2 Ja
Höchste Ablehung: Appenzell Innerrhoden mit 91,7% Nein
Grösste Zustimmung: Jura mit 57,7% Ja
Stimmbeteiligung: 45,5%

Die Initiative wurde im Dezember 2004 eingereicht.

Für die Grundversicherung sollte nur noch eine nationale Krankenkasse verantwortlich sein, die Prämien hätten einkommensabhängig bemessen werden sollen.

Die Landesregierung und die beiden Parlamentskammern hatten die Initiative zur Ablehnung empfohlen.

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