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Massives Ja zu schärferen Asyl- und Ausländergesetzen

Keystone

68% der Stimmenden heissen das neue Ausländergesetz und das verschärfte Asylrecht gut. 58% lehnen die KOSA-Initiative ab, die einen Teil der Nationalbank-Gewinne für die AHV wollte.

Die Resultate sind in den Regionen und den meisten Kantonen einheitlich. Das Ja zu den Ausländervorlagen ist in der Romandie weniger ausgeprägt.

Die Schweiz erhält ein schärferes Asylgesetz. Die Stimmberechtigten haben am Wochenende die so genannte «Lex Blocher» überaus klar gutgeheissen. Völlig ungefährdet nahm im Windschatten auch das neue Ausländergesetz die Hürde des Referendums.

Die vor allem von der Linken sowie Hilfswerken und Kirchen als unmenschlich hart und völkerrechtswidrig bekämpfte Revision des Asylgesetzes passierte mit knapp 1’598’500 Ja gegen gut 760’800 Nein. Das Ständemehr war nicht verlangt. Aus keinem einzigen Kanton wurde aber eine Nein-Mehrheit gemeldet.

Der Souverän folgte damit der Parole des Bundesrates und der bürgerlichen Parteien. Diese hatten geltend gemacht, dass trotz oder gerade wegen der verstärkten Massnahmen gegen Missbräuche der Schutz der tatsächlich Verfolgten im Sinne der Flüchtlingskonvention und der humanitären Tradition gewahrt bleibe.

Westschweiz reservierter

Am deutlichsten angenommen wurde das Asylgesetz mit 80,1% Ja im Kanton Schwyz.

Am wenigsten gut kam die Gesetzesrevision in den Westschweizer
Kantonen Genf (51,3% Ja), Jura (52,8), Neuenburg (52,9) und Waadt (57,2) an.

Das Ausländergesetz wurde in allen Kantonen und mit 1’601’900 Ja gegen gut 755′ 200 Nein angenommen. Es gilt für Staatsangehörige ausserhalb der EU und EFTA und beschränkt deren Zulassung zum Arbeitsmarkt auf besonders Qualifizierte.

Es war bei den gleichen Kreisen unter Beschuss geraten wie das Asylgesetz, mit dem es die Zwangsmassnahmen teilt.

Nach Kantonen ergab sich ein sehr ähnliches Bild wie bei der Asylgesetzrevision. Das Höchstresultat lieferte allerdings mit 79,7% Ja der Kanton Nidwalden.

Wie beim Asylgesetz zeigte sich auch hier die Romandie weit weniger überzeugt.

KOSA-Initiative doppelt gescheitert

Die so genannte KOSA-Initiative, welche die Finanzierungsprobleme der AHV mit Nationalbankgewinnen lindern wollte, scheiterte mit 1’359’506 Nein gegen 973’637 Ja.

Auch das für Verfassungsvorlagen nötige Ständemehr wurde klar verfehlt. Zustimmende Mehrheiten gab es nur im Tessin sowie in den Kantonen Basel-Stadt und Genf.

Für den Bundesrat, die bürgerlichen Parteien und die Wirtschaft bedeutet der Abstimmungsausgang einen Sieg auf der ganzen Linie. Sozialdemokraten (SP) und Grüne wurden vom Volk auf die Verliererstrasse geschickt.

Mit Genugtuung haben die Bundesräte Christoph Blocher und Hans-Rudolf Merz auf den Ausgang der eidgenössischen Abstimmung reagiert.

Der Souverän sei den Vorschlägen von Bundesrat und Parlament zur entschiedenen Bekämpfung von Missbräuchen im Ausländer- und Asylbereich unter Wahrung der humanitären Tradition der Schweiz gefolgt, sagte Blocher. Der Aufenthalt für tatsächlich verfolgte Menschen bleibe gewährleistet.

Schnelle Umsetzung

Die beiden klaren Ja zum Asyl- und zum Ausländergesetz seien ein unmissverständlicher Auftrag an die Behörden von Bund, Kantonen und Gemeinden, aber auch an die Gerichte, die Missbrauchsgesetzgebung umzusetzen, sagte Blocher. Es sei eine rasche Inkraftsetzung vorgesehen.

Ein erster Teil des Asylgesetzes soll schon ab dem 1. Januar 2007 gelten. Dazu gehören die Zwangsmassnahmen zur Durchsetzung des Rechts und der Nichteintretenstatbestand wegen fehlender Papiere. Aber auch die neue Härtefallregelung und die Verbesserungen für die vorläufig Aufgenommenen gehören zum ersten Paket.

Erst auf den 1. Januar 2008 treten die finanziellen Bestimmungen und die Streichung der Sozialhilfe für abgewiesene Asyslsuchende in Kraft. Das Ausländergesetz soll auf den gleichen Zeitpunkt rechtskräftig werden.

Kein Votum gegen die AHV

Für Finanzminister Merz hat die überwältigende Mehrheit der Stimmenden erkannt, dass die KOSA-Initiative keine Probleme gelöst, sondern nur neue geschaffen hätte. Das Volksbegehren sei kein geeignetes Mittel, die AHV längerfristig und nachhaltig zu sichern.

Das Nein sei aber auch kein Votum gegen das wichtigste Sozialwerk. Denn die AHV gehe nicht leer aus. Jetzt komme der indirekte Gegenvorschlag des Parlamentes zum Tragen, dass die 7 Milliarden Bundesanteil am Golderlös der Nationalbank in den AHV-Fonds fliessen.

Bürgerliche zufrieden

«Die SP wird die Bürgerlichen und den Bundesrat bei der Umsetzung der Asyl- und Ausländergesetze an den Versprechungen messen», sagte SP-Fraktionschefin Ursula Wyss.

So habe der Bundesrat versprochen, das Asylgesetz werde human umgesetzt, und bei der Papierlosigkeit würden plausible Erklärungen akzeptiert.

Der Präsident der Christlichdemokraten, Christophe Darbellay legt besonderes Gewicht auf die Integration. Er wolle keine Ghettos «à la française», sagte er.

Zufrieden sind die Freisinnigen, wie Parteipräsident Fulvio Pelli sagte. Nun verfüge die Schweiz über eine Migrationspolitik, in deren Zentrum Integration und Qualifikation stünden.

Besondere Genugtuung über das Abstimmungsresultat herrscht bei der Schweizerischen Volkspartei. Präsident Ueli Maurer erklärte sich überrascht darüber, dass die Probleme derart breit wahrgenommen wurden.

UNHCR bedauert

Das UNO-Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR) nahm die Annahme des verschärften Asylgesetzes mit Bedauern zur Kenntnis. Es müsse auch künftig sichergestellt sein, dass die Rechte der Flüchtlinge und Asylsuchenden geschützt blieben und die Umsetzung der neuen Bestimmungen den internationalen Standards entspreche, sagte UNHCR-Sprecher William Spindler auf Anfrage.

Das UNHCR werde dabei auf Basis seines Mandats den Schweizer Behörden weiter seine Unterstützung anbieten. So sehe etwa die Genfer Flüchtlingskonvention vor, dass Flüchtlinge, die mit guten Gründen ihr Land verliessen und illegal in ein anderes Land flüchteten, nicht bestraft werden dürften.

Die Schweizer Sektion von Amnesty International bezeichnete den Abstimmungs-Sonntag als schwarzen Tag für das Asylrecht. Die Menschenrechtsorganisation werde genau verfolgen, wie das Asyl- und Ausländerrecht umgesetzt würden.

Besonders im Visier sei das Versprechen von Bundesrat Christoph Blocher, wonach auch bei fehlenden Papieren auf Asylgesuche eingetreten wird, wenn Indizien auf Verfolgung bestehen.

swissinfo und Agenturen

Am Wochenende haben die Schweizer Stimmbürger über drei eidgenössische Vorlagen abgestimmt.

Gegen das von Landesregierung und Parlament beschlossene neue Ausländergesetz und gegen das verschärfte Asylgesetz hatte die Linke das Referendum ergriffen.

Die Volksinitiative des linken Komitees sichere AHV (KOSA) verlangte, dass die Gewinne der Schweizerischen Nationalbank (SNB) in Zukunft anders aufgeteilt und damit die Renten bis über 2015 hinaus gesichert werden.

Ausländergesetz: 68% Ja
Asylrecht: 67,7% Ja
KOSA-Initiative: 58,3% Nein
Stimmbeteiligung: 48,2%

Für Asyl- und Ausländergesetz respektive die Referenden dagegen ist am 24. September nur das Volksmehr entscheidend.

Weil es sich bei einer Volksinitiative immer um eine Verfassungsänderung handelt, sind für die KOSA-Initiative hingegen das Volks- und das Ständemehr der Kantone ausschlaggebend.

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