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Mehr direkte Demokratie für die EU

Der frühere EU-Vorsitzende Costas Simitis mit einem Entwurf der EU-Verfassung. Keystone

Die neue Verfassung der Europäischen Union soll durch ein Plebiszit abgesegnet werden. Dafür haben sich EU-Politiker in Brüssel am Donnerstag stark gemacht.

Als Modell könnte die Schweiz mit ihren Erfahrungen in direkter Demokratie dienen.

In einigen EU-Staaten wird derzeit überlegt, die Bürgerinnen und Bürger über die künftige Verfassung der Europäischen Union abstimmen zu lassen. Der Verfassungs-Entwurf selbst schlägt zudem – ähnlich dem Schweizer System – die Möglichkeit von Initiativen vor.

Eine Gruppe von EU-Politikern nutzte die Chance und warb am Donnerstag in Brüssel für mehr direkte Demokratie in der EU. So legte ein vom Schweizer Bruno Kaufmann geleitetes Institut in Amsterdam («Initiative & Referendum Institute Europe») ein Handbuch zum Thema vor.

Lernen von der Schweiz

Das Institut (IRI) und die Schweizer Mission bei der EU luden ferner zu einer Tagung über «Möglichkeiten und Grenzen der direkten Demokratie im europäischen Integrations-Prozess» ein.

Neben einer Reihe von Vertretern des EU-Parlaments nahmen daran auch der Zürcher SP-Nationalrat Andreas Gross und die Professoren Andreas Auer aus Genf und Jean-François Aubert aus Neuenburg, teil. Sie nahmen zur Frage Stellung, was aus der 150-jährigen Erfahrung der Schweiz mit direkter Demokratie gelernt werden könne.

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Direkte Demokratie wirkt integrativ



Auer zeichnete die direkt-demokratische Entwicklung der Schweiz nach und bewertete etwa die Anwendung einer doppelten Mehrheit als positiv. Dagegen wirkten sich seiner Ansicht nach Mindestquoten bei Beteiligung oder Stimmenzahl eher negativ aus. Aubert bemühte sich unter anderem, Befürchtungen der Behörden gegenüber direkter Demokratie zu entkräften.

So habe sich das Schweizer Volk bei den über 500 Referenden seit 1848 in drei Viertel aller Fälle zugunsten der Behördenvorschläge ausgesprochen, hob er hervor. Andreas Gross verwies auf die integrative Wirkung direkter Demokratie und betonte, wichtig sei die gute Ausgestaltung; dann würde sie die europäische Integration fördern.

Breite Unterstützung für Plebiszit



Das Handbuch «Transnational Democracy in the Making» enthält Beiträge von Politikern und Experten sowie Angaben zu Referenden in den EU-Ländern. Herausgeber sind Bruno Kaufmann, der EU-Parlamentarier und frühere französische Minister Alain Lamassoure sowie der deutsche Parlamentsvertreter im EU-Verfassungs-Konvent, Jürgen Meyer.

Sie hatten bereits im Konvent eine breit abgestützte Resolution bewirkt, die sich für ein Referendum über die künftige Verfassung aussprach. «Man kann nicht den Bürgern sagen, dies ist der grosse Vertragstext für die Europäische Union des 21.Jahrhunderts, aber Ihr habt dazu nichts zu sagen», erklärte Lamassoure vor den Medien.

Bürgerinitiativen



Laut Jürgen Meyer könnten negative Volksentscheide zwar eine Krise auslösen, dies sei aber auch beim Nein eines nationalen Parlaments so. Daneben gehe es den Initianten auch um den Vorschlag des Konvents für Bürgerinitiativen in der EU. Die Formulierung, so Meyer, lasse indes vieles offen und müsse nun ausgestaltet werden.

swissinfo und Agenturen

13.6.2003: Nach 15-monatigen, teils sehr kontroversen Beratungen nimmt der Konvent den Entwurf für eine europäische Verfassung an.

19./20.6.2003: Valéry Giscard d’Estaing, Leiter des Konvents, präsentiert den Entwurf auf dem EU-Gipfel im griechischen Thessaloniki. Die Staats- und Regierungschefs billigen den Entwurf und setzen eine Konferenz für Oktober ein, die darüber beraten soll.

10.7.2003: Der Konvent beendet seine Arbeit. Giscard appelliert an die Regierungen, den Entwurf nicht zu verwässern.

4.10.2003: Die Staats- und Regierungschefs der EU-Länder kommen in Rom zu Beratungen über den Verfassungs-Entwurf zusammen.

Die Unterzeichnung des Verfassungs-Vertrags ist für 2004 geplant.

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