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Mehr Sozialhilfe-Empfänger wegen Krise

Suppenküche in Genf: Die Sozialbehörden rechnen angesichts der Krise mit voll besetzten Mittagstischen. Pixsil

Die Finanz- und Wirtschaftskrise wird auf die Sozialhilfe drücken: Die Schweizerische Konferenz für Sozialhilfe (SKOS) rechnet bis 2011 mit einem Anstieg der Bedürftigen von rund 250'000 auf weit über 300'000.

Verlieren in Phasen der Rezession mehr Menschen ihre Arbeitsstelle, kommt auch die Sozialhilfe zunehmend unter Druck.

Dies vor allem dann, wenn die steigenden Sozialhilfeausgaben mit dem Einbruch der Steuereinnahmen von Kantonen und Gemeinden zusammenfallen. SKOS-Präsident Walter Schmid rechnet deshalb in den nächsten drei Jahren mit einem massiv zunehmenden Druck auf die entsprechenden Amtsstellen.

Die SKOS, die führende Institution in der Schweiz im Bereich Sozialhilfe, empfiehlt den Kantonen und Gemeinden, rechtzeitig Gegenmassnahmen zu treffen. Insbesondere gehe es darum, den Personalbestand aufzustocken. Im Weiteren seien Beschäftigungs- und Qualifikationsprogramme auszubauen, sagte Schmid.

Nur Grossverdiener müssen zahlen

Die Konferenz stellte zudem eine neue Richtlinie vor, die ab Anfang Jahr in Kraft getreten ist. Demnach müssen nur noch Vielverdiener und Wohlhabende ihre armen Verwandten unterstützen.

So sollen Willkür vermindert und der Mittelstand entlastet werden. Die neue Einkommensgrenze liegt neu bei 120’000 Franken. Ehepaare kommen als Unterstützer in Frage, wenn sie mehr als 180’000 Franken gemeinsames Einkommen im Jahr erzielen. Bisher galten Limiten von 60’000 für Einzelpersonen sowie 80’000 Franken bei Ehepaaren.

Bisher gab es betreffend Einkommens- und Vermögensgrenzen zur Unterstützung armer Verwandter grosse Unterschiede zwischen den Kantonen und Gemeinden. Auch forderten die Behörden die Unterstützungszahlungen von Reichen nicht überall mit gleicher Vehemenz ein.

Oft sei deshalb der ohnehin stark belastete untere Mittelstand für Zahlungen in die Pflicht genommen worden, sagte Schmid. Vielverdiener, die auf stur schalten, haben laut Schmid oft gute Chancen, unbehelligt zu bleiben.

Bundesgerichts-Entscheid

Ungleichbehandlung oder gar Willkür werde dadurch gefördert, dass einige Steuerämter die Bekanntgabe von Steuerdaten an ausserkantonale Sozialdienste verweigerten. Bei Ausländern seien die Vermögensverhältnisse ohnehin kaum zu ermitteln und so lasse sich gegenüber Ausländern die Verwandtenunterstützung kaum je geltend machen, so Schmid.

Mit der neuen und einheitliche Regelung trägt die SKOS auch der Rechtssprechung des Bundesgerichts Rechnung. Dieses hatte jüngst Klagen von Sozialhilfebehörden gegenüber vermögenden Verwandten von Sozialhilfebezügern nicht unterstützt. In einzelnen Fällen legten die Lausanner Richter das Einkommen pro Monat bei über 10’000 Franken fest.

swissinfo und Agenturen

2006 bezogen in der Schweiz 33 von 1000 Menschen Sozialhilfe.

141’818 Menschen bezogen Sozialhilfe, 245’156 Personen eine Unterstützung.

Der Anteil an Sozialhilfe-Empfängern ist in der Kategorie Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene bis 25 Jahren am höchsten.

Von Armut gefährdet sind vor allem Jugendliche mit alleinerziehendem Elternteil oder aus kinderreichen Familien.

Der Anteil von Frauen und Männer ist praktisch ausgeglichen.

Rund 44% aller Sozialhilfeempfänger sind ausländischer Nationalität, während ihr Anteil an der Wohnbevölkerung knapp 21% beträgt.

54,4% der Sozialhilfeempfänger haben keine berufliche Ausbildung.

Sozialhilfe ist in der Schweiz Sache der Kantone.

Diese delegieren die Aufgabe meist an die Gemeinden.

Anforderung und Gewährung von Sozialhilfe kann sich zwischen den Kantonen und sogar den Gemeinden stark unterscheiden.

In der Regel teilen sich Kanton und Gemeinden die Kosten.

Aufgrund einer Kampagne der Schweizerischen Volkspartei (SVP) gegen «Sozialbetrüger» ist der Druck auf die Sozialbehörden in den letzten Jahren stark gestiegen.

Mitgeholfen haben auch einzelne Medien, die Fälle von stossendem Missbrauch publizierten.

Immer mehr Gemeinden setzten Sozialinspektoren ein, um allfällige Fälle von Missbrauch aufzudecken oder zu verhindern.

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