Mehrheitlich positive Reaktionen
Die drei Ja vom Sonntag sind von Regierung, Parteien und Organisationen mehrheitlich positiv aufgenommen worden.
Das wuchtige Ja zum Stammzellenforschungs-Gesetz hat sowohl grosse Begeisterung als auch Ängste ausgelöst.
«Ich bin sehr erleichtert darüber, das uns dieses dreifache Ja so deutlich gelungen ist», sagte Finanzminister Hans-Rudolf Merz nach der Bekanntgabe des Resultats. Das deutliche Ja zu den beiden Finanzvorlagen sei gut für die Schweiz und ermunternd für die Kantone.
Bundesrat Pascal Couchepin, zuständig für den Bereich Bildung und Forschung, sprach von einem Vertrauensbeweis für die Schweizer Forschung. «Heute hat man mit diesem Gesetz Leitplanken für die Stammzellenforschung gesetzt», kommentierte er am Sonntag das Ja zum Stammzellenforschungs-Gesetz (StFG).
Rechtssicherheit begrüsst
Die Komitees, Parteien und Verbände, die das StFG befürworten, sehen sich bestätigt: Das Volk wolle einen starken, wettbewerbsfähigen Forschungsstandort Schweiz und den medizinischen Fortschritt, hiess es praktisch unisono.
Nun sei eine zukunftgerichtete Forschungspolitik möglich, freute sich etwa die Schweizerische Volkspartei (SVP). Die Freisinnig-Demokratische Partei (FDP) verlangt nun eine rasche Ausarbeitung einer Strategie im Bereich Biotechnologie, welche die notwendigen rechts-, forschungs- und wirtschaftspolitischen Massnahmen aufzeige.
Verschiedene Befürworter wie etwa die Christlichdemokratische Volkspartei (CVP) und die Sozialdemokraten (SP) bestehen indes ausdrücklich darauf, dass die Zustimmung nicht als Eingangstor zum Klonen dienen darf.
Allenthalben hervorgehoben wurde zudem die Bedeutung des Votums für unheilbar Kranke. Diese könnten nun weiterhin auf neue Therapien hoffen.
Gegner wie etwa die Evangelische Volkspartei (EVP) und die Grünen (GPS) pochen darauf, dass die Gesetze und abgegebenen Versprechen nun auch tatsächlich eingehalten werden. Überdies müssten die Anliegen der Nein-Stimmenden auch nach der Zustimmung zum StFG ernst genommen werden.
Wissenschaft erleichtert
Auch Forschende aus der ganzen Schweiz zeigten sich erfreut über den Ausgang der Abstimmung über das Stammzellenforschungs-Gesetz. Es sei «ein Zeichen des Vertrauens in die medizinische Grundlagenforschung» und in die Zukunft des Forschungsplatzes Schweiz.
«Ich bin sehr erfreut, dass das Schweizer Stimmvolk uns das Vertrauen gegeben und sich in einer dermassen komplexen Frage für eine klare und strenge Regelung ausgesprochen hat», kommentierte Marisa Jaconi das Ergebnis gegenüber swissinfo. Jaconi ist die führende Stammzellen-Forscherin der Schweiz.
Während die Befürworter die Annahme als Chance für den Forschungs- und Bildungsstandort Schweiz werten, warnen die Unterlegenen jedoch vor weiteren Schritten in Richtung des Schreckgespenstes «Klonen».
Angst vor Klonen
Das therapeutische Klonen erscheine bereits am Horizont, sagte SP-Ständerätin Simonetta Sommaruga. Auch Bundesrat Couchepin äusserte Bedenken, als er gefragt wurde, wann denn das therapeutische Klonen kommen könnte. «Nicht heute, aber es wird kommen. Und es macht mir Sorgen», sagte er im Radio.
Nicht erfreut war auch die Theologin und Ethikerin Ruth Baumann-Hölzle, die gegen das Gesetz gekämpft hatte. «Wir haben einen grundsätzlichen Schritt gemacht im Bereich der Versachlichung des menschlichen Lebens», sagte sie gegenüber swissinfo.
Das Stimmvolk habe Forschungs- und ökonomische Interessen klar anderen grundsätzlichen Erwägungen wie der Menschenwürde übergeordnet, so Baumann-Hölzle.
Das Referendumskomitee fordert nun die Möglichkeit, so genannt überzählige Embryonen adoptieren zu können. Dies sei bereits in vielen Ländern möglich, hiess es. In den USA beispielsweise seien letztes Jahr 25 Kinder auf diese Weise zur Welt gekommen.
Föderalismus wird gestärkt
Das Ja zur Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen (NFA) sei als Votum für den Föderalismus zu werten, kommentierte Bundesrat Merz. «Dieses Ergebnis ist ein reifes Ergebnis.»
«Die Mehrheit der Stimmbürger hat die grosse staatspolitische Bedeutung der Vorlage erkannt», sagte der St. Galler Finanzdirektor und NFA-Delegierte der Konferenz der Kantonsregierungen, Peter Schönenberger.
Dass Nidwalden, Schwyz und Zug die Vorlage abgelehnt hätten, überrasche nicht. Einzig die hohe Ablehnung im Kanton Zug gebe ihm zu denken.
Mit der NFA werde der Föderalismus gestärkt, schrieb die CVP. Die Anstrengungen zur Optimierung der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen müssten aber fortgesetzt werden.
Von einem ersten Schritt zur Entschlackung des Staates sprach auch die FDP. Mit der NFA werde der Verschleuderung von Steuergeldern ein Riegel geschoben. Für die SVP ist das Resultat ein Ja zur Schweiz und zum Föderalismus. Auf Bundesstufe müsse nun der Staatsapparat abgebaut werden.
Versprechen einhalten
Enttäuscht zeigten sich die Gegner. Der Kanton Zug werde noch stärker belastet als bisher, sagte der Zuger Finanzdirektor Peter Hegglin. Das Steuerniveau werde ansteigen und die Schweiz im internationalen Steuerwettbewerb benachteiligen, gab der Präsident der Zürcher SVP, Peter Good, zu bedenken.
Die mit der NFA verbundene Kantonalisierung der Kompetenzen im Heimbereich dürfe nicht zu einem Leistungsabbau führen, forderte die SP. Die Partei werde weiterhin für eine materielle Steuerharmonisierung kämpfen
Besorgt reagierten die Behindertenorganisationen. Die im Abstimmungskampf abgegebenen Versprechen, dass die Leistungen an Behinderte nicht gekürzt würden, müssten eingehalten werden, sagte der Präsident von Pro Mente Sana, Jost Gross.
Den Behinderten drohten nun harte interkantonale Verteilkämpfe, befürchtete die Behinderten-Selbsthilfe «Agile».
swissinfo und Agenturen
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