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Ministerehren für Auslandschweizer in Frankreich

Aussenminister und Bürgermeister Alain Juppé und Jacques-Simon Eggly, Präsident der Auslandschweizerorganisation swissinfo.ch

Alain Juppé, Chef der Diplomatie und Urheber der bewaffneten Intervention in Libyen sowie Bürgermeister von Bordeaux, hat der Vereinigung der Schweizervereine in Frankreich (UASF) die Ehre erwiesen und diese zu einem Empfang eingeladen.

Kommt er oder kommt er nicht? Während gut 35 Minuten warteten die rund 150 Delegierten der UASF, die dieses Jahr in Juppés Stadt ihren Jahreskongress abhielten, unter den Kronleuchtern und dem etwas verblassten napoleonischen Gold in einem Salon des Rathauses auf ihn.
 
Doch schliesslich kam er und sprach über die Schweiz, den Wein, seine Stadt. Er hörte zu, schüttelte Hände und verschwand wieder. Seine vollgepackte Agenda, die stündlich ändern kann, lässt die Wichtigkeit seines Besuches erahnen, wie auch die Freude von  Jean-Michel Begey, Präsident der UASF und des Vereins von Bordeaux sowie Initiant der Begegnung.

Seit 1995 ist Alain Juppé Bürgermeister von Bordeaux mit einer Ausnahme zwischen 2004 bis 2006, als er wegen seiner Verwicklung in eine Affäre um illegale Parteienfinanzierung verurteilt wurde.

Während all den Jahren ist es ihm gelungen, mit der Agenda 21, dem Aktionsprogramm für nachhaltige Entwicklung, aus seiner Stadt einen grünen, lebenswerten Ort zu machen, mit Strassenbahnen, sauberen Bürgersteigen und Radwegen, bevölkert von Menschenmassen auf Gratisvelos…

Seit 2007 gehört der historische Stadtkern zum UNESCO-Weltkulturerbe. Er ist ein aussergewöhnliches Beispiel für den Städtebau des 18. Jahrhunderts und besteht zu einem grossen Teil aus mittelalterlicher Bausubstanz.

Bevor Minister Juppé zum nächsten Termin eilte, liess er noch eine Bemerkung fallen, die man an einem solchen Anlass kaum erwartet hätte. Er sprach von der Schweiz, «diesem schönen Land, wo der Aussenminister auch Staatspräsident sein kann». Kündigen sich hier etwa Ambitionen für die Präsidentschaft an?

Immer wieder die Konsulate

Die UASF hat nicht vergessen, dass Bürgermeister Alain Juppé der Aussenministerin Micheline Calmy-Rey in einem Brief sein Bedauern über die Schliessung des Konsulats in Bordeaux ausdrückte, das die Schweiz 1798 als erstes Konsulat eröffnet hatte. 

Die Schliessung von Konsulaten (die Schweiz hat noch rund 30, gegenüber 57 noch vor zehn Jahren) kam während der Generalversammlung immer wieder aufs Tapet, wie schon in früheren Jahren.

Dabei bot sich die Gelegenheit daran zu erinnern, dass die Schweiz nicht zufällig in Hafenstädten ihre Konsulate eröffnet hatte: In Bordeaux, Marseille, Genua und Hamburg gingen junge Schweizer an Bord, um in Übersee ihr Glück zu versuchen.

Seither hat sich jedoch viel verändert. Als Antwort auf die allgemeine Verunsicherung stellte Jean-François Lichtenstern, Chef des Auslandschweizerdienstes, die neu geschaffene Direktion für konsularische Geschäfte vor, die seit letzter Woche eingesetzt ist. Die Schweiz belegt weltweit den 9. Rang, was die Dichte ihres diplomatischen Netzes anbelangt, doch auch hier muss gespart werden.
 
«Wir stellen fest, dass in den entwickelten Ländern, die eine ähnliche Kultur wie wir haben,  Ausgewanderte und Geschäftsleute sich gut zu helfen wissen», erklärte der Chefbeamte. Dies ist vor allem den modernen Kommunikationsmitteln zu verdanken. Insofern gehen Eröffnungen von neuen Konsulaten in den Schwellenländern nicht zu Lasten jener in Europa, denn die Anzahl nimmt weltweit ab.

Die Gerüchte einer baldigen Schliessung des Generalkonsulats in Marseille sind übrigens  falsch, unterstreicht Jean-François Lichtenstern.

Das künftige Gesetz

Wie jedes Jahr markierte Jacques-Simon Eggly, Präsident der Auslandschweizerorganisation (ASO, wovon die UASF ein Bestandteil ist)  Präsenz am Kongress und überbrachte seinen französischen Freunden gute Nachrichten.

In einem neuen Gesetz sollen Fragen rund um das Thema Auslandschweizer neu formuliert und vereinfacht in einem einzigen Text dargestellt werden.  Dies betrifft etwa 20 Gesetze zu so unterschiedlichen Themen wie die Überweisung der Renten, den Militärdienst oder die Schweizer Schulen im Ausland.

Und die Website swisscommunity.org, das «Facebook der Auslandschweizer», die vor weniger als einem Jahr lanciert wurde, zählt schon fast 7000  Mitglieder.
 
Der Schweizer Botschafter in Paris, Ulrich Lehner, stattete seinen traditionellen Besuch ab, den letzten vor seiner Versetzung nach Ottawa, und zog Bilanz über die Beziehungen zwischen den zwei Ländern im letzten Jahr. Die Beziehungen waren geprägt von einigen Dissonanzen bei Finanz- und Steuerfragen und rund um den G20-Gipfel unter dem Vorsitz von Frankreich. Die Schweiz zählte nicht mal zu den Eingeladenen.

 
«Doch im Ganzen gesehen sind unsere Beziehungen gut, wenn auch nicht spektakulär, sagte der Boschafter. Paris wird in nächster Zeit kaum die Champs-Elysées für ein Défilé der gesamten Schweizer Regierung beflaggen. Sagen wir es doch klar und deutlich – der aktuelle Präsident der Republik verspricht sich davon keinen Vorteil», sagte der Botschafter.

Alle an die Urne

Wir befinden uns in einem Wahljahr und die UASF lud fünf Abgeordnete ein, die das Spektrum der grossen Schweizer Parteien abdecken, von den Rechten (SVP) zu den Linken und Grünen, über die Mitteparteien CVP und FDP. Die Liberalen.
 
«Sind die Debatten im Parlament immer noch so höflich gehalten?», fragte jemand im Saal beim Gedankenaustausch zu den grossen, aktuellen Themen. Bei der Kernkraftdebatte ging es etwas hitziger zu. Und wer konnte wen überzeugen bei Fragen, welche die Auslandschweizer betreffen? Antworten darauf gibt es im Oktober an der Urne.

Jedes Jahr lanciert  die Schweizer Revue einen Wettbewerb für junge Leute, oft Auslandschweizer der zweiten oder dritten Generation, die dann eine Woche in der Schweiz verbringen können. Sie müssen ein Quiz mit kniffligen Fragen lösen.
 
Die Teilnehmerzahl variiert stark. Dieses Jahr in Frankreich waren es nur fünf.
 
Charles Muller, der Gewinner, Student der Wirtschaftswissenschaften in Bordeaux, hat viel über die Schweiz gelernt und bewundert ihre Demokratie und die Bemühungen um die Integration in einem Land, das mehr Ausländer hat als Frankreich.

Er war aber sehr überrascht, das weisse Kreuz auf rotem Grund in «allen Gärten» zu sehen, denn trotz des Wählererfolgs der Rechten hat er das Land als  «sehr offen»  erlebt.

Einer von zehn Schweizern lebt im Ausland.
 
Weltweit waren 2009 684’974 Personen bei den diplomatischen Vertretungen im Ausland eingetragen. 130’017 haben sich in die Wahlregister eingeschrieben.
 
In Frankreich ist die Schweizer Gemeinschaft mit 179’106 Personen, die  sich bei den diplomatischen Vertretungen eingetragen haben, die grösste weltweit, davon sind 39’429 als Wähler registriert.

(Übertragung aus dem Französischen: Christine Fuhrer)

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