Nationalrat für Mindest-Kinderzulagen
200 Franken für jedes Kind, 250 Franken für Jugendliche in Ausbildung: Der Nationalrat hat als Erstrat diese Zulagen beschlossen.
Die Kantone bleiben damit frei in der Gestaltung der Kinderzulagen nach oben.
Mit ihrem Rahmengesetz über die Familienzulagen – verabschiedet mit 100 zu 79 Stimmen – tritt die grosse Kammer gegen die Initiative der Gewerkschaft Travail.Suisse an, die eine Kinderzulage von mindestens 450 Franken fordert. Deren Volksbegehren «Für fairere Kinderzulagen» gilt im Parlament als chancenlos.
Zwei Stimmen Unterschied
200 Franken für Kinder bis 16 Jahre und 250 Franken für Auszubildende bis 25 Jahre hatte die Mehrheit der Kommission vorgeschlagen. Erfolglos setzte sich die Rechte für tiefere und die Linke für höhere Zulagen ein. Die Spanne lag zwischen 150 und 450 Franken, wobei die Rechte auch keine erhöhte Ausbildungszulage wollte.
Heute betragen die Kinderzulagen in der Schweiz im Mittel 184 Franken, doch gehen sie von Kanton zu Kanton weit auseinander. Nur äusserst knapp mit 95 zu 93 Stimmen scheiterte eine von der Schweizerischen Volkspartei (SVP) und der Freisinnig-Demokratischen Partei (FDP) unterstützte Minderheit, die es bei einer formellen Harmonisierung belassen und die Höhe der Zulage den Kantonen weiterhin freistellen wollte. SVP, FDP und Bundesrat Pascal Couchepin wollten die Festlegung der Höhe den Kantonen überlassen.
Arbeitgeber bezahlen Hauptanteil
Nach dem Motto «für jedes Kind eine Zulage» sollen fortan neben den Lohnempfängern auch selbstständig Erwerbende und Personen ohne Erwerbstätigkeit Anspruch auf Kinderzulagen.
Heute bezahlen die Arbeitgeber für die Zulagen rund 4 Mrd. Franken. Künftig werden rund 890 Mio. Franken mehr nötig sein, wobei etwa 690 Mio. auf die Wirtschaft und 200 Mio. auf den Staat entfallen. Bei der Finanzierung sprach sich der Nationalrat dafür aus, dass die Kinderzulagen im Prinzip weiterhin von den Arbeitgebern bezahlt werden.
Nur mit 95 zu 91 Stimmen lehnte der Rat den Antrag der Kommissions-Minderheit und der SVP ab, die «zur Sozialversicherung ausgebauten» Kinderzulagen gänzlich von Arbeitgebern und Arbeitnehmern bezahlen zu lassen. Nichts wissen wollte der Rat aber auch von einer vollen Finanzierung durch die Arbeitgeber im Sinne der Linken.
Ein indirekter Gegenvorschlag
Die Vorlage ist ein indirekter Gegenvorschlag der nationalrätlichen Sozialkommission zur Volksinitiative «Für fairere Kinderzulagen», die Zulagen von mindestens 450 Franken pro Kind verlangt. Nur knapp mit 87 zu 84 Stimmen beschloss der Nationalrat zudem die Fristverlängerung der Initiative.
Ein Gegenvorschlag zu dieser Volksinitiative sei unnötig, sagte der freisinnige Hans Rudolf Gysin. Die Initiative könne dem Souverän ruhig allein unterbreitet werden: «Das Volk weiss, dass das nie und nimmer finanzierbar ist», sagte Gysin
Die Vorlage geht jetzt an den Ständerat, den Zweitrat.
swissinfo und Agenturen
Bis jetzt erhalten in der Schweiz nur Angestellte eine Kinderzulage.
Selbstständig Erwerbende und Erwerbslose würden neu auch eine Kinderzulage erhalten.
Rund 300’000 Kinder in der Schweiz erhalten bis heute keine Zulagen.
Die Kinderzulage variiert von Kanton zu Kanton von 150 bis 444 Franken.
Der Nationalrat will in allen Kantonen eine Mindest-Kinderzulage von 200 Franken pro Monat.
Für Auszubildende ab16 Jahren soll die Zulage 250 Franken betragen.
Der Entscheid ist ein indirekter Gegenvorschlag zu einer Volksinitiative, die 450 Franken Zulage verlangt.
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