Nef geht – Schmid soll bleiben
Der beurlaubte Armeechef Roland Nef will seinen Posten räumen. Er schlägt eine Trennung im gegenseitigen Einvernehmen vor. Bundesrat Samuel Schmid soll hingegen bleiben können, befinden die sicherheitspolitischen Kommissionen des Parlaments.
Der Gesamtbundesrat werde Nefs Gesuch an einer der nächsten Sitzungen behandeln und dabei auch die Details der Auflösung des Arbeitsverhältnisses regeln, teilte das Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) mit.
Schmid bedaure, «dass angesichts der eingetretenen Situation der Vorschlag um Auflösung des Arbeitsverhältnisses für Korpskommandant Roland Nef unvermeidbar geworden zu sein scheint».
Der VBS-Chef nahm laut der Mitteilung auch vom Bedauern Roland Nefs Kenntnis, dass aus Respekt vor der Privatsphäre Nefs Vorwürfe an Schmid entstanden seien.
Nef bleibt von seinen Aufgaben entbunden. Bis zum Entscheid des Gesamtbundesrates übernimmt der stellvertretende Chef der Armee, Divisionär André Blattmann, die Führung des Bereichs Verteidigung.
«Wahrheiten und Unwahrheiten»
Auf die jüngsten Enthüllungen über die Vorwürfe seiner Ex-Partnerin ging der beurlaubte Armeechef nicht mehr ein. Er sprach von «Wahrheiten und Unwahrheiten» und längst überwundenen, höchstpersönlichen Problemen im zwischenmenschlichen Bereich.
Nef räumte ein, Fehler gemacht zu haben. Seine Ex-Partnerin habe aber seine Entschuldigung angenommen. Nef erklärte weiter, zum Zeitpunkt seiner Ernennung zum Armeechef sei nicht absehbar gewesen, dass das damals gegen ihn noch laufende Strafverfahren öffentlich gemacht werde.
Überprüfung Ja – Rücktritt Nein
Die Sicherheitspolitische Kommission (SIK) des Nationalrats fordert eine Überprüfung des VBS und der Umstände der Ernennung von Armeechef Roland Nef durch die Geschäftsprüfungskommission (GPK). Eine Rücktrittsforderung an Bundesrat Samuel Schmid lehnte sie dagegen an ihrer Sitzung ab.
Nach einer längeren Diskussion habe sich die Kommission mit 8 zu 12 Stimmen bei 4 Enthaltungen gegen eine Rücktrittsforderung an Schmid entschieden, sagte SIK-Präsident Bruno Zuppiger.
Die Kommission liess sich zusammen mit ihrer Schwesterkommission des Ständerats über die gegen Schmid und Nef erhobenen Vorwürfe informieren. In der ständerätlichen SIK habe es keine Anträge für einen Rücktritt gegeben, sagte deren Präsident Hans Altherr.
Gemischte Reaktionen
Die Freisinnig-Demokratische Partei (FDP) verlangt, dass Nefs Nachfolger vor allem die Glaubwürdigkeit der Armee stärkt. Es gehe nicht um eine Person, sondern um die Sicherheit der gesamten Bevölkerung.
Vollständige Transparenz fordert die Christlichdemokratische Volkspartei (CVP), denn es sei im Zuge der Affäre zu diversen Amtsgeheimnisverletzungen gekommen. Nefs Rücktritt sei der Sache sicher dienlich.
Auch die Sozialdemokraten begrüssen Nefs Gesuch als richtigen Schritt. Er habe die Konsequenzen aus seinem Fehlverhalten gezogen. Von Bundesrat Schmid wird nach wie vor verlangt, aufzuzeigen, wie es so weit habe kommen können. Er müsse dem Parlament Rechenschaft zu seinem Verhalten ablegen.
Für die Grünen war Nefs Rücktrittsangebot die einzige Möglichkeit gewesen, aus diesem Schlamassel herauszukommen. Trotzdem halten sie an der Rücktrittsforderung gegen Samuel Schmid fest. Dieser sei nicht mehr der richtige Mann, um die Debatten über die Reform der Armee offensiv zu führen.
Auch die Schweizerische Volkspartei (SVP) hält an der Rücktrittsforderung an Bundesrat Samuel Schmid fest. Es gebe keinen Fall Nef, nur einen Fall Schmid. Nefs Rücktritt sei ein Bauernopfer.
Unisono verlangen alle Parteien, dass aus den Vorfällen Lehren bei der Ernennung eines neuen Armeechefs gezogen werden. Der Verteidigungsminister und der Gesamtbundesrat müssten bei der Selektion genügend Sorgfalt walten lassen.
Die Schweizerische Offiziersgesellschaft (SOG) verlangt vom Gesamtbundesrat eine schnelle Entscheidung. Die Entwicklung der Affäre wird bedauert, Nef habe gute Arbeit geleistet. Die neu an die Öffentlichkeit gekommenen Vorwürfe seien jedoch gravierend.
swissinfo und Agenturen
In einer nicht-repräsentativen swissinfo-Umfrage haben sich 53% der Teilnehmenden für einen Rücktritt von Samuel Schmid als Verteidigungsminister ausgesprochen.
42% waren dagegen und 5% hatten keine Meinung.
Der Armeechef untersteht bei der Entlöhnung dem Gesetz und der Verordnung über das Bundespersonal. Wird das Arbeitsverhältnis wegen eines Verschuldens des Arbeitnehmers aufgelöst, ist keine Entschädigung vorgesehen.
Wenn sich die Parteien im gegenseitigen Einverständnis trennen, kann eine Abgangsentschädigung festgelegt werden.
Der Bund kann Angestellte entschädigen, wenn sie eine spezielle Funktion haben, seit mindestens 20 Jahren in der Bundesverwaltung beschäftigt oder über 50 Jahre alt sind. Dank einer Spezialklausel kann der Bundesrat auch eine Entschädigung ausrichten, wenn er einen Generalstabsoffizier entlässt.
In einem solchen Fall betragen die Abgangsentschädigungen mindestens einen Monatslohn und maximal ein Jahressalär. Der Armeechef gehört der Besoldungsklasse 38 an und verdient rund 300’000 Franken pro Jahr.
Auch höhere Abgangsentschädigungen sind möglich. Diese müssen aber nicht nur von der Landesregierung, sondern auch von der Finanzdelegation der Räte bewilligt werden.
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