Parlamentssession im Zeichen der Finanzkrise
Bundesratswahl, UBS-Hilfspaket, Budget im Zeichen der Krise: Das sind die grossen Brocken der dreiwöchigen Wintersession, zu der die eidgenössischen Räte am Montag im frisch renovierten Parlamentsgebäude in Bern zusammentreten.
Alle Augen richten sich am 10. Dezember nach Bern, wenn die Vereinigte Bundesversammlung die Nachfolge des abtretenden Bundesrats und Verteidigungsministers Samuel Schmid regelt.
Läuft es einigermassen normal, kehrt die Schweizerische Volkspartei (SVP) mit dieser Wahl aus der Opposition in die Regierung zurück.
Die SVP präsentiert ein Zweierticket mit alt Bundesrat Christoph Blocher und dem ehemaligen Parteipräsidenten Ueli Maurer. Es ist anzunehmen, dass das Parlament Maurer wählen wird.
Damit wäre die SVP nach der Abwahl von Christoph Blocher vor einem Jahr wieder mit einem Vertreter in der Landesregierung vertreten.
Grosse Bankendebatte
Eine ausserordentliche Session widmen die Räte der Stabilisierung des Finanzsystems. Das 68-Milliarden-Paket zur Rettung der Grossbank UBS wird viel zu reden geben, obwohl das Parlament daran faktisch nichts mehr ändern kann.
Die Linke hätte zwar ein anderes Konzept, wird es aber beim Protest bewenden lassen müssen.
Nur noch abnicken kann das Parlament die 6 Mrd. Franken für eine Pflichtwandelanleihe, mit welcher der Bund die Kapitalbasis der UBS stärken will. Linke Anträge, diese Hilfestellung mit dem vorläufigen Verbot von Boni und andern Auflagen für die Grossbank zu verbinden, sind chancenlos.
Mehr Spielraum hätten die Räte bei der Verbesserung des Sparschutzes im Bankengesetz. In Erwartung einer grundlegenden Reform dürften sie aber der vom Bundesrat beantragten sofortigen Erhöhung der privilegierten Einlagen von 30’000 auf 100’000 Franken zustimmen.
Das Budget und die Konjunktur
Im Zeichen der Finanzkrise und einer drohenden Rezession steht auch der Voranschlag 2009. Um rasch Investitionen auszulösen und Arbeitsplätze zu sichern, hat der Bundesrat mit der Aufhebung der Kreditsperre und mit gezielten Aufstockungen kurzfristig 341 Mio. Franken ins Budget nachgeschoben.
In Gebäudesanierungen (45 Mio.), Hochwasserschutz (66 Mio.), zivile Bundesbauten (20 Mio.) und Exportförderung (5 Mio.) soll sofort Geld fliessen. Investitionen in Bahninfrastruktur oder Nationalstrassen-Unterhalt sollen im kommenden Frühjahr beschlossen werden. 205 Mio. (Aufhebung der Kreditsperre) sollen frei werden für die Bereiche Verkehr, Bildung, Landwirtschaft und Verteidigung.
Folgen die Räte wie die Finanzkommissionen diesen Anträgen, bleibt noch immer ein ordentlicher Einnahmenüberschuss von rund 1 Mrd. Franken. Die Linke fordert deshalb mehr Geld gegen die drohende Rezession, während die SVP dagegen Rückweisung und eine Reduktion des Ausgabenanstiegs von 3 auf 2% verlangt.
Rüstungsprogramm ausser Gefahr
Im Nationalrat sollte das Rüstungsprogramm 2008 als Abschiedsgeschenk für Verteidigungsminister Samuel Schmid im zweiten Anlauf die Hürde nehmen.
Im September hatte der Nationalrat das Programm noch bachab geschickt, dank einer unheiligen Allianz zwischen der Linken (seit jeher kritisch gegenüber Militärausgaben) und der SVP.
Diese wollte damit dem ungeliebten Ex-Parteiangehörigen und heutigen Mitglied der neu gegründeten Bürgerlich-Demokratischen Partei (BDP) einen Denkzettel verpassen.
Nachdem die SVP gemäss ihrer traditionellen Unterstützung der Armee wieder auf Kurs ist und das Programm nun ebenso wie der Ständerat durchwinkt, sollte das Rüstungsprogramm 2008 in der Wintersession auch vom Nationalrat gutgeheissen werden.
swissinfo, Andrea Tognina
(Übertragung aus dem Italienischen: Jean-Michel Berthoud)
Aufgrund des Rotationsprinzips, das die Besetzung der höchsten Staatsämter in der Schweiz regelt, wird Finanzminister Hans-Rudolf Merz für das Jahr 2009 Bundespräsident.
Merz hat sein Bundesratsamt nach einer Herzoperation erst vor kurzem wieder aufgenommen.
Stellvertretende Bundespräsidentin 2009 wird Wirtschaftsministerin Doris Leuthard anstelle des zurückgetretenen Verteidigungsministers Samuel Schmid.
Am ersten Tag der Wintersession wählen die eidgenössischen Räte ihre Präsidenten.
Nationalratspräsidentin (grosse Kammer) wird die Tessiner Parlamentarierin Chiara Simoneschi-Cortesi von der Christlichdemokratischen Volkspartei (CVP).
Ständeratspräsident (kleine Kammer) wird der Freiburger Parlamentarier Alain Berset von der Sozialdemokratischen Partei (SP).
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