Partnervermittlung in Sachen Wissenschaft und Forschung
China ist auf bestem Wege zur Grossmacht auch punkto Wissenschaft und Forschung. Deshalb strecken immer mehr Schweizer Hochschulen ihre Fühler nach dem Reich der Mitte aus. Swissnex unterstützt sie vor Ort.
In Betrieb ist das Schweizer Wissenschaftskonsulat in der Boomstadt Schanghai seit vergangenem Oktober. Offizieller Start ist aber am 7. August: Dann weiht Mauro Dell’Ambrogio, Staatssekretär für Bildung und Forschung, das weltweit vierte derartige Zentrum ein.
Mit den Swissnex hat das Staatssekretariat für Bildung und Forschung (SBF) überall dort Schaltzentren errichtet, wo forschungsmässig die Post abgeht. Die Häuser stehen unter der Schirmherrschaft der Schweizerischen Innen- und Aussenministerien.
China forciert insbesondere die Forschungsbereiche Bio- und Gentechnik, Nanotechnik, Energieversorgung und Umwelttechnik. Eine verstärkte Kooperation mit dem starken Forschungsplatz Schweiz liegt deshalb auf der Hand.
Drehscheibe
«Swissnex Schanghai soll Wissenschaftern und Forschungsinstituten in der Schweiz helfen, in China die richtigen Partner zu finden und Kontakte herzustellen», sagt Mauro Moruzzi, Bereichsleiter Bilaterale Forschung im SBF, gegenüber swissinfo. Daraus sollten vertiefte Beziehungen entstehen, aus diesen wiederum Innovationen.
«Ziel ist es, dass wir zu einem grösseren Austausch von Wissenschaftern, Forschenden und Doktoranden gelangen, und zwar in beide Richtungen», so Moruzzi.
Das siebenköpfige Team von Swissnex Schanghai wird daran arbeiten, Netzwerke herzustellen und auszubauen. Aber die Initiative für Zusammenarbeits-und Austauschprojekte muss von den Unis, ETHs, Fachhochschulen und der Privatwirtschaft ausgehen.
Nebst der Funktion als Koordinator der wissenschaftlichen Zusammenarbeit beider Länder fungiert Swissnex auch als Geldgeber. Pro Jahr stehen bis drei Mio. Franken für bilaterale Laborprojekte zur Verfügung. Dieselbe Summe soll China beisteuern. In der Schweiz werden die gemeinsamen Forschungen von Universität und ETH Zürich gesteuert.
Schwierige Orientierung
Den besten Partner im riesengrossen chinesischen Wissenschafts- und Technologie-«Markt» zu finden dürfte fast so schwierig sein wie die Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Glücklicherweise beginnt das Swissnex-Team nicht bei Null. Bei der Schweizer Botschaft in Peking ist bereits ein Wissenschafts-Attaché tätig. Auch verfügt die Schweiz laut Moruzzi über gute Informationen und Kontakte.
Beides soll nun aber mit dem neuen Zentrum ausgebaut werden. Dazu verfügt Swissnex über Spezialisten. Für die Kooperationsprojekte ist in Schanghai eine Vertreterin der ETH Zürich zuständig. Als chinesisch-schweizerische Doppelbürgerin verfüge sie über sehr gute direkte Kontakte, sagt der SBF-Vertreter.
Das allein würde aber nicht ausreichen. Scouts sollen unter der Vielzahl der weniger bekannten Universitäten Chinas die Besten ausmachen, damit sich Schweizer Partner mit diesen in Verbindung setzen können. «Angesichts der Grösse Chinas ist es klar, dass dies eine gewisse Zeit dauern wird», sagt Moruzzi weiter.
Interesse riesig
Der Erfolg der Swissnex-Netzwerker wird nicht an der Zahl wissenschaftlicher Publikationen gemessen werden, die aus dem sino-helvetischen Forschergeist entspringen. «Swissnex hat dann gut gearbeitet, wenn wir von den Kunden positive Rückmeldungen erhalten; wenn sie uns bestätigen, dass Swissnex bei der Herstellung und Vertiefung von Kontakten einen wertvollen Beitrag geleistet hat», sagt Moruzzi.
Ein Erfolg lässt sich auch an der Nachfrage nach den Swissnex-Dienstleistungen messen. Diesbezüglich wird dem Team kaum ein Langsamstart gegönnt sein. In einer Umfrage bei Schweizer Hochschulen stand China mit Abstand an erster Stelle, was das Interesse an gemeinsamen Forschungsprojekten betrifft.
Moruzzi dämpft aber allzu hohe Erwartungen und mahnt zu Geduld. «China ist nicht nur grösser, sondern hat eine ganz andere politische Ordnung und Organisation. Es dauert sicher mehr als ein paar Monate, bis sich Swissnex etabliert hat.»
swissinfo, Renat Künzi
Schanghai ist das vierte so genannte Wissenschaftskonsulat, das die Schweiz in innovativen Ländern eröffnet.
Die anderen befinden sich in San Francisco, Boston (USA) und Singapur.
Mit Bangalore in Indien stösst 2009 Zentrum Nummer fünf dazu.
Weitere Standorte sind in Abklärung.
Das Land mit 1,3 Mrd. Einwohnern hat enorme Probleme zu bewältigen, vor allem in den Bereichen Umwelt und Verkehr (Luftverschmutzung, vergiftete Gewässer, Verkehrskollaps in den Städten).
Das massive wirtschaftliche Wachstum der letzten 20 Jahre hat aber auch enorme soziale Gegensätze geschaffen. Es gibt immer mehr Millionäre und Milliardäre, während Millionen kaum vom Boom profitiert.
Jährlicher Forschungsetat Chinas: rund 46 Mrd. Franken (1,2% des Bruttoinland-Produkts BIP). Nur die USA weisen einen höheren Anteil auf.
Ziel bis 2010: Den Budgetanteil für Wissenschaft und Forschung auf 2% des BIP zu erhöhen und damit Wissenschaftsmacht Nr. 1 zu werden.
Chinesische Unis entlassen jedes Jahr mehr als eine Mio. junger Wissenschafter auf den Markt. Viele verlassen das Land und studieren an den besten Unis im Westen.
Von diesen kehrten 2007 rund 20’000 Forscher wieder zurück, was für das Land sehr wichtig ist.
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