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Pilatus-Flugzeug in Tschad «wahrscheinlich bewaffnet»

Ein PC-9 der Pilatus Werke.

Ein militärisches Trainingsflugzeug des Typs PC-9 der Schweizer Pilatus-Werke ist in Tschad gemäss den Schweizer Behörden aufgerüstet und "sehr wahrscheinlich" bewaffnet worden.

Ob das Flugzeug tatsächlich für Kampfeinsätze an der sudanesischen Grenze eingesetzt wurde, bleibt offen. Der Vorfall heizt die Diskussionen um die Ausfuhr von Pilatus-Flugzeugen wieder an.

Wie der Direktor des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco), Jean-Daniel Gerber an einer Pressekonferenz sagte, steht inzwischen fest, dass das im Jahr 2006 von den Stanser Pilatus-Werken für Trainingszwecke gelieferte Flugzeug nachträglich mit Aufhängevorrichtungen für eine Bewaffnung versehen wurde.

Es sei «sehr wahrscheinlich», dass die Maschine auch mit Waffen ausgerüstet worden sei.

Nach wie vor nicht geklärt ist jedoch die Frage, ob die PC-9-Maschine auch an Kampfhandlungen – namentlich in der an Tschad angrenzenden sudanesischen Region Darfur – beteiligt war.

Die Abklärungen gingen deshalb weiter, und man erwarte in diesem Zusammenhang auch weitere Auskünfte der Pilatus-Werke, beispielsweise im Zusammenhang mit dem Aufenthalt von firmeneigenen Wartungsleuten in dem afrikanischen Staat.

Der in Genf ansässige Botschafter Tschads wurde am Donnerstag nach Bern zitiert. Zum Inhalt der Gespräche gab es jedoch keine Angaben.

Abklärungen aufgrund von Medienberichten

Der Bundesrat hatte die Ausfuhr einer unbewaffneten und nicht gepanzerten Maschine vom Typ PC-9 im Juni 2006 bewilligt. Grundlage dafür bildete das Güterkontrollgesetz (GKG), das die Ausfuhr von bewilligungspflichtigen Dual-Use-Gütern sowie von Rüstungsgütern regelt, die nicht unmittelbar unter das Kriegsmaterialgesetz fallen.

Die damals vorgelegten Verwendungserklärungen des Exporteurs und des Käufers wurden von den zuständigen Behörden als plausibel erachtet.

Angesichts der nun vom Seco und vom Ausseministerium EDA entdeckten Verstösse gegen die damaligen Zusicherungen würde eine Ausfuhr von gleichen Maschinen nach Tschad zum heutigen Zeitpunkt jedoch nicht mehr bewilligt, sagte Gerber. Ein entsprechendes Gesuch liegt aber nicht vor.

Das Seco und die Politische Direktion im EDA hatten am vergangenen 7. Januar ihre gezielten Abklärungen aufgenommen, nachdem in den Medien über einen möglichen Militäreinsatz eines Pilatus-Flugzeugs in der Region Darfur berichtet worden war.

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GSoA: «Grenzenlose Naivität»

Frühere Abklärungen, die im Herbst 2006 ebenfalls auf Grund von Berichten und Hinweisen in den Medien aufgenommen worden waren, hatten keine Verstösse ans Licht gebracht.

Nach Angaben der Pilatus-Werke in der vergangenen Woche verfügt Tschad zurzeit über drei PC-7 und einen PC-9. Alles Weitere entziehe sich der Kenntnis des Unternehmens, sagte der Präsident des Verwaltungsrats, Oscar Schwenk, damals.

Die Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA) hat das Seco der grenzenlosen Naivität bezichtigt. Es solle alles unternehmen, um ähnliche Skandale künftig zu verhindern. Die GSoA erwarte, dass die Behörden die relevanten Gesetze überarbeite, damit die Pilatus-Flugzeuge dem Kriegsmaterialgesetz unterstellt werden.

Von den Pilatus-Werken forderte die Gruppe in ihrer Mitteilung Transparenz über die PC-7- und PC-9-Exporte.

Grüne: Exportverbot?

Ueli Leuenberger, Vizepräsident der Grünen, bezeichnet gegenüber swissinfo die Erklärungen der Behörden als «ziemlich leichtfertig». Von den zuständigen Stellen verlangt Leuenberger, dass diese «strengere Massnahmen ergreifen, damit Pilatus-Flugzeuge nicht in Krisen- oder Kriegs-Gebieten auftauchen. Wenn nicht entsprechende Massnahmen getroffen werden, kann ich mir vorstellen, dass wir ein Exportverbot für diese Flugzeuge verlangen werden».

SVP warnt vor Arbeitslosen

Oscar Freysinger, Nationalrat der rechtskonservativen Volkspartei weist darauf hin, dass der Pilatus nicht ein Flugzeug sei, um zu bombardieren. «Aber ich bin mir bewusst, dass man sie dafür missbrauchen kann. Offensichtlich ist das in diesem Fall passiert.»

Ein generelles Exportverbot bezeichnet Freysinger als «zu extrem». Denn es gäbe «zahlreiche Geräte oder Fahrzeuge, deren Export man verbieten müsste, da sie missbraucht werden könnten».

Ein Verbot hätte zudem zur Folge, «dass die Pilatus-Werke geschlossen werden müssten, was zu vielen Arbeitslosen führen würde».

swissinfo und Agenturen

Dual-Use Güter können militärisch und zivil verwendet werden.

Der Export solcher Güter ist im Güterkontrollgesetz (GKG) geregelt.

Das GKG regelt auch den Export von Rüstungsgütern, die nicht durch das Kriegsmaterialgesetz kontrolliert sind, wie z.B. Simulatoren.

Pilatus hat 2006 einen PC-9 in den Tschad geliefert. Dieser ist laut den Bundesbehörden «sehr wahrscheinlich» bewaffnet worden.

Doch Tschad ist zudem im Besitz von 3 PC-7, die das Land von Frankreich und den USA gekauft hat. Offenbar sind lediglich noch zwei dieser Maschinen in flugfähigem Zustand.

Am 7. Januar meldete die Nachrichtenagentur Agence France Presse, die Armee habe ein Lager der Rebellen in Darfur bombardiert und dabei auch ein Pilatus-Flugzeug eingesetzt.

Am 15. Januar zeigte das Magazin «10 vor 10» des Deutschschweizer Fernesehens eine PC-7 in den Farben des Tschad, der mit Geschützen ausgerüstet ist.

Am 17. Januar publizierte die Genfer Zeitung «Le Temps» einen Artikel des Journalisten Ariel Herbez, der die Pilatus-Affäre seit 30 Jahren verfolgt. Im Artikel berichten Augenzeugen von regelmässigen kriegerischen Einsätzen von Pilatus-Flugzeugen in Darfur.

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