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Rauchverbot am Arbeitsplatz rückt näher

Rauchen in öffentlichen Lokalen: In der Schweiz immer schwieriger. Keystone

Ärzte, Krankenversicherungen und drei der vier Regierungsparteien befürworten die Idee eines generellen Rauchverbots am Arbeitsplatz.

In der Vernehmlassung lehnen lediglich die Hotellerie, die Wirte und die Arbeitgeber einen entsprechenden parlamentarischen Vorschlag ab.

Aller Wahrscheinlichkeit nach wird das Rauchen an Schweizer Arbeitsplätzen bald verboten sein. Eine breite Front der politischen Parteien befürwortet einen entsprechenden Vorstoss der nationalrätlichen Gesundheitskommission.

Die Kommission schlägt einen neuen Artikel im Arbeitsgesetz (ArG) vor. Dieser stipuliert: «Arbeitsplätze sind rauchfrei. Der Arbeitgeber hat die Arbeitnehmer bei der Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit vor dem Passivrauchen zu schützen. Der Bundesrat erlässt die Ausführungsbestimmungen.»

Der Vorstoss geht auf eine parlamentarische Initiative des freisinnigen Nationalrats und Präventivmediziners Felix Gutzwiller zurück.

Damit wären die Nichtraucherinnen und Nichtraucher in weiten Teilen der Öffentlichkeit geschützt – auch in Einkaufszentren, Kinos, Restaurants oder Bars. Ausgenommen wären Familienbetriebe. Die Einrichtung von separaten, speziell belüfteten «Fumoirs» bliebe erlaubt.

Von den grossen Bundeshausparteien stellt sich in der am Dienstag zu Ende gehenden Konsultation einzig die rechtskonservative Schweizerische Volkspartei gegen die Vorlage.

Der Arbeitgeber habe aufgrund der Verordnung 3 zum ArG bereits heute dafür zu sorgen, dass die Nichtraucher im Betrieb nicht durch Raucher belästigt würden, begründet sie ihre Haltung.

Breite Unterstützung

Ansonsten dürfte der Vorlage im Parlament kaum Opposition erwachsen. Laut der Freisinnigen Partei zielt der Gesetzesentwurf «in die richtige Richtung». Mit der Revision des ArG könne einem wichtigen Bedürfnis der Bevölkerung in relativ kurzer Zeit nachgekommen werden, sekundiert die Christlichdemokratische Volkspartei. Wichtig sei zudem, dass auch Ausnahmen zugelassen würden.

Zahlreiche Studien hätten gezeigt, dass Passivrauchen höchst schädlich sei, schreibt die Sozialdemokratische Partei. Auch die Grünen stellen sich vorbehaltlos hinter die Vorlage.

Unterstützung erhalten die Parteien von der Schweizerischen Ärzteverbindung FMH, dem Krankenversicherungsverband santésuisse und der Krebsliga Schweiz. Sie sprechen von einem wichtigen Schritt in Richtung eines effizienten Schutzes vor Passivrauch.

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Vernehmlassung

Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht Die Vernehmlassung oder das Vernehmlassungsverfahren ist die Konsultation von betroffenen und interessierten Kreisen (auch Mitwirkungsverfahren). Sie ist eine wichtige Phase im schweizerischen Gesetzgebungsverfahren. Bei der Vorbereitung wichtiger Gesetze und anderer Vorhaben von grosser Tragweite sowie bei wichtigen völkerrechtlichen Verträgen werden die Kantone, die politischen Parteien und die interessierten Kreise zur Stellungnahme eingeladen.

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Harsche Kritik

In der Wirtschaft, insbesondere im Gastgewerbe und in der Tourismusbranche, löst der Vorschlag dagegen harsche Kritik aus.

GastroSuisse und der Schweizer Tourismus-Verband befürworten ein nationales, branchenverträgliches Spezialgesetz zum Schutz vor Passivrauchen, lehnen jedoch den Weg über eine Revision des ArG ab.

Eine Regelung über das ArG sei nicht durchsetzbar, kritisiert GastroSuisse. Ein normaler Gast im Restaurant unterstehe nicht dem Arbeitsgesetz und könne daher nicht gezwungen werden, auf das Rauchen zu verzichten.

Die Vorlage schaffe zudem Rechtsungleichheiten. So dürfe in Betrieben, in denen ausschliesslich Familienangehörige beschäftigt seien, weiterhin geraucht werden.

Der Schweizer Tourismus-Verband befürwortet ebenfalls ein Spezialgesetz. Er gibt zu bedenken, dass mit der geplanten Regelung Restaurateure und Hoteliers wegen Verletzung ihrer Sorgfaltspflicht verklagt werden könnten.

Der Schweizerische Gewerbeverband und der Verband hotelleriesuisse lehnen eine Gesetzesregelung grundsätzlich ab. Sie plädieren dafür, den Entscheid über ein allfälliges Rauchverbot weiterhin dem einzelnen Unternehmen zu überlassen.

swissinfo und Agenturen

Im März 2006 veröffentlichte die Schweizer Regierung einen Bericht zum Passivrauchen.

Demnach sterben in der Schweiz jährlich 400 Menschen an dessen Folgen.

Die finanziellen Konsequenzen beziffert der Bericht mit rund 500 Mio. Fr. jährlich.

Gemäss den offiziellen Zahlen aus dem Jahr 2005 rauchen 30% der Schweizer Bevölkerung.

Das Bundesamt für Gesundheit will den Raucher-Anteil in den kommenden Jahren um 10% auf 20% reduzieren.

Verschiedene Kantone sind daran, das Rauchen in öffentlichen Lokalen zu verbieten.

Eine Pionierrolle nimmt das Tessin ein. Hier haben die Stimmenden im März 2006 mit 80% ein entsprechendes Gesetz angenommen.

Das Solothurner Stimmvolk hat im November 2006 ebenfalls ein Rauchverbot in öffentlichen Lokalen gutgeheissen.

Seit Dezember 2005 ist das Rauchen in den Zügen der SBB verboten.

Auch der Preis der Zigaretten wurde mehrmals angehoben. Eine weitere Erhöhung tritt Anfang 2007 in Kraft.

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