Regierung gegen Einheits-Krankenkasse
Eine Monopol-Kasse für die obligatorische Kranken-Versicherung würde laut der Regierung die Probleme im Gesundheitswesen nicht lösen.
Der Bundesrat schlägt deshalb die Ablehnung – ohne Gegenvorschlag – der lancierten Initiative für eine Einheitskasse vor.
Eine einheitliche Krankenkasse käme einem fundamentalen Kurswechsel gleich, der aber keine Kostenreduktion bringen und wirtschaftliche Sparanreize ausschalten würde, meint der Bundesrat. Ein derartiger Wechsel sei nicht nötig, schreibt das Eidgenössische Departement des Inneren (EDI).
Die von der Westschweizer Organisation «Mouvement Populaire des Familles» lancierte Initiative verlangt die Einrichtung einer Einheitskasse für die obligatorische Krankenversicherung.
Prämienhöhe in Funktion der Leistungsfähigkeit
Zudem sollen gemäss Initiative die Prämien aufgrund der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Versicherten festgelegt werden. Der Bundesrat lehnt diese Volksinitiative ohne Gegenvorschlag ab.
Ein wettbewerbliches System mit mehreren Versicherern habe klare Vorzüge gegenüber der Monopolstellung einer einzigen Krankenkasse, so das EDI.
Die vorgeschlagene Einführung von Prämien nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit käme zudem einer neuen Einkommens- und Vermögenssteuer gleich und würde vor allem den Mittelstand belasten.
Ablehnung auch der Strukturen
Der Bundesrat lehnt auch die vorgesehene Struktur der Einheitskasse mit der dreigliedrigen Führung ab. Diese soll aus den Behörden, den Leistungserbringern und einer Interessenvertretung der Versicherten bestehen.
Es sei zu befürchten, dass die unterschiedlichen Interessenlagen in der Leitung zu langwierigen Diskussionen führen könnten, die von den Bemühungen zur Kosteneindämmung ablenkten und de facto zur Handlungsunfähigkeit der Kasse führen würden.
Der Bundesrat befürchtet zudem Konflikte, die zu lang dauernden Prozessen führen könnten, wie das EDI mitteilte.
Laut Bundesrat bietet die Initiative für das Kostenproblem keine Lösungsansätze. Als Lösungen schlägt der Bundesrat vielmehr eine gezielte Überprüfung der Leistungen sowie eine weitere Senkung der Preise vor.
Botschaft ans Parlament
Der Bundesrat verabschiedete am Freitag die Botschaft ans Parlament. Die Initiative war im Sommer 2003, zwei Wochen nach dem wuchtigen Nein zur Gesundheits-Initiative der Sozialdemokratischen Partei der Schweiz (SP), lanciert worden. Sie wird auch von der SP unterstützt.
Ebenfalls entscheiden wird das Volk über die Initiative der Schweizerischen Volkspartei (SVP) für tiefere Krankenkassen-Prämien. Die SVP will die Krankenkassen-Prämien durch wirtschaftliche Anreize und eine Überprüfung des Leistungskatalogs senken.
Initiativkomitee bedauert
Das Initiativekomitee bedauert den «kurzsichtigen Entscheid» des Bundesrats. Die Entwicklung im Gesundheitswesen hätte gezeigt, dass die Einführung der Einheitskasse dringend nötig sei.
Die Kassenvielfalt von heute habe den Nachteil, dass sich das Gesundheitswesen nur ungenügend steuern und überwachen lasse.
swissinfo und Agenturen
Unterstützt von der Sozialdemokratischen Partei und anderen Organisationen der Linken, wurde die Initiative für eine einheitliche und soziale Krankenkasse am 9. Dezember 2004 eingereicht.
Sie zielt auf eine radikale Reform des Krankenkassen-Systems: Eine Monopol-Kasse und einkommensbezogene Prämien.
Die Regierung spricht sich dagegen aus. Eine Eindämmung der Kosten-Explosion würde damit nicht erreicht.
Der Vorschlag entspräche, so der Bundesrat, einer zusätzlichen Einkommens-Steuer.
Durchschnittliche Prämien-Erhöhungen in der obligatorischen Kranken-Versicherung in den vergangenen Jahren:
2005: 3,7%
2004: 4,3%
2003: 9,6%
2002: 9,7%
2001: 5,5%
2000: 3,8%
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