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Scheinwerferlicht auf Sotschi und seine Schattenseiten

In Sotschi finden vom 7. bis 23. Februar die XXII. Olympischen Winterspiele statt. Für zwei Wochen blickt die Weltöffentlichkeit nach Russland, wo die besten Wintersportler in 15 Sportarten um insgesamt 98 Medaillensätze kämpfen.

Die Schweizer Delegation ist mit 163 Olympioniken grösser als je zuvor. Als Vorgabe hat Swiss Olympic 10 Medaillen budgetiert.

Seitens der Schweizer Regierung reisen Bundespräsident Didier Burkhalter (für die Eröffnungszeremonie) und Sportminister Ueli Maurer nach Sotschi, während Innenminister Alain Berset die nachfolgenden Paralympics besuchen wird. Auch mehrere Parlamentarier reisen nach Sotschi.

Sie schlagen damit einen Boykottaufruf von Schweizer Politikern aus allen politischen Parteien in den Wind. Der Boykottforderung haben sich Schweizer Menschenrechts- und Homosexuellen-Organisationen zwar nicht angeschlossen. Aber sie riefen den Bundesrat auf, sich für die Einhaltung der Bürgerrechte in Russland einzusetzen.

Die Schweiz ist in Sotschi auch mit dem House of Switzerland präsent, in dem möglichst viele Schweizer Medaillenfeiern steigen sollen. Die Holzkonstruktion soll aber auch als Plattform dienen, um der internationalen Weltöffentlichkeit die Schweiz als erstklassiges Wintersportland schmackhaft zu machen.

Der mediale Hype um den Grossanlass dürfte die starke Kritik an Sotschi 2014 übertönen: gigantische Ausuferung der Kosten von ursprünglich geplanten 12 Mrd. auf mittlerweile 50 Mrd. Dollar, massive Korruption, Olympia im subtropischen Klima als politisches Prestigeprojekt von Kremlchef Wladimir Putin, Enteignungen, Vertreibungen, abbröckelnde Menschenrechte sowie Umweltsünden.

Dazu dürfte Sotschi zu den Spielen mit dem gigantischsten Sicherheitsdispositiv werden, haben doch Bombenanschläge in Wolgograd im Vorfeld der Spiele mindestens 34 Tote gefordert. Kaukasische Separatisten haben auch während der Spiele mit «Geschenken» in Form von Anschlägen gedroht.

Diese Schattenseiten haben der Fotograf Rob Hornstra und der Journalist Arnold van Bruggen in ihrem Buch «The Sochi Project. An Atlas of War and Tourism in the Caucasus» ausgeleuchtet. Dafür haben die beiden Niederländer den heruntergekommenen Kurort und den Nordkaukasus in den letzten fünf Jahren immer wieder bereist. Akribisch-kritisch dokumentierten sie dabei die Veränderungen von Orten, Bewohnern, Landschaften und Natur. Mittlerweile sind sie vom Kreml mit einem Einreiseverbot belegt.

Text: Renat Kuenzi, swissinfo.ch
Bilder aus: The Sochi Project, An Atlas of War and Tourism in the Caucasus, von Rob Hornstra und Arnold van Bruggen. Aperture-Verlag 2013.

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