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Schmid sieht Souveränität der Schweiz gefährdet

Verteidigungsminister Schmid erläutert in Payerne die Position des Bundesrates. Keystone

Die Kampfjetlärm-Initiative würde aus Sicht der Landesregierung die Wahrung der Lufthoheit über der Schweiz verunmöglichen.

Verteidigungsminister Samuel Schmid empfiehlt deshalb die Initiative im Namen der gesamten Regierung zur Ablehnung.

«Es wäre nicht redlich, den Lärm unserer Kampfjets leise zu reden», erklärte Samuel Schmid zum Auftakt der bundesrätlichen Medienkonferenz zur «Initiative gegen Kampfjetlärm in Tourismusgebieten», über die das Volk am 24. Februar abstimmen wird.

Bundesrat und Parlament seien sich bewusst, dass Kampfflugzeuge sehr laut seien, sagte er in einem Hangar des Militärflugplatzes Payerne im Kanton Waadt -hinter ihm einer der 33 Schweizer FA-18 Kampfjets.

Lärmproblem erkannt

Vor allem für die Anwohner der Kampfjet-Flugplätze sei der Lärm eine Belastung. Damit attestierte er den Initianten um den Umwelt- und Heimatschützer Franz Weber, ein relevantes Problem aufgegriffen zu haben.

Doch mit deren Ansinnen, in Friedenszeiten militärische Übungen in touristisch genutzten Erholungsgebieten zu verbieten, werde der Luftwaffe die Möglichkeit zum Training genommen.

Da in der Schweiz praktisch überall Tourismus betrieben werde, würden die Kampfjetpiloten kaum mehr ein «glaubwürdiges Training» absolvieren können. Die Initianten würden das in der Abstimmungskampagne verbal zwar abschwächen. Doch für ihn selber und das Stimmvolk gelte eben der Initiativtext, sagte Schmid.

Reale Bedingungen üben

Die Armee versuche mittels Simulatoren und Trainings im Ausland, die Lärmbelastung hierzulande einzudämmen. Doch Training in den Schweizer Bergen sei unabdingbar.

Nur so könnten die Flugmanöver unter vollständiger körperlicher Belastung des Piloten geübt werden, erklärte der Kommandant der Luftwaffe, Korpskommandant Walter Knutti.

Aus Sicht der Armeespitze wäre die Luftwaffe ohne Übungen über eigenem Territorium nicht mehr schlagkräftig. Einsätze wie etwa der zurzeit laufende Schutzauftrag des Weltwirtschaftsforums WEF in Davos oder für die EURO 2008 im Juni könnten nicht mehr sichergestellt werden.

Gefährdet wäre der Auftrag der Luftwaffe aber auch in normalen Zeiten, ohne Grossanlass. Auch die Glaubwürdigkeit des Luftpolizeidienstes, bei dem die Lufthoheit über der Schweiz überwacht und durchgesetzt werde, wäre in Frage gestellt.

Denn, so der Chef Einsatz der Schweizer Luftwaffe, Divisionär Markus Gygax: «Nur wenn man in der Luft präsent ist, kann man ein Flugzeug auch wirklich identifizieren.» Im letzten Jahr absolvierten die Militärpiloten 320 solche Einsätze.

Geflogen wird nur zu Bürozeiten

Wie Schmid in seinem Votum betonte, macht eine Luftwaffe ohne Trainingsmöglichkeiten keinen Sinn. Schliesslich schicke die Schweiz Köbi Kuhn und seine Mannschaft auch nicht ohne ausreichendes Training an die EURO 2008. «Damit gefährden wir unsere Souveränität und unsere Neutralität», sagte Schmid.

Um die vom Kampfjetlärm am meisten betroffenen Gebiete rund um die Flugplätze Meiringen im Berner Oberland, Payerne in der Waadt und Sitten im Wallis zu entlasten, habe die Armee schon viele Massnahmen getroffen.

Geflogen wird nur an Werktagen, zu Bürozeiten. Nachtflüge gibt es nur von Oktober bis März und maximal bis 22 Uhr. Und Überschallflüge finden nur oberhalb von 10’000 Metern statt.

swissinfo und Agenturen

Die Initiative «Gegen Kampfjet-Lärm in Tourismus-Gebieten» fordert folgenden neuen Artikel in der Bundesverfassung:

«In touristisch genutzten Erholungsgebieten dürfen in Friedenszeiten keine militärischen Übungen mit Kampfjets durchgeführt werden.»

Die Initiative wurde von Umweltschützer Franz Weber und seiner Organisation «Helvetia Nostra» lanciert und im November 2005 mit 113’049 Unterschriften eingereicht.

Bundesrat und Parlament lehnen die Initiative ab. Sie kommt am 24. Februar 2008 zur Abstimmung.

Ein Ja zur Volksinitiative «gegen Kampfjetlärm in Tourismusgebieten» empfehlen die Grüne Partei und die Sozialdemokratische Partei (SP).

Dagegen sind der Bundesrat (Landesregierung) und eine Mehrheit des Parlaments sowie folgende Parteien: Schweizerische Volkspartei (SVP), Freisinnig-Demokratische Partei (FDP) und Christlichdemokratische Volkspartei (CVP).

Weil es sich bei der Vorlage um eine Volksinitiative handelt, sind am 24. Februar 2008 das Volksmehr und das Ständemehr, also eine Mehrheit der Kantone, ausschlaggebend.

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