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Schweiz bei Anti-Piraterie-Einsatz «Atalanta» dabei

Französische Soldaten beobachten den Golf von Aden. AFP

Das Aussen- und das Verteidigungsdepartement sollen mit der Europäischen Union ein Abkommen über die Beteiligung am maritimen Anti-Piraterie-Einsatz "Atalanta" vor der somalischen Küste aushandeln. Der Bundesrat hat am Mittwoch diesen Auftrag erteilt.

Eine Beteiligung der Schweiz an der EU-Mission «Atalanta» soll sich auf einen militärischen Einsatz für den Schutz von Schiffen des Welternährungs-Programms (WFP) beschränken.

Allenfalls soll er auf den Schutz von schweizerischen Frachtschiffen ausgedehnt werden können, die im Golf von Aden verkehren.

Der Auftrag der Schweizer Armee umfasst gemäss der Planung einzig den Schutz von Schiffen und die Abwehr von Angriffen durch die Piraten.

Eine militärische Offensive gegen die Piraten an Land oder im Wasser, die über das Schutzmandat der Militärpolizei hinausginge, wird explizit ausgeschlossen.

30 Personen

Der militärische Einsatz der Schweiz wird auf 30 Personen begrenzt. Der Mission «Atalanta» sollen ein medizinisches Team mit einen Arzt und Pflegepersonal, Stabsoffiziere, zwei Teams der Aufklärungs- und Grenadierformationen der Armee und drei Spezialisten für juristische Fragen angehören.

Der Einsatz der Armee beruht auf dem Militärgesetz. Es handle sich um einen Assistenzdienst im Ausland, teilten die Departemente mit.

Ball beim Parlament

Der Bundesrat wird dem Parlament in der Frühjahrsession eine Botschaft unterbreiten, damit er das Beteiligungsabkommen zwischen der Schweiz und der EU unterzeichnen kann , sagte Verteidigungsminister Ueli Maurer vor den Medien. Der Ball liege nun also bei den Räten.

Die Kosten belaufen sich nach Angaben des Aussenministeriums auf rund 9,8 Millionen Franken. Im Übrigen hat der Bundesrat das VBS beauftragt, eine Änderung des Militärgesetzes vorzubereiten, um für die Mitwirkung der Armee bei künftigen Operationen in der Art «Atalanta» eine klare Rechtsgrundlage zu schaffen.

Kein leichtes Spiel

Im Parlament wird es der Bundesrat nicht einfach haben. Die Schweizerische Volkspartei (SVP) wittert eine Neutralitätsverletzung und befürchtet den Beginn internationaler Kriegführung mit Schweizer Beteiligung. Auch die Grünen reagierten ablehnend und forderten, die Schweiz solle sich auf die Lösung der sozialen und politischen Ursachen der Piraterie konzentrieren.

Die Sozialdemokratische Partei (SP) hält es zwar für richtig, dass der Bundesrat mit der EU verhandelt, erachtet den Einsatz aber ebenfalls als heikel.

Unterstützung erhält der Bundesrat aber von der Christlichdemokratischen Volkspartei (CVP) und der Freisinnig-Demokratischen Partei (FDP). Die CVP wies darauf hin, dass das Ausland von der Schweiz eine Teilnahme erwarte.

Die Aussenpolitische Kommission des Nationalrats hatte sich vor gut fünf Wochen mit klarem Mehr gegen einen Einsatz von Soldaten ausgesprochen, weil die Schweiz nicht über die entsprechenden spezialisierten Truppen verfüge.

Weitere Reaktionen

Die Neue Europäische Bewegung Schweiz (Nebs) sprach von einem «symbolischen Meilenstein» weg vom «Reduit»: «Die Beteiligung der Schweiz an der europäischen Mission ‹Atalanta› bedeutet einen weiteren Schritt in Richtung einer verstärkten Integration der Schweiz in die Sicherheits- und Verteidigungspolitik der Europäischen Union (ESVP).»

Ganz anders die Reaktion der Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz (Auns). Sie bezeichnet den Entscheid als «grotesk, neutralitätswidrig und folgenschwer»: «Der Bundesrats-Entscheid öffnet Tür und Tor für künftige Kampf- und Kriegseinsätze von Schweizer Soldaten unter fremdem Kommando irgendwo auf der Welt.»

EU wünscht Soldaten

Eine allfällige Beteiligung von Schweizer Soldaten an «Atalanta» entspräche dem Wunsch der EU. Der Aussenbeauftragte Javier Solana stellte nach einem Treffen mit Bundesrätin Micheline Calmy-Rey vor einer Woche klar, dass die EU militärische Unterstützung von der Schweiz erwarte.

Bereits am Donnerstag wird Calmy-Rey der EU in Brüssel den Entscheid mitteilen. Sie besucht die EU-Aussenkommissarin Benita Ferrero-Waldner wegen dem Streit um die kantonalen Holdingsteuern.

swissinfo und Agenturen

Die im letzten Dezember gestartete Operation «Atalanta» ist der erste Marineeinsatz in der Geschichte der Europäischen Union.

«Atalanta» soll zum einen die wichtige Schifffahrtsroute von Asien durch den Suezkanal nach Europa vor somalischen Piraten schützen.

Ebenso die Frachtschiffe des UNO-Welternährungs-Programms, mit deren Lieferungen die somalische Bevölkerung vor einer Hungerkatastrophe bewahrt werden soll.

Die Schweizer Hochseeflotte zählt 35 Frachter und Tanker.

Diese Schiffe verkehren auch im Golf von Aden, der von Piraten mit Schnellbooten unsicher gemacht wird.

Im Dezember griffen Piraten erstmals einen Schweizer Frachter an.

Daraufhin bat der Verband Schweizerischer Seereeder den Bund um Schutz.

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