Schweiz-EU: Dialog zwischen Schwerhörigen
Bundesrätin Micheline Calmy-Rey hat in Brüssel die Schweizer Haltung zu den bilateralen Verhandlungen verteidigt.
Die EU-Kommission beharrt auf ihren Positionen. Ein gesamthafter Abschluss liegt in weiter Ferne.
Die Schweizer Aussenministerin traf sich am Montag bei ihrem ersten offiziellen Besuch in Brüssel mit EU-Kommissionspräsident Romano Prodi, EU-Aussenkommissar Chris Patten und dem EU-Aussenbauftragten Javier Solana.
Zudem führte sie ein Arbeitsgespräch mit den Initianten der Genfer Friedensinitiative für den Nahen Osten, Yasser Abed Rabbo und Yossi Beilin.
Schweiz bleibt hart
Im Zentrum der Gespräche mit Patten und Prodi standen die bilateralen Verhandlungen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union (EU). Calmy-Rey machte dabei klar, was die Schweizer Regierung vergangene Woche bekräftigt hatte: Die Schweiz will einen parallelen und gemeinsamen Abschluss in allen bilateralen Dossiers.
So will sie das Zinssteuerabkommen erst unterzeichnen, wenn ein Abschluss auch bei Schengen/Dublin (Polizei- und Justizkooperation sowie Erstasylabkommen) möglich ist. Nachdem die Schweiz der EU bei der für sie zentralen Zinssteuer entgegen gekommen sei, erwartet sie – so Calmy-Rey – nun deren Entgegenkommen bei Schengen/Dublin.
Kein Zeitdruck
Dabei machte die Schweizer Aussenministerin gegenüber den EU-Vertretern deutlich, dass sich die Schweiz nicht unter Zeitdruck sieht: Sie werde sich «die nötige Zeit für gute Lösungen nehmen». Diese hätten Vorrang gegenüber dem Zeitplan, sagte Calmy-Rey nach dem Treffen vor den Medien.
Patten hatte dagegen zuvor erklärt, er hoffe auf eine Ratifizierung des Zinssteuerabkommens «im Laufe des Jahres». Und bei den Bilateralen sei es «Zeit voranzukommen».
Die EU braucht das Abkommen mit der Schweiz, um ihre Zinssteuerregelung 2005 umsetzen zu können.
Keine «Rosinenpicker»
Laut Calmy-Rey regte Prodi an, das schon 2003 angestrebte Treffen auf hoher Ebene «in nicht allzu weiter Ferne» stattfinden zu lassen. Eine «konstruktivere Haltung» der EU machte die Bundesrätin zur Schweizer Forderung nach Übergangsfristen bei der Ausdehnung des Freizügigkeits-Abkommens auf die EU-Beitrittsländer aus.
Lediglich «erwähnt» habe Patten sodann die EU-Forderung nach Schweizer Beiträgen an die EU-Erweiterung. Calmy-Rey verwahrte sich dabei vor den Medien gegen das Bild der Schweiz als «Rosinenpicker» und verwies nebst anderem auf die bereits geleistete Osthilfe von rund zwei Milliarden Franken.
Genfer Initiative
Zusammen mit Patten traf sie sich zudem mit den Initianten der Genfer Initiative, Yasser Abed Rabbo und Yossi Beilin, die ebenfalls Gespräche in Brüssel führten. Sie sicherte ihnen dabei weitere Unterstützung der Schweiz zu. Patten nannte die Initiative «wichtig und zentral» für die Suche nach Frieden in Nahost.
Es wäre sehr kurzsichtig, die Initiative zu kritisieren, weil sie nicht von den offiziellen Vertretern beider Seiten vorgebracht wurde, sagte der Kommissar nach seinem Treffen mit den Initianten. Obwohl sie nicht völlig mit der «Roadmap», dem Friedensplan des Nahost-Quartetts USA, EU, UNO und Russland, übereinstimme, könne sie diese jedoch gut ergänzen.
swissinfo und Agenturen
Die Schweiz erwartet in den bilateralen Verhandlungen mit der EU mehr Entgegenkommen von Brüssel. Dies machte Bundesrätin Micheline Calmy-Rey bei ihrem ersten Besuch bei der EU am Montag in Brüssel deutlich.
Zur Sprache kam auch die Lage im Nahen Osten.
Bei den Verhandlungen über die Bilateralen II komme für die Schweiz nur ein paralleler und gemeinsamer Abschluss in allen Dossiers in Frage, bekräftigte die Aussenministerin die Position des Bundesrates.
Sie und EU-Kommissionspräsident Romano Prodi seien sich einig, dass sich die noch offenen Fragen lediglich auf zwei Punkte im Bereich der Rechtshilfe bei Fiskaldelikten reduzierten.
Betroffen sind die Dossiers Schengen/Dublin und Zollbetrug.
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