Schweiz gibt grünes Licht für Kohäsionsgeld
Die Schweizer Landesregierung hat die Modalitäten der Verteilung von einer Milliarde Franken an die erweiterte Europäische Union genehmigt.
Aussenministerin Calmy-Rey wird das Dokument am Montag in Brüssel unterzeichnen. Polen wird vom fünfjährigen Schweizer Engagement am meisten profitieren.
Der Bundesrat hat am Mittwoch das «Memorandum of Understanding» zwischen der Schweiz und der Europäischen Union (EU) über die Schweizer Milliarde an die erweiterte EU genehmigt.
Wie Wirtschaftsminister Joseph Deiss vor den Medien ausführte, bestimmen die Schweiz und die EU im Memorandum die allgemeinen Modalitäten des Schweizer Solidaritätsbeitrags von einer Mrd. Franken, verteilt auf fünf Jahre.
Der Empfängerkreis ist auf die 10 neuen EU-Staaten beschränkt. Mit rund 489 Mio. Franken den grössten Brocken erhält Polen. Ungarn und Tschechien erhalten etwas über 100 Mio., die weiteren Länder Beträge zwischen 71 (Litauen) und 3 Mio. Franken (Malta).
Schweizerischer Mehrwert
Die Unterstützung der neuen EU-Staaten wird mit konkreten und von der Schweiz mit den Empfängerstaaten ausgewählten Programmen und Projekten geleistet. Die Tätigkeitsfelder sind Infrastruktur und Umwelt, Privatsektor-Förderung, menschliche und soziale Entwicklung sowie Sicherheit, Stabilität und Reform.
Die Schweiz werde die Prioritäten der begünstigten Länder und die laufenden Programme der EU berücksichtigen, sagte Deiss. Zudem wolle sie in Projekte investieren, in denen sie dank Spezialwissen im Staatssekretariat für Wirtschaft (seco) und in der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) einen Mehrwert liefern könne.
Finanzierung tragbar
Der Bundesrat habe den Beschluss bestätigt, die Milliarde in den Budgets des Aussen- und des Volkswirtschafts-Departements zu kompensieren, sagte Deiss. Weitere Möglichkeiten der Finanzierung würden geprüft. Da die Programme sich bis 10 Jahre hinziehen könnten, erstreckten sich auch die Zahlungen.
Insgesamt bezeichnete Deiss die «Kohäsions-Milliarde» als finanziell tragbar. Er bestätigte, dass die neue Osthilfe nicht auf Kosten der Südhilfe für die Ärmsten gehen dürfe. Allerdings habe das Parlament das letzte Wort zu den einzelnen Krediten.
Im vitalen Interesse der Schweiz
Mit dem Solidaritätsbeitrag zur Verringerung der wirtschaftlichen und sozialen Ungleichheiten in der erweiterten EU – früher Kohäsionsbeitrag genannt – anerkenne der Bundesrat die hohe Bedeutung der letzten EU-Erweiterung für Sicherheit und Wohlstand in Europa, schreibt das Integrationsbüro.
Zusätzlich zu den politischen Vorteilen eines sicheren und stabilen Europas profitiere die Schweiz auch wirtschaftlich von der Ausdehnung der bilateralen Verträge auf eine der weltweit dynamischsten Wachstumsregionen. Die erfolgreiche Eingliederung der neuen EU-Mitglieder liege im vitalen Interesse der Schweiz.
Grundlage Osthilfegesetz
Auf der Grundlage des neuen Osthilfegesetzes wird der Bundesrat in einem nächsten Schritt mit den 10 Partnerstaaten bilaterale Rahmenabkommen über die Zusammenarbeit bei der Umsetzung des Schweizer Beitrages abschliessen. Das vom Ständerat bereits gebilligte Gesetz kommt im März in den Nationalrat.
Das Memorandum soll am Montag vom EU-Rat genehmigt werden. Es wird für die Schweiz von Aussenministerin Calmy-Rey und von den beiden Österreicherinnen, Ursula Plassnik (Vorsitzende EU-Aussenministerrat) und Benita Ferrero-Waldner (EU-Kommissarin für Aussenbeziehungen) unterzeichnet werden.
swissinfo und Agenturen
Im Mai 2003 erbat Brüssel von der Schweiz einen Beitrag zur Osterweiterung der EU, da auch die Schweizer Wirtschaft davon profitiere.
2004, nach Abschluss der Bilateralen II, sicherte die Schweiz einen so genannten Kohäsionsbeitrag von einer Mrd. Franken zu.
Bern und Brüssel einigten sich, dass der Schweizer Beitrag nicht in den EU-Kohäsionsfonds fliessen wird. Gelder aus diesem Fonds sollen helfen, das wirtschaftliche und soziale Gefälle zwischen den alten und neuen EU-Ländern zu verringern.
Die Schweizer Milliarde kommt ausschliesslich den 10 neuen EU-Staaten aus Osteuropa zu gut. Über die Verteilung befindet allein die Schweiz.
Spanien, Portugal und Griechenland, die ebenfalls einen Teil der Schweizer Gelder wollten, gehen leer aus.
Verteilung der Schweizer Kohäsionsgelder (Beträge auf 1 Mio. Fr. gerundet):
489 Mio. Franken sollen nach Polen, 131 Mio. nach Ungarn und 110 Mio. nach Tschechien fliessen.
Litauen erhält 71 Mio., die Slovakei 67 Mio., Lettland 60 Mio., Estland 40 Mio., Slowenien 22 Mio., Zypern 6 Mio. und Malta 3 Mio. Fr.
Zwei Mio. Franken sollen als Restbetrag für spätere hochprioritäre Projekte reserviert bleiben.
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