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Schweiz reagiert vorsichtig auf Lage in Pakistan

Musharraf regiert mit eiserner Faust: Verhaftung eines Anwalts am Montag. Keystone

Nach Verhängung des Ausnahmezustandes durch den pakistanischen Militärmachthaber Pervez Musharraf am letzten Samstag nimmt die Repression gegen Opposition und Medien weiter zu.

Die Schweiz zeigt sich wie andere Länder beunruhigt. Bern stellt die Waffenlieferungen an Pakistan aber nicht ein.

Geknebelte Medien, Hunderte verhafteter Regimegegner: General Musharraf will jegliche Form von Opposition in Pakistan im Keim ersticken.¨

Dies sagt der Schweizer Asienkenner Gilbert Etienne, Honorarprofessor am Institut für Internationale Studien der Universität Genf, gegenüber swissinfo.

Machterhaltungstrieb

«Im März hatte Musharraf den Präsidenten des Obersten Gerichts entlassen, was aber vom Obersten Gericht für ungültig erklärt wurde», sagt Etienne. «Nach den wegweisenden Protesten der Anwälte musste der pakistanische Präsident die Entlassung aber zurücknehmen.»

Mit den jüngsten Massenverhaftungen versuche Musharraf offenbar zu verhindern, dass sich diese Episode wiederholt. «Die pakistanische Zivilgesellschaft ist sehr aktiv und verfügt über ein grosses Mobilisierungspotenzial», erklärt der Experte.

Einzige Konzession des Machthabers an die Protestierenden sei die Zusicherung, dass die Wahlen «so früh als möglich» stattfinden sollten. Ursprünglich vorgesehener Termin war der Januar 2008.

Mehrere Gründe

Die Gründe zur Verhängung des Notstandes in der Atommacht Pakistan liegen auf der Hand: Der Oberste Gerichtshof soll daran gehindert werden, die Wiederwahl Musharrafs als Präsident vom 6. Oktober und seinen Verbleib an der Spitze der Armee für ungültig zu erklären.

Der Schiedsspruch der höchsten Instanz Pakistans war ursprünglich für diese Tage erwartet worden.

Stattdessen hat Musharraf die ihm feindlich gesinnten Richter aus dem Amt gejagt und am Dienstag vier ihm genehme Standesvertreter vereidigen lassen.

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Hochspannung

Die Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit als Begründung des Ausnahmezustandes kann aber nicht über andere wichtige Gründe hinweg täuschen. «Es gab eine Eskalation der Attacken seitens der Dschihadisten», beobachtete Etienne.

Das ist aber noch nicht alles: «Pakistan bleibt ein Land unter Spannung: Wegen der Kriege in den unkontrollierten Stammesgebieten im Grenzgebiet zu Afghanistan, aber auch wegen der blutigen Kämpfe von Schiiten gegen Sunniten.»

Etienne verweist zudem auf die Spannungen zwischen dem Punjab und anderen Provinzen oder die Abspaltungsbewegungen, etwa in Belutschistan.

Kontroverse Exporte

Angesichts der wachsenden internen Spannungen soll die Schweiz ihre Ausfuhren von Rüstungsgütern nach Pakistan stoppen, forderte der grüne Zuger Nationalrat Josef Lang am Dienstag in der Zeitung Tages Anzeiger.

Im letzten Dezember hatte die Schweizer Regierung dem Rüstunsgkonzern Oerlikon Contraves grünes Licht erteilt, Musharraf 21 Fliegerabwehrkanonen samt Munition im Gesamtwert von 136 Mio. Franken zu liefern. Das Geschäft ist noch nicht zur Gänze abgewickelt.

Die Schweizer Regierung sieht laut Aussenministeriums-Sprecher Jean-Philippe Jeannerat derzeit keinen Anlass, über die Bücher zu gehen. Erfordere es die Entwicklung der Situation, könne der Bundesrat aber auf seine Entscheidung zurück kommen, sagte Jeannerat.

Präzisierungen von Calmy-Rey während ihres Indien-Besuchs

Während ihres Besuchs im benachbarten Indien sagte Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey in Neu Delhi vor den Medien: «Wir sind zwar kein Nachbar von Pakistan wie Indien. Aber wir haben dennoch ein grosses Interesse an der Stabilität in dieser Region. Wenn heute auch in der Ferne etwas passiert, kann es Auswirkungen auf uns haben – zum Beispiel bei den Flüchtlings- und Migrationsströmen.»

Was die Entwicklungshilfe für Pakistan betrifft, sagte Calmy-Rey, dass die Feldbesuche der Programme zur Zeit aus Sicherheitsgründen eingestellt seien.

Und was die Frage der Waffenexporte der Schweiz nach Pakistan angeht, so werde der Bundesrat das Thema nächste Woche diskutieren.

swissinfo, Frédéric Burnand, Genf
(Übertragung aus dem Französischen: Renat Künzi)

Die Schweiz anerkannte Pakistan unmittelbar nach dessen Ausrufung der Unabhängigkeit 1947 als autonomer Staat. 1949 nahmen die beiden Länder diplomatische Beziehungen auf.

1966 unterzeichneten sie einen Vertrag für technische Zusammenarbeit. Dazu kam 1975 ein Abkommen über Katastrophenhilfe.

Im Konflikt zwischen Indien und Pakistan um Bangladesh von 1971 vertrat die Schweiz die Interessen beider Länder im jeweils anderen.

1977 eröffnete die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit des Bundes (DEZA) in Islamabad ein Kooperationsbüro, nachdem Pakistan als DEZA-Schwerpunktland ausgewählt worden war.

Zwischen 1970 und 1980 sicherte die Schweiz Pakistan in mehreren Verträgen die Stundung von Schulden zu.

Pakistan ist ein wichtiger Partner der Schweiz in Asien; der Handel wird durch mehrere Abkommen erleichtert. In den bilateralen Beziehungen spielt die Entwicklungs-Zusammenarbeit weiter eine wichtige Rolle.

Musharraf wurde 1943 im heutigen Indien geboren und zog 1947 mit seinen Eltern in den westlichen Landesteil, der das heutige Pakistan bildet. Nach seiner Schulausbildung in der Türkei, wo er bis 1956 lebte, kehrte er nach Pakistan zurück und besuchte ab 1961 die Militärakademie in Kakul und das Royal College of Defence Studies in Großbritannien. In zwei Kriegen kämpfte er gegen Indien und stieg in den Generalsrang auf.

Als Armeegeneralstabschef ergriff er am 12. Oktober 1999 in einem Militärputsch die Macht und stellte Premierminister Nawaz Sharif unter Hausarrest. Am 22. Dezember 1999 besetzte er mit 30’000 Soldaten die Elektrizitätswerke der Nation. Dies half ihm, die militärische Kontrolle über die Wirtschaft zu gewinnen. Am 20. Juni 2001 ernannte er sich zum Präsidenten, blieb aber gleichzeitig Armeechef.

Seither liess Musharraf wiederholt oppositionelle und militante Gruppierungen verbieten. Er überlebte mehrere Putschversuche und schaffte 2002 mit seiner Partei die Wiederwahl. Trotz mehrfacher Ankündigungen, er werde das Amt das Armeechefs abgeben, behielt er dieses bis heute.

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