Die Schweizer Regierung will kein Risiko einer Veruntreuung von libyschem Eigentum eingehen: Sie sperrt ab sofort allfällig in der Schweiz vorhandene Vermögen des libyschen Machhabers und seines Umfelds.
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swissinfo.ch und Agenturen
Massenunruhen, Gewalt und bürgerkriegsähnliche Zustände hätten in Libyen in den letzten Tagen Hunderte von Toten und Verletzten gefordert, hiess es in der Erklärung des Aussenministeriums vom Donnerstagabend weiter.
Der Bundesrat verfolge die Lage in Libyen intensiv und verurteile die Gewalt, welche die Machthaber in den vergangenen Tagen gegen die libysche Bevölkerung angewendet haben, auf das Schärfste.
28 Personen aus dem Umfeld
Der Verkauf und jegliche Veräusserung von Gaddafi-Gütern – namentlich von Immobilien – sind gemäss dem Regierungsbeschluss in der Schweiz ab sofort verboten. Die entsprechende Verordnung hat eine Gültigkeit von drei Jahren.
Auf der Liste aufgeführt sind neben dem Revolutionsführer Muammar al-Gaddafi 28 weitere Personen, darunter Ehefrau Safia Al Barassi sowie Söhne und Töchter Gaddafis. Auch Gelder von weiteren Verwandten und von libyschen Wirtschaftsführer sind per sofort blockiert.
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In den vergangenen Wochen hatte Bern bereits vorsorglich mögliche Vermögenswerte des gestürzten tunesischen Präsidenten Ben Ali und des ehemaligen ägyptischen Machthabers Mubarak eingefroren. Dies allerdings jeweils erst, nachdem diese nicht mehr an der Macht waren.
Milliarden bereits weg
Nichtregierungs-Organisationen und die Sozialdemokratische Partei hatten die Sperrung der Gaddafi-Gelder bereits vor dem bundesrätlichen Entscheid verlangt. Mit allzu hohen Beträgen wird jedoch nicht gerechnet. Denn bereits im Zuge der diplomatischen Krisen zwischen Bern und Tripolis waren libysche Gelder in Milliardenhöhe von Schweizer Bankkonten abgezogen worden.
Die Guthaben von ursprünglich 5,7 Milliarden Franken verringerten sich nach Angaben der Nationalbank dadurch auf 630 Millionen Franken. Laut der Organisation «Aktion Finanzplatz» ist es unklar, ob und wie viele Gelder des Gaddafi-Clans noch darunter sind.
Die Entwicklungsorganisation «Alliance Sud» begrüsste den Entscheid des Bundesrates in einer ersten Stellungnahme. Sie unterstrich, dass Bern für einmal mit Voraussicht handle, bevor der Staatschef seine Macht abgebe.
Libyen hat verneint, dass Machthaber Muammar al-Gaddafi Konten in der Schweiz oder auf «irgendeiner anderen Bank auf der Welt» habe.
Das Aussenministerium werde alle rechtlichen Schritte unternehmen, um die Schweiz für diese unbegründete Äusserung» zu verklagen.
Die Schweizer Regierung hat wegen der aktuellen Lage in Libyen die Vorbereitungsarbeiten zur Einsetzung des internationalen Schiedsgerichts gestoppt, das in der Affäre um die Verhaftung des Gaddafi-Sohnes Hannibal im Juli 2008 in Genf und deren Folgen Klarheit schaffen soll.
Das libysche Regime hatte nach der Verhaftung von Gaddafis Sohn vor zweieinhalb Jahren in Genf mit der Festsetzung der Schweizer Geschäftsleute Max Göldi und Rachid Hamdani in Tripolis reagiert.
Bei der Schweizer Botschaft in Tripolis sind 46 Schweizer Bürgerinnen und Bürger gemeldet. Die meisten davon sind Doppelbürger.
Der Technologie-Konzern ABB ist einer von mehreren Schweizer Firmen, die in Libyen tätig sind.
Der bilaterale Handel ging infolge der politischen Krise zwischen der Schweiz und Libyen in den letzten Jahren zurück.
Im August 2010 beliefen sich die Exporte auf unter 100 Millionen Franken. 2008 hatten sie gemäss dem Volkswirtschafts-Departement noch 280 Millionen betragen.
Die Importe gingen in derselben Zeitspanne ebenfalls zurück, und zwar von 3,324 Milliarden Franken auf knapp 400 Millionen.
Gehandelt warden insbesondere Maschinen, Uhren, Pharma- und Agrarprodukten.
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