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Schweiz stimmt über zwei Massnahmen gegen steigende Krankenkassenprämien ab

Geburtsstation mit Baby-Dummy
Der medizinische und technologische Fortschritt treibt die Gesundheitskosten in die Höhe, ebenso wie die Alterung der Bevölkerung. Keystone / Ennio Leanza


Die Schweizer Stimmberechtigten befinden am Sonntag über zwei Initiativen, die den Anstieg der Krankenkassenprämien begrenzen und die Kosten im Gesundheitswesen eindämmen sollen. Ebenfalls auf der Traktandenliste stehen eine umfassende Energiereform und eine Initiative zur Abschaffung des Impfobligatoriums.

Das Programm der eidgenössischen Volksabstimmungen an diesem Wochenende ist dicht gedrängt: Die Schweizerinnen und Schweizer stimmen über vier nationale Vorlagen ab.

Mit Spannung werden die Resultate zu den beiden Initiativen der Sozialdemokratischen Partei (SP) und der Mittepartei erwartet, welche die Krankenkassenprämien senken und den Kostenanstieg im Gesundheitswesen bremsen wollen.

In den Abstimmungskampagnen äusserten sich Menschen, die den Gürtel enger schnallen müssen, um ihre Krankenkassenprämien bezahlen zu können.

Und das Problem könnte sich in den nächsten Jahren noch verschärfen, denn der demografische Wandel und der medizinisch-technische Fortschritt treiben die Gesundheitskosten weiter in die Höhe.

Die grossen politischen Parteien sehen Handlungsbedarf. Über die zu treffenden Massnahmen gehen die Meinungen jedoch auseinander.

Die Hilfe erhöhen

Die von der Sozialdemokratischen Partei (SP) ausgearbeitete Lösung besteht darin, die Krankenversicherungsprämien auf 10% des Haushaltseinkommens zu begrenzen.

Um dieses Ziel zu erreichen, schlägt die SP vor, allen Personen, die einen höheren Anteil ihres Einkommens für die obligatorische Krankenpflegeversicherung aufwenden müssen, einen Zuschuss zu gewähren.

Der Text sieht vor, dass die zusätzlichen Beihilfen zu mindestens zwei Dritteln vom Bund und der Rest von den Kantonen finanziert würden.

Damit würden auch gleich lange Spiesse für alle geschaffen, denn die Höhe der Subventionen ist heute von Kanton zu Kanton sehr unterschiedlich.

Die Gegnerinnen und Gegner der Vorlage kritisieren vor allem, dass das Problem nicht bei der Wurzel gepackt werde, nämlich bei den stetig steigenden Gesundheitskosten. Statt die Beiträge zu erhöhen, müsse der Kostenanstieg gebremst werden.

Regierung und Parlament lehnen die Initiative ab, weil sie die öffentliche Hand jährlich zwischen 3,5 und 5 Milliarden Franken zusätzlich kosten würde.

Der Bundesrat ist der Ansicht, dass Steuererhöhungen oder Sparmassnahmen in anderen Bereichen notwendig wären, um die Ausgaben zu decken.

Die Vorlage hat es schwer, über die Reihen der Linken hinaus Begeisterung zu wecken, und hat im Lauf der Kampagne kontinuierlich an Unterstützung verloren. Es wird nicht damit gerechnet, dass sie an der Urne bestehen wird.

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Die Kosten bremsen

Die Stimmberechtigten befinden auch über die Volksinitiative der Mittepartei zur Senkung der Gesundheitskosten. Dazu soll im Schweizer Gesundheitswesen eine Kostenbremse eingeführt werden, damit sich die Kosten im Gleichschritt mit der Wirtschaft und den Löhnen entwickeln.

Der Bund soll diesen Mechanismus aktivieren, wenn die Gesundheitskosten innerhalb eines Jahres um 20 Prozent stärker steigen würden als die Löhne.

Die Initiative lässt jedoch offen, mit welchen Massnahmen die Ausgaben eingedämmt werden sollen. Dies ist der Hauptkritikpunkt der Gegnerinnen und Gegner, die den Initiativtext als «leere Hülle» bezeichnen.

Die Mittepartei versichert jedoch, dass ihr Entwurf alle Akteurinnen und Akteure des Systems dazu zwingen würde, sich zu beraten, um Lösungen umzusetzen, die seit langem bekannt seien.

Die Partei befürwortet unter anderem Einsparungen durch mehr ambulante Eingriffe, die Bevorzugung von Generika und die Nutzung des elektronischen Patient:innendossiers.

Die Lösung überzeugt jedoch weder die Rechte noch die Linke. Das Ja-Lager verliert kontinuierlich an Stimmen, was auf eine mögliche Ablehnung der Initiative am Sonntag hindeutet.

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Das kaum umstrittene Stromgesetz

Die Schweizer Stimmbürgerinnen und Stimmbürger im In- und Ausland werden dem Stromgesetz voraussichtlich zustimmen. Dieses fasst verschiedene Gesetzestexte zusammen, die im Lauf der Jahre erarbeitet und in den letzten Jahren vom Parlament verabschiedet wurden.

Ziel ist es, die Stromversorgung des Landes zu sichern und gleichzeitig die erneuerbaren Energien zu fördern. So soll das neue Gesetz unter anderem den Bau grosser Wasserkraft-, Solar- und Windkraftanlagen erleichtern.

Der Entwurf hat den Zorn der Landschaftsschutzorganisationen auf sich gezogen. Sie sind der Meinung, dass das Gesetz den Naturschutz schwächen werde.

Die Fondation Franz Weber und zwei kleinere Umweltorganisationen haben deshalb das Referendum ergriffen. Sie werden aber nicht von den grossen Umwelt-NGOs unterstützt, die sich für ein Ja ausgesprochen haben.

Auch die rechtskonservative Schweizerische Volkspartei (SVP) lehnt das Gesetzesprojekt ab, da es ihrer Meinung nach den Strombedarf des Landes nicht decken kann.

Die Befürworterinnen und Befürworter des Projekts liegen in den Umfragen jedoch nach wie vor deutlich in Führung und dürften die Abstimmung am Sonntag wohl gewinnen.

Die politischen Relikte der Pandemie

Die Covid-19-Pandemie gehört zwar der Vergangenheit an, aber über eine damit zusammenhängende Vorlage muss das Stimmvolk am 9. Juni noch abstimmen.

Es handelt sich um die Initiative «Für Freiheit und körperliche Unversehrtheit» der Freiheitlichen Bewegung Schweiz (FBS).

Der Initiativtext will eine Impfpflicht ausschliessen. Er stellt klar, dass die Verweigerung einer Impfung nicht zu Sanktionen oder zu sozialen oder beruflichen Nachteilen führen darf. Bereits heute kann in der Schweiz niemand gegen den eigenen Willen zu einer Impfung gezwungen werden.

Die SVP unterstützt die Initiative als einzige Partei. In der letzten SRG-Umfrage kam sie nur noch auf 22% Zustimmung und dürfte damit an der Urne scheitern.

Alles über die vier Vorlagen, über die am 9. Juni abgestimmt wird:

Editiert von Samuel Jaberg, Übertragung aus dem Französischen: Christian Raaflaub

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