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Schweiz vermittelt in Kolumbien weiter

Ingrid Betancourt nach ihrer Freilassung in Paris. AFP

Nachdem der kolumbianische Verteidigungsminister dem Schweizer Vermittler Jean Pierre Gontard vorgeworfen hatte, er habe 2001 den kolumbianischen Farc-Rebellen Lösegeld bezahlt, kam es zu Spannungen zwischen Bern und Bogota. Dennoch geht die Mediation der Schweiz in Kolumbien weiter.

Laut dem Pariser Kolumbien-Experten Daniel Pécaut ist die Anschuldigung bewusst erfolgt. Damit sollen künftige diplomatische Lösungen für die Freilassung von Geiseln verhindert werden.

«Es könnte sich darum handeln, jemanden zu verspotten und zu beschuldigen, der in den vergangenen Jahren grosse Anstrengungen im humanitären Bereich unternommen hat», sagte Pécaut im Westschweizer Radio.

Kolumbien sei schon mehrmals verärgert gewesen über die Kontakte der Schweiz mit den Farc-Rebellen.

Zusammen mit Frankreich und Spanien setzt sich die Schweiz während Jahren dafür ein, dass die Geiseln freigelassen werden. Die Attacke gegen den Schweizer Vermittler Jean-Pierre Gontard kam nur wenige Tage, nachdem an der offiziellen Version der Befreiung von Ingrid Betancourt und 14 weiteren Geiseln Zweifel aufgekommen waren.

Das Westschweizer Radio stellte als erstes Medium die Hypothese in den Raum, vor der Freilassung seien Lösegelder im Umfang von 20 Millionen Dollar geflossen.

Vasella verteidigt Gontard

In einem Zeitungsinterview nach der Befreiungsaktion hatte der kolumbianische Verteidigungsminister Juan Manuel Santos erklärt, der Schweizer Jean Pierre Gontard habe der linken Farc-Guerilla eine halbe Million Dollar überbracht.

Auf die Spur des Geldtransfers kamen die kolumbianischen Behörden durch den beschlagnahmten Computer des Farc-Vize Raul Reyes. Dieser war im März von der kolumbianischen Armee in Ecuador getötet worden.

Laut dem Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) geht die Affäre auf das Jahr 2000 zurück. Damals waren zwei Novartis-Mitarbeiter von der Farc entführt worden. 2001 wurden die beiden freigelassen.

Novartis-Chef Daniel Vasella verteidigte am Montag den Schweizer Vermittler Gontard. Nach seinem Wissen habe Gontard das Geld nicht übergeben. Gontard habe als diplomatischer Vermittler für die Befreiung der Geiseln gewirkt.

Mediation bleibt aktuell

Trotz der jüngsten Spannungen zwischen Bern und Bogotá will sich die Schweiz weiter für die Befreiung von Geiseln in Kolumbien engagieren. Laut dem Aussenministerium geniesst Vermittler Jean-Pierre Gontard das Vertrauen aller Parteien.

«Sein Mandat wird von allen Seiten anerkannt», sagte EDA-Sprecher Georg Farago. Die Vorwürfe des kolumbianischen Verteidigungs-Ministers wollte das EDA nicht kommentieren. Die Schweiz werde die «Fazilitation» in Kolumbien mit der nötigen Diskretion fortführen, sagte der Sprecher weiter.

Die Vermittlungen in Zusammenarbeit mit Spanien und Frankreich waren auf Antrag des kolumbianischen Präsidenten Alvaro Uribe lanciert worden, um eine humanitäre Lösung in der Geiselfrage zu erleichtern. «Diese Mediation bleibt aktuell», sagte Farago.

22 Mal mit Rebellen getroffen

Jean-Pierre Gontard und sein französischer Kollege Noël Saez hatten gemäss eigenen Angaben am Wochenende vor der Befreiung der 15 Geiseln durch die kolumbianische Armee noch Verantwortliche der FARC im Dschungel getroffen.

Er und Saez hätten bei der Befreiungsaktion keine Rolle gespielt. Sie seien auch nicht informiert gewesen. «Wir waren überrascht, als wir von den Befreiungen hörten», sagte Jean-Pierre Gontard in einem Interview des Westschweizer Radios.

Zu den Vorwürfen der kolumbianischen Behörden sagte Gontard, dass er bereits mindestens 22 Mal mit Mitgliedern der Rebellen zusammengetroffen sei. «Ich habe mich nie mit Farc-Mitgliedern getroffen, ohne dass es die kolumbianische Regierung wusste.»

Immer noch über 700 Geiseln

Die Schweiz engagiert sich zusammen mit Frankreich und Spanien seit 2004 für eine humanitäre Lösung der Geiselfrage in Kolumbien. Die Bemühungen der Schweiz hatten 2001 dazu beigetragen, mehr als 300 Soldaten und Polizisten zu befreien.

Heute haben die Farc noch 24 «politische» Geiseln in ihrer Gewalt. Drei davon wollen sie gegen gefangene Rebellen austauschen. Weiter halten sie mehr als 700 Menschen gefangen, für die sie Lösegeld fordern.

swissinfo

Die Farc wurde in den 1960er-Jahren gegründet. Sie kontrolliert heute gegen 40% des kolumbianischen Territoriums, besonders in den Dschungelgebieten und den Ebenen am Fuss der Anden.

Die Rebellenorganisation wird von den USA und der Europäischen Union (EU) als Terror-Organisation eingestuft. Die Farc selbst sieht sich jedoch als Vertreterin im Kampf der armen Landbevölkerung gegen die Reichen.

Die Farc finanziert sich durch verschiedene Aktivitäten, darunter Geiselnahmen, Erpressung und die direkte und indirekte Teilnahme am Drogenhandel.

Seit Dezember 2005 hatten die Schweiz, Frankreich und Spanien ihre Vermittlungs-Bemühungen in Kolumbien verstärkt.

Die drei Länder schlugen eine entmilitarisierte Zone von 280 km2 vor, um den Austausch von Geiseln und Gefangenen zwischen der Regierung und den Rebellen zu erleichtern.

Die Regierung Kolumbiens und die 17’000 Mann zählenden Bewaffneten Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens (Farc) bekämpfen sich seit vier Jahrzehnten.

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