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Schweiz will Mobutu-Gelder zurückgeben

Ex-Diktator Mobutu starb 1997, aber um sein Geld auf Schweizer Bankkonten wird weiterhin gestritten. Reuters

Die Schweiz ist bereit, Kongo die blockierten Millionen von Ex-Diktator Mobutu zurückzugeben, sagte Bundespräsidentin Calmy-Rey bei einem Treffen mit Präsident Kabila in Kinshasa.

Nichtregierungs-Organisationen zeigen sich allerdings besorgt, dass die Mobutu-Millionen nicht an das kongolesische Volk, sondern an den Clan des Ex-Diktators gehen könnten.

Auf ihrer Reise durch sieben Länder Afrikas ist Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey in der Demokratischen Republik Kongo («Kongo Kinshasa») eingetroffen. In der Hauptstadt Kinshasa traf sie am Montagabend mit Präsident Joseph Kabila zusammen.

Sie habe mit Kabila über das Engagement der Schweiz in der Friedensförderung und der humanitären Hilfe gesprochen, sagte Calmy-Rey nach dem Treffen an einer Medienkonferenz in Kinshasa. Ein weiteres Thema waren die Gelder des 1997 gestürzten Diktators Mobutu Sese Seko, als das Land noch Zaire hiess.

In der Schweiz seien rund acht Millionen Franken blockiert, sagte sie vor den Medien. Die Schweiz sei grundsätzlich bereit, diese zurückzugeben. Um zu einer juristischen Lösung zu gelangen, rief sie die Behörden in Kinshasa auf, einen Rechtsvertreter in der Schweiz zu benennen.

Nichtregierungs-Organisationen (NGO) begrüssen zwar diesen Schritt, rufen jedoch den Bundesrat, die Schweizer Regierung, dazu auf, die acht Millionen nicht auszuhändigen, bis die Herkunft der Gelder nicht legal nachgewiesen ist.

Gesetzesänderung in der Schweiz

«Auch wir Vertreter der Zivilgesellschaft wollen natürlich, dass diese Gelder dem Kongo zurückerstattet werden», sagt André Rothenbühler gegenüber swissinfo. Der Sprecher der Aktion Finanzplatz Schweiz schränkt aber ein: «Doch zurzeit verlangt das Schweizer Gesetz, dass es einen Gerichtsentscheid im betreffenden Land, also Kongo, braucht, damit das Geld dem kongolesischen Volk zurücktransferiert werden kann.»

Rothenbühler möchte eine Gesetzesänderung in der Schweiz. Damit würde sicher gestellt, dass im Fall eines bewiesenen kriminellen Ursprungs des Geldes dieses direkt an das Volk des betreffenden Landes zurückerstattet wird.

In Kongo-Kinshasa wurden im vergangenen Jahr die ersten freie Wahlen seit Jahrzehnten abgehalten. Die Bundespräsidentin ist die erste Staatschefin eines westlichen Landes, die dem Land nach dem Urnengang einen Besuch abstattet.

Schwache Behörde im Kongo

Nach dem Bürgerkrieg zwischen 1997 und 2003 hat das Land seither eine schwierige Wende zu bewältigen. Vor allem die östlichen Provinzen kommen nicht zur Ruhe. Die Zivilbevölkerung leidet unter den Kämpfen zwischen Rebellen und Regierungstruppen.

2003 stellte die Schweiz ihre Rechtshilfbemühungen für den Kongo ein, da sie einsehen musste, dass die kongolesischen Behörden nicht in der Lage waren, ein Strafverfahren zu führen, das rechtsstaatlichen Kriterien genügt.

Ohne richterlichen Entscheid jedoch wird die Schweiz gezwungen sein, das Geld nach dem Dezember 2008 der Familie Mobutu zu überweisen. «Wäre es nicht möglich, bis dann ein neues Gesetz zu haben,» sagt Rothenbühler, «möchten wir, dass der Bundesrat dieses Geld einzufrieren versucht.»

Wiederaufbau der Region der Grossen Seen

Die Schweiz wolle weiterhin in Kongo-Kinshasa präsent bleiben, bekräftigte Calmy-Rey. Künftig soll das Engagement der Schweiz in einem regionalen Kooperationsprojekt zusammengefasst werden, zu dem auch Burundi und Ruanda gehörten, kündigte sie an.

Die Stabilisierung und der Wiederaufbau der Region der Grossen Seen steht im Zentrum der letzten Etappe der Afrika-Reise von Calmy-Rey. Bereits am Dienstag reist sie nach Burundi weiter. Am Mittwoch wird sie in Kigali erwartet. Der Besuch in Ruanda ist der Abschluss der Afrika-Reise der Bundespräsidentin.

swissinfo und Agenturen

Nach der Unabhängigkeit der belgischen Kolonie Kongo im Jahr 1960 kam General Mobutu Sese Seko 1965 an die Macht. 1971 gab er dem Land den Namen Zaire.

Mobutu wurde nach mehr als 30-jähriger Herrschaft 1997 von Laurent-Désiré Kabila von der Macht verdrängt. Mobutu flüchtete nach Marokko, wo er wenig später starb.

In zwei blutigen Kriegen fanden zwischen 1997 und 2003 mehr als dreieinhalb Millionen Kongolesen den Tod. Seit 2000 sind die Vereinten Nationen im Kongo präsent. Mit mehr als 16’000 Blauhelmen und einem Jahresbudget von 1,5 Mrd. Dollar handelt es sich um die weltweit grösste Friedensmission der UNO.

Nach der Ermordung Kabilas 2001 wurde dessen Sohn Joseph Kabila Präsident des nun Demokratische Republik Kongo genannten Landes. In den ersten demokratischen Wahlen seit über 40 Jahren wurde Kabila 2006 im Amt bestätigt.

Auf ein Rechtshilfegesuch der Regierung in Kinshasa hin blockierte die Schweiz 1997 rund 10 Millionen Franken der Mobutu-Familie. Mobutus Villa am Genfer See wurde 2001 für 3 Mio. Franken veräussert.

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