Schweizer Einsatz für Abrüstung
Die Schweiz nimmt in der nächsten UNO-Generalversammlung Einsitz im Präsidium des 1. Komitees. Das Komitee befasst sich mit Abrüstung und internationaler Sicherheit.
Dass die Schweiz im Präsidium mitarbeiten könne, sei ein Vertrauensbonus, den es zu nutzen gelte, sagte Roman Hunger, Schweizer Vertreter in diesem Gremium gegenüber swissinfo.
«Man weiss, dass wir keine versteckte Agenda haben und nicht mit falschen Karten spielen», sagt Roman Hunger, Botschaftsrat und Militärberater der UNO-Mission in New York.
«Unsere Bereitschaft, die Arbeit im Präsidium zu übernehmen, zeigt auch, dass wir gewillt sind, Verantwortung zu übernehmen.»
Neben der Schweiz sitzen ab Mitte September, wenn die 62. UNO-Generalversammlung eröffnet wird, Senegal, Syrien und Peru im Präsidium des Komitees. Dieses kommt jeweils im Oktober zu einer vierwöchigen Session im Plenum zusammen.
Alle Facetten der Abrüstung
Das Komitee befasst sich mit allen Fragen rund um die Abrüstung. Anders als die Genfer Abrüstungskonferenz oder andere Vertrags-Konferenzen kann es keine Verträge ausarbeiten, sondern formuliert Vorschläge, die dann als Resolutionen in die Generalversammlung eingebracht werden.
Neben den eher klassischen Abrüstungsfragen gehe es auch darum, Abrüstung mit Blick auf die internationale Sicherheit vermehrt in Zusammenhang mit Entwicklung und Umwelt zu stellen. «Das ist nicht unumstritten und führt manchmal zu Kontroversen», sagt Hunger.
«Wir müssen aber die Wahrnehmung dafür schärfen, dass es ohne Sicherheit keine Entwicklung und ohne Entwicklung keine Sicherheit gibt». Auch bewaffnete Konflikte und Umwelt seien eng miteinander verknüpft.
Das Umdenken habe eingesetzt, das zeige sich auch bei den friedenserhaltenden Einsätzen der UNO, wo es heute nicht mehr länger nur um militärische Aspekte gehe, sondern wo Fragen wie Re-Integration, Rechtsstaatlichkeit und der Kontakt mit der Zivilgesellschaft miteinbezogen würden.
Weiterverbreitung von Atomwaffen
Zu den ganz grossen Themen, die das Komitee beschäftigen, gehört der Kampf gegen die Weiterverbreitung von Atomwaffen, was angesichts der Entwicklungen der jüngsten Zeit – Stichworte Nordkorea, Iran, Terrorismus – von besonderer Bedeutung ist.
Hohen Wert misst die Schweiz auch der nuklearen Abrüstung und dem Engagement gegen Kleinwaffen bei. Zudem setzt sie sich dafür ein, dass für Handel und Transport von Waffen international verbindliche Standards erarbeitet werden.
Eine Resolution dazu war im Herbst 2006 von der Generalversammlung verabschiedet worden. «Wir haben grosses Interesse, in der Regierungs-Expertengruppe mitzuarbeiten, die sich nach der 62. Generalversammlung mit Fragen zur Umsetzung dieser Resolution befassen soll.»
Abrüstungsgespräche müssen weitergehen
Fatalisten, die sagen, all die Abrüstungsgespräche hätten doch keinen Nutzen, widerspricht Hunger: «Tatsächlich leben wir, was Abrüstung und den Einsatz gegen die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen angeht, in einer Zeit grosser Skepsis.»
Einiges möge unrealistisch erscheinen. Zudem herrsche teilweise das Gefühl, dass sich gewisse Länder nicht an ihre eigenen Verpflichtungen hielten, auch das behindere Fortschritte.
Auch habe es in den letzten Jahren einige Rückschläge gegeben, so 2005 bei den Verhandlungen zur Revision des Atomwaffen-Sperrvertrags (Non-Proliferation Treaty), bei der Konferenz zur Eindämmung von Kleinwaffen, die 2006 ohne Abschlussdokument zu Ende ging, oder bei der blockierten Genfer Abrüstungskonferenz.
Gegenmittel Atomwaffen-Sperrvertrag
«Trotz allen Rückschlägen: Abrüstungsgespräche sind realistisch und enorm wichtig. Die Diskussion trägt zur Sicherheit bei», so der Experte. «Wir haben in den letzten 50 Jahren viel erreicht.»
Ein Beispiel sei der Atomwaffen-Sperrvertrag. In den 1960er-Jahren habe man befürchtet, es werde über kurz oder lang 30 oder mehr Nuklearmächte geben. Dank dem Sperrvertrag sei es jedoch gelungen, dieser Vision entgegenzuwirken, auch wenn es gegenüber damals nun noch vier weitere Atommächte gebe – Pakistan, Indien, Israel, Nordkorea.
«Und verstehen Sie mich nicht falsch: Jede neue Nuklearmacht ist eine zuviel.» Darum sei es sehr wichtig, im Kampf gegen die Weiterverbreitung von Atomwaffen und der nuklearen Abrüstung voranzumachen. Iran will Hunger vorerst nicht als Nuklearstaat bezeichnen, diese Frage sei noch offen.
swissinfo, Rita Emch, New York
Das 1. Komitee der UNO-Generalversammlung ist zuständig für Abrüstung und internationale Sicherheit.
Hauptthemen:
Kampf gegen Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen – Stichwort Atomwaffen-Sperrvertrag (Non-Proliferation Treaty)
Chemie- und Biowaffen
Konventionelle Waffen: Vor allem Kampf gegen Kleinwaffen, Erarbeitung internationaler Standards für Handel und Transport von Waffen.
Transparenz bei Rüstungsvorhaben aller Art.
Einsatz für vertrauensbildende Massnahmen.
Das Komitee kommt einmal im Jahr zu vierwöchigem Plenum zusammen.
Dabei sind alle Mitgliedstaaten vertreten, oft durch Vertreter der Genfer Missionen bei der UNO-Abrüstungskonferenz.
Es gibt keine institutionalisierten Beziehungen zwischen dem Ausschuss und der Abrüstungskonferenz.
1970 geboren, Jurist.
Seit Mai 2005 Botschaftsrat und Militärberater bei der Schweizer UNO-Mission in New York.
Zuvor war er in derselben Position bei der Schweizer Mission in Genf.
Vor dem Einsatz in Genf arbeitete Roman Hunger bei der Direktion für Sicherheitspolitik und der Abteilung Rüstungskontrolle und Abrüstung im Eidgenössischen Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) in Bern.
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