Schweizer Hilfe für Demokratien
Das "Genfer Zentrum für die demokratische Kontrolle der Streitkräfte" ist ein Jahr alt. Bereits haben mehrere osteuropäische Staaten um Beiträge zur Demokratie-Förderung gebeten.
«Wir sind sehr zufrieden», bilanziert Theodor H. Winkler, Direktor des «Genfer Zentrum für die demokratische Kontrolle der Streitkräfte» (DCAF). «Das Zentrum und seine Gründung sind auf ein sehr positives internationales Echo gestossen». Die Stiftung wurde vor einem Jahr, am 27. Oktober 2000, vom Bundesrat ins Leben gerufen.
Grosses Mandat in Jugoslawien
Das Interesse am Zentrum zeigt sich unter anderem darin, dass die jugoslawische Regierung unter Präsident Kostunica das DCAF und das New Yorker EastWest Institute beauftragt hat, eine Bestandesaufnahme der demokratischen Kontrolle der Machtapparate zu organisieren, die Milosevic hinterlassen hat. Beratend wirkt das Zentrum hier unter anderem bei der Reform der Sicherheits-Apparate, der Streitkräfte und der Gesetze mit. Bereiche, die unter strenge parlamentarische und zivile Kontrolle gestellt werden sollen.
Im Rahmen des Projektes werden gegen 100 Experten aus rund 25 Staaten mobilisiert, gegen 80 Einzelstudien erarbeitet und ein Dutzend Konferenzen durchgeführt. Vor Weihnachten wird das DCAF die Resultate an Präsident Kostunica übergeben. Die Regierung wird diese und andere Inputs in Entscheide umformen.
Wenn es dann um die Verwirklichung dieser Entscheide gehe, werde das DCAF weiterhin Begleitung anbieten. «Wir werden auf viele Jahre hinaus in Jugoslawien präsent bleiben, durch Experten, die in Teilbereichen die Regierung und das Parlament bei der Umsetzung der Reformen unterstützen werden», sagt Winkler.
Tätigkeit ausbauen
Neben Jugoslawien haben die Ukraine, Bosnien-Herzegowina, Moldawien, Bulgarien und Russland vom Genfer Zentrum Hilfe beim Aufbau einer parlamentarischen Kontrolle ihrer Streitkräfte angefordert. In Zukunft möchte das DCAF auch in der Kaukasus-Region und in Afrika tätig werden.
In vielen Staaten eine grosse Herausforderung
Das DCAF hilft jungen Demokratien, «das Erbe von Totalitarismus und Diktatur zu überwinden», erklärt Winkler. Streitkräfte, paramilitärische Verbände sowie Polizeikräfte, Grenztruppen und andere sicherheitsrelevante Strukturen stellen in vielen Staaten oft kaum kontrollierte Akteure dar, die den Prozess der Demokratisierung erschweren. «Wenn diese Staaten nun versuchen, dieses Erbe zu überwinden, dann sind sie auf ausländische Expertise angewiesen und suchen diese. Wir versuchen, diese Expertise zu organisieren.»
Lebhaftes Interesse
30 Staaten sind im Stiftungsrat des DCAF vertreten, Beitritts-Gesuche von weiteren liegen vor. Unter den Mitgliedern befinden sich beispielsweise alle grösseren Staaten der «Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa» (OSZE), auch die USA.
Winkler betont, es bestehe ein «sehr gutes Arbeitsverhältnis mit allen Trägern der europäischen Sicherheitsarchitektur». Ein enger Partner sei neben der OSZE die parlamentarische Versammlung der Nato. Auch zum Europarat und zur EU seien Kontakte geknüpft worden. «Wir können vielleicht ein bisschen dazu beitragen, dass sich die Tätigkeit dieser Organisationen vernetzt.»
Ein Jahr weiter als geplant
Wegen der grossen internationalen Nachfrage an den Dienstleistungen des Zentrums haben das eidgenössiche Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) und des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA) ihre finanzielle Unterstützung von ursprünglich geplanten 5 Mio. auf heute 7 Mio. Franken erhöht. Drittstaaten leisten einen Beitrag von 0,5 Mio. Franken. Theodor Winkler: «Wir sind im Aufbau heute ein Jahr weiter als wir ursprünglich meinten zu sein».
Kathrin Boss Brawand
In Übereinstimmung mit den JTI-Standards
Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!
Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch