Schweizer Hooliganismus zeigt sein hässliches Gesicht
Nach der Niederlage des FC Basel im Finalspiel um die Schweizer Fussballmeisterschaft gegen Zürich lösten Basler Hooligans schwere Krawalle mit über 100 Verletzten aus.
Die Ausschreitungen sind ein schlechtes Omen für die Fussball-Europameisterschaft, die in zwei Jahren in der Schweiz und in Österreich stattfindet.
Die Gewalt eskalierte am Samstagabend bereits nach dem Schlusspfiff. Teilweise vermummte FCB-Anhänger stürmten nach der 1:2-Niederlage ihres Vereins in der letzten Runde der Schweizer Fussballmeisterschaft das Spielfeld.
Böse «Premiere» für die Schweiz
Dort attackierten vermummte Angreifer Spieler des neuen Schweizermeisters FCZ, was es im Schweizer Fussball in dieser Form noch nie gegeben hat. An eine würdige Meisterfeier mit Pokalübergabe war unter diesen Umständen nicht zu denken.
Nach dem Spiel ging die Polizei ausserhalb des St. Jakob-Parks mit Wasserwerfer gegen die Randalierer vor, die Leuchtpetarden, Steine und Flaschen warfen.
Viele Eltern versuchten mit ihren Kindern, möglichst unbehelligt abzuziehen. Der Stadionsprecher forderte derweil die Zuschauer, die noch im Inneren waren, zum Abwarten auf.
Klub entschuldigt sich
Der FC Basel entschuldigte sich nach den wüsten Ausschreitungen bei allen Matchbesucherinnen und -besuchern, die Unannehmlichkeiten erlitten hätten, wie es auf der Homepage FC Basel heisst.
Der Klub entschuldigte sich auch bei Besuchern, die sich bedroht gefühlt hätten oder gar effektiv bedroht worden seien oder in irgendeiner Form Leidtragende der argen Vorfälle gewesen seien.
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Sportminister und…
Der Schweizer Sportminister Samuel Schmid bedauerte die Ausschreitungen ausserordentlich.
Die Vorfälle lieferten den Beweis, dass es das Hooligan-Gesetz brauche, zitierte Schmid-Sprecher Jean-Blaise Defago am Sonntag den Bundesrat. Verlierer bei solchen Vorfällen sei ganz sicher der Sport.
… SFV-Präsident verurteilen Ausschreitungen scharf
«Das ist bitter, unannehmbar und skandalös»: Mit diesen Worten verurteilte auch der Präsident des Schweizerischen Fussballverbands (SFV), Ralph Zloczower, die Krawalle.
Solche Vorfälle dürften sich nie mehr wiederholen, sagte Zloczower am Sonntag im Schweizer Fernsehen. «Unser Image ist ramponiert. Wir müssen dafür sorgen, dass wir die Sache in Ordnung bringen, nicht zuletzt im Hinblick auf die Euro 08.»
Arbeit für neuen Mister Euro 2008
Mit der Basler Krawallnacht wird sich auch Benedikt Weibel beschäftigen müssen, wenn auch nur indirekt. Der SBB-Chef, der im Dezember als höchster Eisenbahner abtritt, wird ab Januar 2007 Verantwortlicher für die Euro 2008.
Als Mister Euro 2008 – er wurde von Sportminister Samuel Schmid berufen – ist er für alle Aufgaben der öffentlichen Hand verantwortlich. Neben der Sicherheit gehören dazu die Bereiche Finanzen, Verkehr, Infrastruktur, Landeswerbung und Marketing.
Thema im Bundeshaus
Die Vorfälle werden nicht ohne Folgen bleiben, umso mehr, als die Schweiz zusammen mit Österreich die Fussball-Europameisterschaft 2008 (Euro 2008) organisiert. Der Basler Nationalrats-Präsident Claude Janiak und der Zürcher Nationalrat Jürg Stahl, die das Spiel von der Tribüne verfolgten, zeigten sich betroffen und kündigten Schritte an.
Janiak und Stahl sagten, dass sie die Vorfälle im Schweizer Parlament aufs Tapet bringen werden. Beide riefen zudem die Fangruppen auf, das Referendum gegen das neue Anti-Hooligan-Gesetz zu stoppen.
Umstrittenes Gesetz
Im März hatte das Schweizer Parlament einem verschärften Gesetz gegen Gewalttäter an Sportveranstaltungen zugestimmt. Dies im Hinblick auf die Euro 2008 sowie die Eishockey-Weltmeisterschaft, die ein Jahr später ebenfalls in der Schweiz stattfindet.
Im Zentrum des revidierten «Bundesgesetzes über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit» stehen eine Hooligan-Datenbank über gewaltbereite Fans, Stadionverbote und Reisebeschränkungen und die Meldepflicht auf einem Polizeiposten. Als letzte Möglichkeit kommt Präventivhaft von maximal 24 Stunden für Hooligans in Frage.
Das Hooligan-Gesetz stiess auf den Widerstand von Fangruppierungen von Schweizer Fussball- und Eishockey-Klubs. Sie ergriffen deshalb das Referendum, um das Gesetz in einer Volksabstimmung zu bodigen.
Die nötigen 50’000 Unterschriften müssen sie bis am 13. Juli beisammen haben. Das Komitee halte an der Unterschriften-Sammlung fest, erklärte ein Sprecher des Komitees am Sonntag.
swissinfo und Agenturen
Das revidierte Bundesgesetz über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit sieht folgende Massnahmen vor:
Konfiszierung von Propaganda-Material, das zu Gewalt aufruft. Hooligan-Datenbank über gewaltbereite Fans.
Stadionverbote oder Reisebeschränkungen.
Meldepflicht auf einem Polizeiposten oder, als letzte Möglichkeit Präventivhaft von maximal 24 Stunden.
Das Parlament hat das Gesetz vorerst bis 2009 beschränkt.
Hooligan ist die Bezeichnung für eine Person, die vor allem im Rahmen von Sportanlässen durch aggressives Verhalten auffällt.
Die Hooligan-Szene dürfte in der Schweiz gegen 400 militante Anhänger haben, die Zahl der Mitläufer wird auf 600 geschätzt.
Die Gewalt in Fussball- und Eishockeystadien hat auch in der Schweiz in den vergangenen Jahren zugenommen.
Nicht zuletzt daher hat die Schweiz wie andere Staaten in Europa ein Gesetz erlassen, um gegen Hooligans vorgehen zu können.
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