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Schweizer Piraten kämpfen an Internet-Front

Schweizer Piraten haben sich den Kampf gegen das Urheberrecht auf die Fahne geschrieben. wikipedia

Am Sonntag wird in Zürich die "Piratenpartei der Schweiz" gegründet. Die Piraten kämpfen für mehr Schutz der Privatsphäre im Internet und gegen die Urheberrechte. Ein Angriff auf die Künstler und Musiker.

Die «Piratenpartei Schweiz» hat nichts mit der umstrittenen Teilnahme der Schweiz an der Anti-Piraterie-Operation «Atalanta» der EU zu tun.

Die selbst ernannten Piraten kämpfen an einer anderen Front, ihre Kampfzone ist nicht das Meer, sondern das Internet. «Es ist an der Zeit sich gegen die Bevormundung des Bürgers unter Missachtung des Zeitgeistes zu wehren», heisst es auf der Facebook-Seite der «Piratenpartei Schweiz».

Die Schweizer Piraten sprechen von «fehlendem Fingerspitzengefühl für demokratische Werte». Die Killerspiel-Verbote etwa sehen sie lediglich als «Anfang einer traurigen Serie des Parlaments und der Regierung».

Als Beispiel für die Fehlpolitik des Bundes nennt Gründungsmitglied Christian Riesen auch die Plattform für Internet-Zensur des Bundes, auf der rund 500 Seiten insbesondere mit kinderpornographischen und rassistischen Inhalten figurierten.

«Eine staatliche Zensurplattform ist nicht die Lösung. Das ist eher kontraproduktiv, denn jedermann hat Zugriff darauf», sagt Riesen. Der Bund müsste vielmehr von Serverbesitzern fordern, dass sie die Inhalte entfernten.

Monopole und Patente im Visier

«In der Schweiz gibt es keine Partei, die sich auf die zunehmenden Angriffe auf Privatsphäre und Freiheit kümmert. Das hat uns dazu bewogen, aktiv zu werden», sagt Riesen gegenüber swissinfo.ch.

Ansprechen will die Partei «so ziemlich jeden Schweizer Bürger», wie Riesen sagt. «Es geht hier nicht nur ums Internet und File-Sharing, sondern um effektive Grundrechte, um den gläsernen Staat anstelle des gläsernen Bürgers», so Riesen.

Zuoberst auf der Prioritätenliste steht für die Anhänger des File-Sharing – Internet-Tauschbörsen für Musikwerke, Filme und Software – der Kampf gegen Monopole und Patente sowie eine Lockerung der Urheberrechte.

Attacke gegen Grundrechte der Künstler?

Doch startet die Piraten-Bewegung mit ihrer Forderung, das Urheberrecht einzuschränken, nicht selbst eine Attacke auf die Grundrechte für Künstler und Musiker?

«Wir sehen keinen Konflikt zwischen dem Urheberrecht und den Grundrechten. Wir wollen den Leuten nicht das Einkommen wegnehmen», sagt Riesen. Es gehe vielmehr um eine Attacke auf das Geschäftsmodell. Das bestehende Urheberrecht sei einfach veraltet und müsse geändert werden.

Die Künstler verdienten heute ihr Geld nicht primär mit dem Verkauf von CDs, andere Quellen wie Auftritte und Merchandising seien viel lukrativer geworden. Vom Urheberrecht profitierten damit zum grössten Teil nicht die Künstler selbst, sondern vielmehr die Musikindustrie.

«Ein Menschenrecht»

Die Schweizerische Urheberechtsgesellschaft (Suisa), welche die urheberrechtlichen Interessen von Komponisten und Musik-Verlegern in der Schweiz vertritt, ist da anderer Meinung.

«Der Schutz geistiger Werke ist ein Menschenrecht», sagt Suisa-Sprecher Martin Wüthrich gegenüber der Nachrichtenagentur SDA. Das Urheberrecht sei durch zahlreiche internationale Abkommen gesichert.

Eine Komposition ist bis 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers geschützt. Dieser Schutz sei – zusammen mit der Rente der Suisa – auch eine Altersvorsorge, meint Wüthrich.

«Gegen Interessen der Allgemeinheit»

Auch die Musikindustrie kritisiert die Piratenpartei, die die Rechte der Urheber stark einschränkenen will: «Die Forderungen der Piraten-Partei sind nicht nur gegen die Interessen der Kulturschaffenden, sondern gegen die Interessen der Allgemeinheit gerichtet», sagt Wilfried Haferland von der Schweizer Landesgruppe des Verbandes der Musikindustrie, der International Federation Of Producers Of Phonograms And Videograms (IFPI).

Die Produktion von Musik sei eine kostspielige Angelegenheit, gibt Haferland zu bedenken. «Wenn sich dies nicht mehr lohnt, dann wird auch nichts mehr für die Allgemeinheit produziert», ist er überzeugt.

«Erfolg und Einfluss»

Die Piratenpartei sei bisher in der Schweiz häufig als «Ein-Themen-Partei» belächelt worden, heisst es auf ihrer Website.

Davon lassen sich die Schweizer Piraten jedoch nicht beirren. «Ich denke, wir werden in der Schweiz einen sehr grossen Erfolg und Einfluss haben.» Allein die Tatsache, dass rund drei Viertel der Schweizer Bevölkerung online seien, stimme ihn zuversichtlich.

Auch der Blick nach Schweden dürfte die Schweizer Piraten zuversichtlich stimmen. Dort findet die Piratenpartei regen Zulauf: Bei der Europawahl im Juni holte sich die Partei mit 7,1 Prozent einen Sitz im Europaparlament. Besonders bei den 18- bis 30-Jährigen kommt sie gut an.

Corinne Buchser, swissinfo.ch

Die erste Piratenpartei wurde 2006 in Schweden gegründet. Sie entstand im Umfeld der bekannten Internet-Tauschplattform «The Pirate Bay», über die man rechtlich geschützte Inhalte finden und herunterladen kann. Über «The Pirate Bay» können Nutzer kostenlos Kopien rechtlich geschützter Filme, Musik und Computer-Programme tauschen.

Aufsehen erregte die «Piratpartiet» Anfang Juni, als sie bei der Europawahl in Schweden 7,1 Prozent der Stimmen erhielt und damit eines der 18 Mandate eroberte.

Grossen Zulauf erhielt die Piratenpartei, nachdem die vier Verantwortlichen von «The Pirate Bay» Mitte April zu 2,7 Mio. Euro Schadenersatz und einjährigen Haftstrafen verurteilt wurden.

Mit ihrem Angebot hätten sie Nutzer angestiftet, Urheberrechte zu verletzen, argumentierte das Gericht. Die Betreiber selbst wollen das Urteil weiterziehen.

Inzwischen ist die Piratenpartei auch in Deutschland, Dänemark, Finnland, Frankreich, Österreich, Polen und Spanien vertreten. Ab Sonntag gibt es sie auch in der Schweiz.

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