Schweizer überwachen Waffenstillstand
Seit 50 Jahren sind Schweizer Offiziere an der Demarkationslinie zwischen Nord- und Südkorea stationiert, entlang einer der weltweit am schärfsten bewachten Grenzen.
Eingeklemmt zwischen 1,5 Mio. Soldaten ist die Mission ein eigentümlicher Mix aus Diplomatie, Routine und Kontinuität.
Die Schweizer Aussenministerin Micheline Calmy-Rey wird als erste Vertreterin einer ausländischen Regierung am Dienstag (Lokalzeit) die Demarkationslinie überschreiten, die Nord- und Südkorea trennt.
«In den 50er Jahren war die Rolle der Schweiz viel aktiver», erklärt Generalmajor Adrien Evéquoz, Leiter der Schweizer Delegation in der Grenzregion von Panmunjom, gegenüber swissinfo.
Noch gibt es den Waffenstillstand
«Unsere Vorgänger hier inspizierten die Truppen- und Waffenstärken. Heute besteht unser Auftrag noch darin, die Friedensstruktur zu unterstützen. Es geht darum, dem Süden und dem Norden zu zeigen, dass die Waffenstillstands-Mechanismen nach wie vor intakt sind», sagt Evéquoz.
Die Aufgabe der fünf Offiziere ist es, sicherzustellen, dass der 1953 geschlossene Waffenstillstand eingehalten wird. Ihr Hauptquartier in Panmunjom liegt direkt an der im Zickzack verlaufenden Linie, an der sich die Truppen beider Koreas damals gegenüberstanden.
Das Ritual vom Dienstag
Das sichtbarste Element dieses Engagements für den Frieden ist ein Ritual, das jeden Dienstag stattfindet.
«Es ist symbolisch. Exakt um 10 Uhr morgens zeigen wir den Nordkoreanern auf diese Weise, dass wir unsere Mission ernst nehmen», sagt Christian Studer, der Stellvertreter von Evéquoz.
Studer oder einer seiner Kollegen begeben sich dann jeweils vom Schweizer Camp durch ein Tor in dem mit Stacheldraht zusätzlich gesicherten Zaun und überschreiten eine Fussbrücke aus Holz. Die Brücke ist hellblau bemalt, in der Farbe der Vereinten Nationen.
Nach einigen weiteren Schritten kommt Studer zur so genannten «Conference Row». Eine Reihe Hütten entlang der Demarkations-Linie zwischen Nord und Süd.
«Insel» in der entmilitarisierten Zone
Die Hütten, die vor allem für Treffen aufgestellt wurden, gehören zum so genannten Gemeinsamen Sicherheits-Areal. Eine «Insel» in der Demilitarisierten Zone (DMZ), die sich insgesamt über eine Fläche von 241x4km erstreckt.
In der «Conference Row» treffen sich die Schweizer Vertreter zu einem Informationstausch mit einer schwedischen Delegation, die entlang der Demarkationslinie ähnliche Aufgaben erfüllt.
Obschon man sich oft nur wenig Neues zu sagen habe, könnte ein Nicht-Erscheinen am Dienstagmorgen die Nordkoreaner zum Schluss kommen lassen, dass etwas nicht in Ordnung sei.
Seit 1953 wird Waffenstillstand überwacht
Die Schweiz und Schweden gehören der Überwachungs-Kommission Neutraler Staaten (Neutral Nations Supervisory Commission, NNSC) seit Beginn des Einsatzes an. Als die Kommission 1953 geschaffen wurde, gehörten ihr noch die damalige Tschechoslowakei und Polen an.
Als Vertreter von Ost und West in der Zeit des Kalten Kriegs hatten die vier Staaten den Auftrag, ein wachsames Auge auf Bewegungen ausserhalb der DMZ zu haben, da hiess es überwachen, inspizieren, beobachten.
Doch nach dem Kalten Krieg zwangen die Nordkoreaner die Delegationen der beiden früheren Ostblockstaaten, die auf der Nordseite der Demarkationszone stationiert waren, zum Abzug und setzten die Zusammenarbeit mit der NNSC aus.
Nur noch Schweiz und Schweden
Jetzt sind nur noch die Schweiz und Schweden übrig. Und das tägliche Leben der Offiziere der Überwachungsmission scheint überraschend ruhig.
Zum Camp der Schweizer durch die scharf befestigte und verminte Demarkationszone gelangt man nur in Begleitung einer bewaffneten US-Militäreskorte. Auf dem Weg drei Checkpoints, bewacht von Soldaten der USA und Südkoreas, alle bis zu den Zähnen bewaffnet.
Propagandamusik – ansonsten Stille
Doch im Camp der Schweizer ist keine Waffe in Sicht, kaum ein Ton ist zu hören. Nur ab und zu unterbricht Propagandamusik die Stille, sie schallt aus riesigen Lautsprechern, die sowohl Nord- wie auch Süd-Korea entlang der Grenzlinie installiert haben.
Angesichts der von Pinien und Fichten geprägten Umgebung der Quartiere der Schweden und Schweizer scheinen Spannungen entlang der Grenze in weiter Ferne zu liegen.
«Ich habe mich für den Einsatz in Panmunjom angemeldet, weil ich gehört hatte, dass es hier viel ruhiger sei als auf andern Missionen, an denen ich teilgenommen hatte», sagt Studer später im Clubhaus der Schweizer.
«In Sarajevo und Beirut war das Leben gefährlich. Hier ist alles entspannt und ruhig.»
swissinfo, Juliet Linley, Panmunjom
(Übertragung aus dem Englischen: Rita Emch)
Die Schweiz ist seit 1953, als die Neutrale Überwachungs-Kommission (NNSC) ins Leben gerufen wurde, an der Mission beteiligt.
Bisher haben rund 800 Schweizer Offiziere dafür ihre Dienste zur Verfügung gestellt.
Bei der Gründung der NNSC, in der Zeit des Kalten Kriegs, gehörten der Kommission neben Schweden noch die Tschechoslowakei und Polen an.
Nach dem Ende des Kalten Kriegs in Europa zwang Nordkorea die früheren Ostblockstaaten, die auf der Nordseite stationiert waren, zum Abzug und setzte die Zusammenarbeit mit der NNSC aus.
Heute besteht die Mission noch aus je rund fünf Schweizern und fünf Schweden auf der Südseite der Demarkationslinie.
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