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Sonntag wird kein Shopping-Tag

Sonntags-Einkauf: Weiter nur in Bahnhöfen und Flughäfen möglich. Keystone

Einkaufen am Sonntag bleibt nur in grossen Bahnhöfen und Flughäfen möglich. Der Nationalrat hat einer vollständigen Liberalisierung eine Absage erteilt.

Das Nein kommt elf Tage nach dem äusserst knappen Ja an der Urne zum Sonntagsverkauf in Bahnhöfen und Flughäfen.

Klares Resultat nach heftiger Debatte: Mit 106 zu 56 Stimmen setzten sich in der Grossen Kammer des Schweizer Parlamentes die Linke (Sozialdemokraten und Grüne) und die Christlichdemokraten (CVP) deutlich durch. Sie profitierten davon, dass die Schweizerische Volkspartei (SVP) und die Freisinnigen (FDP) im Gegensatz dazu nicht geschlossen für die Vorlage stimmten. Der Entscheid bedeutet, dass die Motion, die der Ständerat, die Kleine Kammer, im Herbst 2004 überwiesen hatte, vom Tisch ist.

Die Kleine Kammer ging noch einen Schritt weiter als die Revision des Arbeitsgesetzes, die am 27. November vom Volk knapp gutgeheissen wurde. Mit ihr sollte den Kantonen ermöglicht werden, Sonntagsarbeit für Detailhandels- und Dienstleistungsgeschäfte auch ausserhalb von Bahnhöfen und Flughäfen zu erlauben.

Entscheid Kantonen überlassen

Die Befürworter betonten, dass es keineswegs um die landesweite Öffnung der Geschäfte gehe. «Wir machen mit der Motion nicht die Büchse der Pandora auf», sagte der freisinnige Hans Rudolf Gysin (FDP/BL). Die Hoheit der Kantone werde nicht angerührt. Es bleibe den jeweiligen Parlamenten vorbehalten, über Sonntagsverkäufe zu entscheiden.

Kantonale Regelungen würden auch dem Abstimmungsresultat vom 27. November am besten gerecht, sagte Felix Gutzwiller (FDP). Einige Kantone hätten damals die Sonntagsverkäufe in Zentren des öffentlichen Verkehrs deutlich abgelehnt, andere klar angenommen. Die Regionen müssten sich mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten entwickeln können.

Deiss für Liberalisierung

Bundesrat Joseph Deiss plädierte ebenfalls für eine Annahme der Motion. Läden in der Nähe von grossen Bahnhöfen seien benachteiligt, sagte er. Zudem hätten in einer Umfrage nicht weniger als 18 Kantone den Wunsch bekundet, am Sonntag flexiblere Arbeitszeiten zulassen zu dürfen.

André Reymond (SVP) sagte, gerade für Grenzkantone seien Sonntagsverkäufe überlebensnotwendig. Denn jenseits der Grenze seien die Geschäfte ständig geöffnet. Die Ausgangslage für Unternehmer und die Möglichkeit, Touristen anzulocken, würden mit offenen Geschäften am Sonntag verbessert.

Linke: Sonntag gehört allen

Vehement verteidigt wurde der arbeitsfreie Sonntag dagegen von der Linken: Das knappe Abstimmungsresultat sei eindeutig zu interpretieren, sagte der Sozialdemokrat Paul Rechsteiner. Es sei ein Ja zum Status Quo, aber ein Nein zu einer Erweiterung des Sonntagsverkaufs.

Der Sonntag sei eine gesamtschweizerische Angelegenheit, man könne ihn nicht einfach kantonalisieren. Es gehe um den Schutz der Arbeitnehmer. Im Übrigen, zeigte sich Rechsteiner überzeugt, hätte eine weitere Öffnung beim Volk keine Chance. Nicht einmal Stalin habe es in der ehemaligen Sowjetunion geschafft, den Sonntag abzuschaffen.

Den Ausschlag gab die CVP. Sie hatte sich bei der Abstimmung vom 27. November für eine Liberalisierung stark gemacht. Damals sei es um die Erhaltung von Arbeitsplätzen gegangen, sagte Lucrezia Meier-Schatz (CVP). Eine weitere Ausdehnung der Sonntagsarbeit gehe der Partei aber zu weit. Der Sonntag müsse als Tag der Besinnung erhalten bleiben.

swissinfo und Agenturen

Die Grosse Kammer des Schweizer Parlaments, der Nationalrat, hat eine vollständige Liberalisierung des Sonntagsverkaufs klar abgelehnt.

Damit ist eine Motion, welche der Ständerat, die Kleine Kammer, 2004 angenommen hatte, vom Tisch.

Der Entscheid steht im Einklang mit dem Urnenentscheid vom 27. November, als das Stimmvolk nur ganz knapp Ja zum Sonntagsverkauf in Bahnhöfen und Flughäfen gesagt hatte.

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