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Spitalbau mit Infrastruktur aus Trabi-Zeitalter

Musealer Heizungsraum des Spitals Rydygier: DDR-Maschinerie aus den 80er-Jahren. Im Bild: Technischer Vizedirektor Witold Poniklo (rechts) und Ingenieur Bartosz Marsalek. swissinfo.ch

Polens Stadtzentren unterscheiden sich auf den ersten Blick nicht mehr stark von westeuropäischen. Nachholbedarf gibt es aber hinter den Kulissen. Alte Infrastrukturen verhindern Modernisierung: Geld aus dem Schweizer Erweiterungsbeitrag soll Besserung bringen, zum Beispiel in Krakaus grösstem Spital.

Krakau, die Stadt in Südpolen ist bekannt wegen ihrer Universitäten, dem jüdischen Viertel, Paprika-Sauerkraut und Papst Woytila. Trabis, Polski Fiats und Wartburgs sind aus dem Strassenbild verschwunden und haben westeuropäischen, japanischen und amerikanischen Markenautos Platz gemacht.

Touristen strömen durch das Stadtzentrum von einer historischen Sehenswürdigkeit zur andern. An der Stadtperipherie steht immer noch die einst zu den grössten Anlagen des Ostblocks zählende Eisen- und Stahlfabrik, damals der zweitgrösste Luftverschmutzer Polens.

In der Nähe dieses gigantischen Stahlkochers wurde in den 70er-Jahren ein Grossspital geplant. Ein Allgemeinspital, mit Spezialisation für Arbeitsunfälle wie Verbrennungen, Vergiftungen, Gesichtschirurgie und Neuro-Traumatologie. Der Komplex wurde wegen den Wirren und der Befreiung von den Sowjets erst in den 90er-Jahren eröffnet.

Die Stimmberechtigten haben Ende 2006 das Bundesgesetz über die Zusammenarbeit mit den Staaten Osteuropas («Bundesgesetz Ost») gutgeheissen.

Damit haben sie auch Ja gesagt zum Erweiterungs-Beitrag von einer Milliarde Franken, mit dem sich die Schweiz am Abbau der wirtschaftlichen und sozialen Ungleichheiten in der erweiterten EU beteiligen soll.

In Kooperation mit dem jeweiligen Land werden Projekte in folgenden Bereichen umgesetzt: Sicherheit, Stabilität und Reformen; Umwelt und Infrastruktur; Förderung der Privatwirtschaft; menschliche und soziale Entwicklung.

Aber der Geist des Sozialismus im Gebäude war nicht mehr wegzubringen: Riesig, rechteckig, grossflächig, gebäudeklimatisch schwierige Fassade, teurer Marmorboden, überdimensioniert. Nur 600 der möglichen 900 Betten werden genutzt.

Laufende Kosten fressen das Budget

«Heute brauchen wir fast unser gesamtes Budget für die Deckung der laufenden Kosten», sagt Witold Poniklo, technischer Vizedirektor des Spitals. Mit anderen Worten: Für Erneuerungsinvestitionen bleibt kaum etwas übrig.

Zwar wurden in der Zwischenzeit die Fenster erneuert und die Isolation verbessert. Aber die Klima- und Sanitäranlagen mit ihren kilometerlangen Röhrensystemen sind noch die alten. Das meiste stammt aus Magdeburg und ist DDR-Technologie. Deutsche Qualität der anderen Art: Sie funktioniert zwar immer noch, aber zu einem hohen Preis.

Asbest in der Fassade

Die Fassaden enthalten Asbest, das damals ein gängiges Isolationsmaterial war. «Rührt man da nichts an», so Poniklo vorsichtig, «bleibt die Gefahr wohl unter Kontrolle.» Doch würden gewisse Renovationen damit unmöglich, ohne dass das Gift austritt.

Die Erweiterungs-Milliarde der Schweiz versteht sich auch als Solidaritätsbeitrag zu jenen insgesamt 100 Mrd. Franken (67 Mrd. Euro), welche die alten EU-Länder den Neuen zugesichert hatten. Diese Beiträge müssen bis 2013 gesprochen und bis 2015 ausbezahlt werden.

Während den immer wärmer werdenden Sommermonaten haben sich die Stahlplatten-Fassade derart stark zu erhitzen begonnen, dass die Klimaanlagen Unsummen an Energiekosten verschlingen. So kam den Spitalverantwortlichen die Idee, Sonnenkollektoren zu installieren, die über den Strom auch Kälte produzieren sollten.

Das Spitalprojekt ist von den polnischen Behörden und Expertengremien zuerst geprüft und nachher der Schweiz zur Finanzierung empfohlen worden. In der Schweiz entscheiden behördliche Gremien oder der Bundesrat über die Vergabe.

Die Fachleute des Schweizer Büros in Warschau sind nicht für die Vergabe des Schweizer Erweiterungsbeitrags zuständig, sondern für die Prozeduren und die Begleitung an Ort.

Diesen Beitrag zur Finanzierung von Infrastrukturprojekten in den neuen EU-Ländern – in der Öffentlichkeit Kohäsions-Milliarde genannt – hatte das Schweizer Stimmvolk 2006 gutgeheissen.

Fünf Kilometer neue Röhren

Weil Polen das weitaus grösste der neuen EU-Länder ist, entfällt allein die Hälfte dieser Milliarde auf dieses Land. Das Schweizer Büro in Warschau ist beauftragt, nachhaltige Infrastruktur-Projekte in Polen zu suchen, wofür knapp 174 Mio. Fr. zur Verfügung stehen.

Dazu gehört auch das Spital-Projekt in Krakau, für das insgesamt 8,1 Mio. Franken vorgesehen sind: Damit sollen 3100 Quadratmeter Sonnenkollektoren verlegt, die Sanitäranlagen modernisiert, 5000 Meter neue Röhren verlegt und eine mechanische Ventilation eingebaut werden.

Auch die EU unterstützt im Rahmen der Osterweiterung Infrastrukturprojekte in Polen. Um Doppelspurigkeiten zu vermeiden, werden Finanzierung und Vergabe zwischen der Schweiz und der EU zwar jeweils koordiniert. «Die von der Schweiz unterstützten Infrastruktur-Projekte laufen aber unabhängig vom EU-Fonds, oder komplementär, wenn dies den Schweizern angezeigt erscheint», sagt Dominique Favre, Stellvertretender Verantwortlicher des Beitragsbüros in Warschau gegenüber swissinfo.ch.

In der Region von Krakau werden derzeit noch zwei weitere Spitäler renoviert und modernisiert. Von den Massnahmen verspricht man sich grosse Emissions-Reduktionen und Einsparungen in der Höhe von rund 1,3 Mio. Franken jährlich bei den Energiekosten, die bis heute zwischen 6 bis 9% aller laufenden Kosten des Spitals ausmachen.

Krakau liegt in der Region Malapolska (Kleinpolen) im Süden des Landes. Polen hat 16 Regionen (Wojwodschaften), Malapolska gehört zu den ärmeren, mit rund 3,2 Mio. Einwohnern.

Die drei zu renovierenden Spitäler des Projekts behandeln jährlich rund 80’000 Patienten.

Energiemässig deckt Polen 93% seines Bedarfs mit eigener Kohle und Lignit ab. Es verfügt über Europas grösste Vorkommen in diesem Bereich.

Polen plant dennoch drei Nuklear-Kraftwerke und hofft, bis 2020 den Anteil der erneuerbaren Energie auf 15% zu erhöhen.

Im Vergleich dazu hat die Schweiz einen viel höheren Anteil erneuerbarer Energie, hauptsächlich aus der Wasserkraft.

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