Ständerat genehmigt Bilaterale Abkommen II
Die acht Dossiers der Bilateralen Verträge II mit der EU sind vom Ständerat genehmigt worden. Nur Schengen/Dublin gab Anlass zu Debatten.
Die Ängste der Schweizerischen Volkspartei fanden bei den Ständeräten kein Echo. Das Paket geht nun in den Nationalrat.
Der Ständerat hat den nächsten Schritt auf dem bilateralen Weg gemacht. Er verabschiedete am Donnerstag die Dossiers Schengen, Zinsbesteuerung und Betrugsbekämpfung. Nun geht das zweite Verhandlungspaket weiter an den Nationalrat. Eine obligatorische Schengen-Abstimmung hält die Kleine Kammer nicht für nötig.
Die Zustimmung zum umstrittensten Dossier der Bilateralen II, dem Anschluss an Schengen/Dublin (Polizei-, Asylabkommen), erfolgte mit 38 zu drei Stimmen bei drei Enthaltungen.
Die Skeptiker aus der Schweizerischen Volkspartei (SVP), die in der Debatte am Sicherheitsgewinn gezweifelt und noch offene Fragen bemängelt hatten, wählten in der Gesamtabstimmung unterschiedliche Optionen: Drei sagten Nein, zwei enthielten sich der Stimme.
Die dritte Enthaltung kam vom Christlichdemokraten Carlo Schmid (AI), der im Schengen-Anschluss den ersten Schritt in die EU sah.
Diskussion um obligatorisches Referendum
Zu reden gab am Donnerstag die Frage des Referendums, wobei der Rat die Forderung der SVP nach einer obligatorischen Abstimmung (Volks- und Ständemehr) ablehnte.
Schengen bedeute nicht den Beitritt zu einer supranationalen Gemeinschaft, ein obligatorisches Referendum sei daher nicht nötig, befand Kommissions-Sprecher Philipp Stähelin (CVP/TG).
Maximilian Reimann (SVP/AG) sagte demgegenüber, eine automatische Abstimmung wäre ein Zeichen der Stärke des Parlaments.
Abstimmung kommt wegen SVP-Referendum
Sie sei zudem gerechtfertigt, da Schengen die Souveränität der Schweiz tangiere. Zu einer Abstimmung werde es wegen des Referendums der SVP ohnehin kommen (fakultatives Referendum).
Auf Antrag des Freisinnigen Thomas Pfisterer (FDP/AG) hielt der Ständerat fest, dass die Mitwirkung der Kantone bei der Umsetzung und der Weiterentwicklung des Schengen-Rechts gesetzlich geregelt werden soll.
Im Grenzwachtkorps (GWK), das zusammen mit den Kantonen Sicherheitsaufgaben an der Grenze erfüllt, soll der personelle Bestand mindestens auf dem Niveau von Ende 2003 gehalten werden.
Justizminister Christoph Blocher sagte zum Schluss der Debatte, er habe und werde den Vertrag pflichtgemäss vertreten. Er werde aber Vorteile wie auch Nachteile darlegen und auch in der allgemeinen Euphorie keine Unwahrheiten verbreiten. Das sei eine Sache der Glaubwürdigkeit.
Zinsen, Betrugbekämpfung: Ohne Widerstand
Ohne Widerstand wurden die Abkommen über die Zinsbesteuerung und die Betrugsbekämpfung verabschiedet. Finanzminister Hans-Rudolf Merz versicherte dem Rat, dass die Schweiz den Kern des Bankgeheimnisses nicht preisgebe, sondern ihren Finanzplatz vielmehr längerfristig stärke.
Mit dem Zinsbesteuerungs-Abkommen wird die Schweiz auf Zinserträgen von EU-Bürgern eine Steuer von letztlich 35% erheben. Vom Ertrag kann sie 25% behalten.
Kommissions-Sprecher Peter Briner (FDP/SH) hatte bereits in der Eintretensdebatte gesagt, es sei wohl das erste Mal, dass ein Land für andere Länder Steuern eintreibe.
«Bravourstück» der Unterhändler
Das Abkommen über die Betrugsbekämpfung wurde von Kommissions-Sprecher Dick Marty (FDP/TI) als Bravourstück der Schweizer Unterhändler gelobt. Es verstärke die Zusammenarbeit gegen Schmuggel und andere Delikte im Bereich der indirekten Steuern.
«Gewerbsmässige Schmuggler können unser Land künftig nicht mehr für ihre Zwecke missbrauchen», sagte Finanzminister Merz.
swissinfo und Agenturen
Die fünf unbestrittenen Abkommen:
landwirtschaftliche Verarbeitungs-Erzeugnisse
Beteiligung an europäischer Statistik
Beitritt zur Europäischen Umweltagentur
Teilnahme am Filmförderungs-Programm «Media»
Besteuerung pensionierter EU-Beamter in der Schweiz
Das zweite Verhandlungspaket «Bilaterale II» umfasst die Dossiers Schengen, Zinsbesteuerung und Betrugsbekämpfung.
Der Ständerat hat am Donnerstag das gesamte Paket verabschiedet und an die Grosse Kammer weitergereicht.
Der Ständerat hält eine obligatorische Schengen-Abstimmung nicht für nötig.
Schengen/Dublin war das umstrittenste Dossier.
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