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Stromgesetz Ja: «Unsere Landschaft bleibt erhalten»

Jürg Grossen, GLP
Jürg Grossen ist für das Stromgesetz.

Am Stromgesetz hat Jürg Grossen als Parlamentarier mitgearbeitet. Der Präsident der Grünliberalen Partei sagt: "Die Gegner vermischen Fakten, um Angst zu machen."

Worum gehts beim Stromgesetz? In Zukunft wird die Schweiz mehr Strom brauchen. Gleichzeitig es hat sich in einer Volksabstimmung verpflichtet, klimaneutral zu werden. Ausserdem hat sie die Ambition, sich selbst mit Strom zu versorgen. Dazu hat das Parlament ein Massnahmenbündel beschlossen.

Das sogenannte Stromgesetz will, dass das Land bis 2035 pro Jahr 35 Terawattstunden Strom aus Sonne, Wind, Biomasse oder Geothermie produziert. Dagegen gab es Referendum. Darum entscheidet am 9. Juni 2024 das Schweizer Stimmvolk über die Vorlage. Nachfolgend erklärt Jürg Grossen, warum er Ja zu diesem Stromgesetz sagt. Jürg Grossen führt als Unternehmer eine Elektroplanungs-Firma. Er präsidiert einen Interessenverband für Elektromobilitität sowie den schweizerischen Fachverband für Solarenergie.

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SWI swissinfo.ch: Das Stromgesetz ist ein Kompromiss. Die Gegner sagen, ein fauler Kompromiss. Müsste man nicht eher beim Sparen ansetzen?

Jürg Grossen: Es ist im Gegenteil ein sehr intelligenter Kompromiss, da das Stromgesetz das Stromsparen ja explizit enthält. Es verpflichtet die Netzbetreiber zu Effizienzmassnahmen. Wir haben im letzten Jahr in der Schweiz gleichviel Strom verbraucht wie zuletzt vor 20 Jahren. Und dies, obwohl wir 1,5 Millionen mehr Leute sind, Wärmepumpen dazugekommen sind, Rechenzentren gebaut wurden, viele Elektroautos herumfahren. In Sachen Effizienz sind wir also sehr gut unterwegs. Wenn man so viel mehr Wirtschaftsleistung hat, und doch nicht mehr Strom braucht, dann hat man schon mal etwas richtig gemacht. Mit dem Stromgesetz können wir den Weg konsequent weitergehen.

Aber es gibt ein noch grösseres Missverständnis: Das Gesetz zielt nicht nur auf alpine Solaranlagen oder Windanlagen, über die in der Schweiz jetzt viel geredet wird. Solche wurden mit gesonderten Programmen bereits ohne Referendum beschlossen. Im Stromgesetz aber legten wir das Augenmerk auf die Frage, wo der grösste Zubau passieren kann. Im Winter ist das einerseits die Wasserkraft – da haben wir 16 Projekte drin, die aber mehr als zehn Jahre brauchen, bis sie ihre Funktion aufnehmen können. Darum setzen wir auch auf Solarenergie auf Gebäuden. Das ist der Kern des Ganzen.

Die Gegner: innen befürchten Eingriffe in wertvolle Biotope. Opfern wir mit dem Gesetz also die Biodiversität auf dem Altar des Klimas?

Nein, denn das Gesetz ist sehr ausgewogen. Geschützte Gebiete bleiben geschützt. In anderen Gebieten ist möglich, dass Energie einen gewissen Vorrang erhalten kann. Da durchlaufen die Projekte aber alle demokratischen Verfahren und müssen diese überstehen. Die Einsprache-Möglichkeiten von Verbänden, auch Umweltverbänden, bleiben bestehen.

Dennoch argumentieren die Gegner:innen, dass aus nationalem Interesse die Mitsprache von Gemeinden oder Verbänden ausgehebelt würde. Ist garantiert, dass die Demokratie auch mit diesem Gesetz noch funktionieren wird?

Wenn Demokratie irgendwo funktioniert, dann sicher in der Schweiz, das steht fest. Wenn es um Anlagen von nationalem Interesse geht, reden wir auch nicht von Kleinanlagen, sondern von grossen Projekten, am ehesten von Wasserkraftwerken. Die Gegner vermischen das bewusst, um Angst zu machen.

An Windrädern und Solarpanels kann man sich aber stören. Muss die Schweiz die wenigen verbleibenden unverbauten Landschaften ausgerechnet damit füllen?

Ich muss Sie korrigieren: Wir haben noch unglaublich viele unverbaute Landschaften, das weiss ich als begeisterter Berggänger aus Erfahrung.

Die man also noch zubauen kann?

Nein. Aber einige Landschaften sind teilweise jetzt schon beeinträchtigt, durch Bergbahnen, militärische oder landwirtschaftliche Anlagen. Wenn wir nun mit alpinen Solaranlagen in Gebiete gehen, wo schon Bergbahnen und Skilifte stehen, dann ist das kein unverhältnismässiger Eingriff. Unsere natürliche Landschaft bleibt so erhalten, das ist auch mir sehr wichtig.

Nun wäre Atomstrom auch eine saubere, klimaverträgliche Energie, einverstanden?

Klimaverträglich ja, aber nicht sauber. Sie hinterlässt Abfall für Tausend Generationen. Es geht im Stromgesetz aber nicht um Atomstrom. Aber wenn wir mehr Strom wollen – den werden wir brauchen wenn wir das Klima wirksam schützen wollen, dann bedeutet das schlicht: Elektrifizierung.

Und wenn wir das schnell haben wollen, was wir müssen, dann geht das nur mit Solar-, Wind- und Wasserkraft. Von allem andern wissen wir, dass es viel länger dauern würde. Darum sind auch viele Atomkraftbefürworter für das Stromgesetz.

Das Stromgesetz hilft vor allem den Stromkonzernen. Sie werden grosse Gewinne auf dem Strommarkt machen – und die Konsumierenden werden weiterhin teure Strompreise bezahlen. Was sagen Sie zu dieser Befürchtung?

Das ist nun wirklich falsch. Das Stromgesetz hilft nicht den grossen Energiekonzernen, sondern sichert die Stromversorgung in der Schweiz und hilft vor allem den Bürgerinnen und Bürgern: Mieterinnen und Mieter können dank Elektrizitätsgemeinschaften günstigen Solarstrom aus dem Quartier beziehen und Gebäudebesitzende können so ihren Strom direkt in der Nachbarschaft absetzen und verkaufen. Das ist eine echte Demokratisierung der Energiewende.

Der Präsident der Schweizerischen Volkspartei, Marcel Dettling, spricht sich für ein Nein aus:

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