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«Super Tuesday»: Heisse Phase im US-Vorwahlkampf

Der Weg ins Weisse Haus in Washington ist weit und steinig. Keystone Archive

Der Kampf um die Kandidatur für die US-Präsidentschaft steht mit den Vorwahlen vom "Super"-Dienstag vor einer entscheidenden Phase.

Im Zentrum stehen bei den Demokraten Hillary Clinton und Barack Obama, bei den Republikanern John McCain und Mitt Romney.

Der 5. Februar, der so genannte «Super Tuesday», ist der wichtigste Termin im bisherigen Vorwahlmarathon.

Mit den Vorwahlen wird eruiert, mit wem die Parteien zur Wahl um die Nachfolge von George W. Bush antreten, der sich nach zwei Amtszeiten nicht mehr bewerben darf.

Im Zentrum des Wahlkampfes stehen die Wirtschaft (Hypotheken-Krise, Rezessionsangst), die Gesundheitsversorgung, die Immigration und der Irak-Krieg.

Während sich die Positionen der Kandidaten innerhalb der Parteien nur wenig unterscheiden, klaffen sie zwischen Demokraten und Republikanern weit auseinander. Beim Irak-Krieg, aber auch bei Wirtschafts- und anderen Fragen.

«Ob der Super Tuesday Klarheit bringen wird, ist offen, das Überraschungsmoment bleibt gross», erklärt Alfred Defago, ehemaliger Schweizer Botschafter in Washington, gegenüber swissinfo.

«Den letzten Tagen fehlte es nicht an Dramatik», sagt Defago, angesprochen auf die Ausdünnung des Kandidatenfeldes und die Unterstützung für Obama durch Senator Ted Kennedy und seine Nichte Caroline Kennedy.

Kampf um Delegiertenstimmen

Am «Super Tuesday» werden in über 20 Staaten Vorwahlen abgehalten. Von Kalifornien bis New York, von Alaska bis Alabama, quer durch das Land wird gewählt.

Bei den Vorwahlen geht es für die Kandidaten darum, die Stimmen von Delegierten zu gewinnen. Denn die Nomination der Kandidaten für das Rennen ums Weisse Haus erfolgt durch die Delegierten auf Parteitagen Ende August (Demokraten) und Anfang September (Republikaner).

Geschrumpftes Kandidatenfeld

Bei den Demokraten sind nach dem Ausstieg des früheren Senators John Edwards nur noch Senatorin Hillary Clinton und Senator Barack Obama im Rennen. Hier geht es darum, ob Erfahrung (Clinton) oder Wandel (Obama) mehr punkten wird.

Und bei den Republikanern geht es nach dem Ausscheiden des ehemaligen New Yorker Bürgermeisters Rudy Giuliani praktisch nur noch um einen Kampf zwischen Senator John McCain und Mitt Romney, dem Ex-Gouverneur von Massachussetts. Hier wird vor allem darum gestritten, wer von beiden der echtere Konservative sei.

Mike Huckabee und Ron Paul sind zwar noch im Rennen, doch Chancen werden ihnen keine eingeräumt.

Kopf-an-Kopf-Rennen

Ob es am Dienstag im Duell Clinton-Obama zu einem Vorentscheid kommt, ist offen. Gemäss letzten Umfragen liefern sich Clinton und Obama in verschiedenen Staaten wie etwa in Kalifornien ein Kopf-an-Kopf-Rennen.

In seinem Heimatstaat Illinois kann Obama auf einen Sieg hoffen, auch in Georgia, wo viele Schwarze wählen gehen dürften. Um mit Hillary Clinton national mithalten zu können, müsste Obama aber auch deutlich mehr weisse Stimmen erhalten.

Den Ausschlag geben könnten bisherige Edwards-Anhänger. Er hatte sich als Anwalt der Armen präsentiert, einer Wählergruppe, die bisher vor allem Clinton unterstützte. Edwards gab keine Wahl-Empfehlung ab.

Rennen gegen die Zeit

«Die Frage ist, ob es Obama gelingt, bis Dienstag noch Terrain gut zu machen und eine Trendwende einzuleiten. Es ist ein Rennen gegen die Zeit», sagt Defago.

Von den Programmen her unterscheiden sich Clinton und Obama nur gering. «Clinton verfügt über ein sehr solides Wissen und grosse Dossier-Kenntnis. In Sachfragen ist sie konkreter und deshalb überzeugender als Obama.»

Doch Obama habe den Bonus des Visionärs. Es gelinge ihm, Hoffnungen zu wecken auf einen Wandel, auf einen Ausstieg aus dem Washingtoner Hickhack.

Bei vielen Menschen herrscht ein Verlangen nach einem Kurswechsel. Obama sei eine Antwort auf diesen Trend. «Er hat Charisma, das spürt man überall, wo er auftritt», so Delfago.

Nicht unterschätzen dürfe man die Frage der Wählbarkeit. Hier habe Hillary Clinton ein Handicap. Die Frage sei mit Auftritten ihres Gatten in den letzten Wochen erneut zu Tage getreten. Die Clintons seien ein polarisierendes Paar. Viele Leute hätten Angst vor einer Doppelpräsidentschaft.

Die Mühen der Republikaner

Wie der Zweikampf McCain-Romney ausgehen wird, ist ebenfalls offen. Dem Vietnam-Veteranen und Aussenpolitiker McCain werden aber zunehmend bessere Chancen eingeräumt.

«Die Republikaner sind in einem desolaten Zustand», sagt Defago. Die Reagan-Koalition, die drei Flügel – christlich-konservativ, wirtschafts-konservativ und konservativ in Militär- und Sicherheitsfragen -, die dieser zusammengeschweisst hatte, sei brüchig geworden.

Huckabee, Romney und McCain vertreten je einen dieser Flügel. Wer immer das Rennen mache, werde dann Skeptiker in den eigenen Reihen überzeugen müssen.

Romney sei in Wirtschaftsfragen überzeugender, habe aber den Ruf eines Wendehalses und Taktierers. Und McCain sei vielen ein Dorn im Auge wegen seiner nicht immer linientreuen Politik.

swissinfo, Rita Emch, New York

Die Idee hinter dem US-Wahlsystem ist es, dass die Wähler und Wählerinnen in den einzelnen Staaten mitentscheiden können, wer als Präsidentschafts-Kandidat antreten wird. Wie die Delegiertenstimmen verteilt werden, ist von Staat zu Staat verschieden.

Die Anzahl der Delegierten hängt von der Bevölkerungszahl ab; die bevölkerungsreichen Staaten entsenden die meisten Delegierten.

Bei den Demokraten geschieht das grundsätzlich nach dem Proporz-System. Bei den Republikanern hingegen erhält der Kandidat mit den meisten Stimmen zum grossen Teil alle Delegierten. Zudem gibt es bei beiden Parteien unverpflichete Delegierte – darunter Parteigrössen, Parlamentsabgeordnete und sonstige ehemalige und amtierende Politiker.

Wahltag ist am 4. November. Wobei auch hier wieder Delegierte gewählt werden. Das bedeutet: Der Kandidat mit den meisten Stimmen wird nicht unbedingt der nächste Präsident.

Wie im Jahr 2000, als Al Gore gegen George W. Bush verlor. Bush hatte weniger Wahlstimmen erhalten, aber 271 der Wahlmänner, Gore war auf 266 Wahlmänner gekommen.

Delegierten-Stimmen aus den bisherigen Vorwahlen:
Demokraten:
Hillary Clinton: 257
Barack Obama: 187
Total Delegierte: 4049
Mindestzahl für Nominierung: 2025
Republikaner:
John McCain: 93
Mitt Romney: 59
Mike Huckabee: 40
Ron Paul: 4
Total Delegierte: 2380
Mindestzahl für Nominierung:1191

Alfred Defago ist Gastprofessor für internationale Beziehungen an der University of Wisconsin-Madison und der Florida Atlantic University.

Von 1997 bis 2001 war Defago Schweizer Botschafter in Washington. Zuvor war er von 1994 bis 1997 Generalkonsul der Schweiz in New York.

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