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swisspeace 20 Jahre im Friedensdienst

Weltweit anerkannt: Laurent Goetschel und swisspeace-Mitabreitende. swissinfo.ch

Die Stiftung swisspeace hat sich seit der Gründung 1988 in der Friedensarbeit einen hervorragenden Ruf geschaffen. Forschung und Beratung verbinden, lautet das Motto von Direktor Laurent Goetschel.

1988, ein Jahr vor dem Fall der Berliner Mauer, galten die Gründungsmitglieder der Schweizerischen Friedensstiftung bei Exponenten des bürgerlichen Lagers als Maulwürfe des Kremls.

Die Zeiten und der Name der Organisation haben sich geändert. Goetschel und seine rund 30 Mitarbeitenden sind heute weltweit anerkannt als Spezialisten in Sachen Frieden. Sowohl was die Forschung angeht, als auch die Beratung.

swissinfo: Barack Obama heisst der neue US-Präsident, die Bush-Ära ist zu Ende. Was bedeutet der Wechsel im Weissen Haus für den Weltfrieden?

Laurent Goetschel: Er wird sich nicht sofort auswirken. Mittelfristig aber werden sich die USA wieder multilateraler verhalten und sich eher mit anderen Ländern absprechen. Ich hoffe, sie werden Ziele verfolgen, die wieder von mehr Staaten geteilt werden.

swissinfo: Vor 20 Jahren wurden Friedensforscher in der Schweiz noch als Handlanger Moskaus diffamiert. Was tut der Friedensforscher heute?

L.G.: Zum einen beraten wir Akteure in der zivilen Friedensförderung. In der Schweiz arbeiten wir primär mit dem Aussenministerium und nichtstaatlichen Entwicklungsorganisationen zusammen, im Ausland mit Entwicklungsagenturen und Stiftungen.

Wir betreiben aber auch Grundlagenforschung, indem wir versuchen, die Bedingungen von Frieden zu erarbeiten. Insbesondere für Gesellschaften, die uns weniger bekannt sind wie jene in Afrika und Asien. Dort wird unter friedlichem Zusammenleben teilweise etwas anderes verstanden als bei uns.

swissinfo: Gegen die Schaffung einer Friedensstiftung herrschte gerade im damaligen Militärdepartement grosse Skepsis, weil es die «Friedenshoheit» für sich reklamierte. Wie sieht das Verhältnis heute aus?

L.G.: Eigentlich viel besser. Wir arbeiten punktuell zusammen, etwa in Ausbildungslehrgängen für Friedensförderungseinsätze, wo wir Gesichtspunkte der Zivilgesellschaft einbringen. Erarbeitet das VBS Konzeptpapiere, tauschen wir uns inhaltlich aus. Ich wünsche mir und denke auch, dass wir in Zukunft enger zusammenarbeiten werden.

swissinfo: Die Zahlen der Konflikte und Opfer haben in den letzten Jahren abgenommen. Die mediale Wahrnehmung ist aber eine andere, Stichwort Afrika. Welche Sicht stimmt?

L.G.: Über solche Zahlen kann mal lange diskutieren. Letztendlich ist es eine etwas makabere Debatte: Auch wenn die Opfer weniger geworden sind, gibt es immer noch viel zu viele. Es kommt auf die Zählweise an. Berücksichtigt man nur Opfer, die auf einem Schlachtfeld gefallen sind? Deren Zahl hat übrigens abgenommen, weil Kriege heute in anderen Formen und Intensitäten ausgetragen werden. Oder zählt man auch indirekte Opfer, die infolge von Gesundheits- oder anderen humanitären Problemen zu beklagen sind, die mit Gewaltkonflikten zusammenhängen?

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swissinfo: Krieg ist nur eine Form von Gewaltkonflikten. Ist auch die Arbeit der Friedensspezialisten komplexer geworden?

L.G.: Sie ist vielseitiger geworden. Wir haben einerseits eine Rolle als Berater und Begleiter, bei konkreten Friedensaktionen teilweise sogar als Unterstützer. Andererseits wollen wir kritisch bleiben und Distanz wahren. Wir wollen uns selbst hinterfragen, aber auch die Politik unserer Partner. Es ist nicht immer einfach, diese Rollen auseinander zu halten respektive konstruktiv zusammen zu bringen.

swissinfo: Wenn Sie zurück blicken, sehen Sie auch Fehler?

L.G.: Im letzten Frühling mussten wir das Projekt FAST, das wir vor zehn Jahren als Instrument der politischen Früherkennung von Konflikten aufgebaut hatten, aus Geldmangel einstellen. Es ist uns nicht gelungen, die Produkte, die wissenschaftlich grosse Anerkennung gefunden hatten, auch für Praktiker sinnvoll nutzbar zu machen.

swissinfo: swisspeace erntet Lob und Respekt von allen Seiten, ist aber in der Schweizer Öffentlichkeit kaum präsent. Spricht swisspeace zu wenig über seine guten Taten?

L.G.: Darüber kann man nie genug sprechen. Es ist aber nicht unsere erste Priorität. Unsere Kommunikation ist nur mit 150 Stellenprozenten ausgestattet, wir können uns schlicht nicht mehr leisten.

Wir veröffentlichen Jahresberichte, pflegen unseren Webauftritt und verschicken einen elektronischen Newsletter. Unsere Informationen richten sich in erster Linie an eine interessierte Öffentlichkeit.

Wir sind keine politisch-aktivistische Organisation, die zu jedem Weltgeschehen sofort Position bezieht. Wir verstehen uns als Zentrum von Expertise, das pragmatisch und sachbezogen Inhalte vermittelt. Deshalb ist es schwieriger, dauernd in der Öffentlichkeit präsent zu sein.

swissinfo: Wenn Sie in die Zukunft blicken – sehen Sie neue Schwerpunkte für swisspeace?

L.G.: Das ist eine sehr schwierige, zugleich vielleicht aber die wichtigste Frage. Wir versuchen, Themen zu erarbeiten und weiter zu entwickeln, von denen wir denken, dass sie künftig an Bedeutung gewinnen, etwa die Rolle der Vergangenheitsbewältigung nach Gewaltkonflikten oder diejenige von wirtschaftlichen Akteuren in Konflikten.

Dazu gehören auch neue Formen von Vermittlung und Mediation, wo unterschiedliche staatliche und nichtstaatliche Akteure synergetisch zusammenarbeiten. Es geht auch um Fragen nach neuen Formen von Staatlichkeit, gerade in afrikanischen Ländern. Wir neigen viel zu sehr dazu, von einem fragilen oder abwesenden Staat auszugehen. Dabei ist der Staat präsent, aber in anderer politischer Form, als wir dies gewohnt sind.

swissinfo-Interview, Renat Künzi

Das Thema Neue Herausforderungen in der Friedensförderung stand im Zentrum der Jahreskonferenz von swisspeace, an der Anfang Woche in Bern rund 200 internationale Expertinnen und Experten teilnahmen.

Auseinanderfallende Staaten, die zunehmende Rolle privater Akteure und das organisierte Verbrechen erfordern neue Lösungsansätze in Gewaltkonflikten.

Zivilgesellschaftliche Organisationen und Wirtschaftsunternehmen spielen vor und nach Gewaltkonflikten eine zentrale Rolle in der Friedensförderung, lautete ein Fazit an der Tagung.

Sie sollten deshalb bereits in die Friedensverhandlungen einbezogen werden und danach in den nachhaltigen Wiederaufbau kriegsgeschädigter Gesellschaften

Das unabhängige Forschungsinstitut mit Sitz in Bern berät die Schweizer Regierung und nicht-staatliche Akteure zu Fragen ziviler Friedensförderung.

Dazu schuf swisspeace 2001 den friedenspolitischen Think Tank KOFF (Kompetenzzentrum Friedensförderung).

Die Spezialisten arbeiten zudem mit Universitäten und Hochschulen im Bereich in Lehre und Forschung zusammen.

An der Universität Basel ist swisspeace am Nachdiplomstudiengang «Konfliktanalysen und Konfliktbewältigung» beteiligt.

swisspeace ist in Osteuropa, Afrika, dem Nahen Osten, Asien und Mittelamerika tätig.

Die Stiftung ist wesentlich beteiligt, dass sich Friedensforschung heute als anerkannte Wissenschaftsdiziplin etabliert hat.

Der swisspeace-Direktor ist Professor für Politikwissenschaft am Europainstitut der Universität Basel.

Er leitet zudem die Arbeitsgruppe «Governance and Conflict» im Rahmen des Nationalen Forschungsschwerpunktes «Mitigating Syndromes of Global Change» (NCCR North-South).

Er war auch Leiter des Nationalen Forschungsprogramms «Schweizerische Aussenpolitik» (NFP 42).

Zuvor war Goetschel persönlicher Mitarbeiter von Bundesrätin Micheline Calmy-Rey.

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