Tessiner Gastgewerbe: Rauchen verboten
Das Rauchen in Restaurants, Bars, Hotels wird verboten. Dies hat die Tessiner Bevölkerung mit einer Mehrheit von 79,1% beschlossen.
Die geplanten Sparmassnahmen im Sozial- und Erziehungswesen wurden eher überraschend im Verhältnis zwei zu eins abgelehnt.
Das Tessin erlässt als erster Kanton ein Rauchverbot für Restaurants, Bars, Cafés und Diskotheken. Mit 90’384 zu 23’945 Stimmen haben die Stimmbürger am Sonntag eine Änderung des kantonalen Gaststätten-Gesetzes bewilligt.
Ziel der Massnahme ist ein Schutz der Nichtraucher vor dem Passivrauchen. Zur Abstimmung war es gekommen, weil die populistische Lega dei Ticinesi gegen das im Oktober vom Grossen Rat verabschiedete Rauchverbot erfolgreich das Referendum lanciert hatte.
Die Gegner monierten, dass der Staat ständig neue Gesetze erlasse, welche die individuelle Freiheit einschränken würden. Sie warben mit dem Slogan «Verbote gefährden die Gesundheit» für ein «Nein» an der Urne.
Italien kann positive Erfahrungen vorweisen
Dass sich mit diesem Anliegen keine Mehrheit finden liess, hängt vorab mit den positiven Erfahrungen zusammen, die im benachbarten Italien gemacht worden sind. Dort ist das Rauchen in den Gaststätten seit dem 1. Januar 2005 verboten.
Das italienische Gesundheitsministerium zog nach zwölf Monaten Rauchverbot folgende Bilanz: Rund 500’000 Personen haben mit dem Rauchen aufgehört; es wurden 5,7% weniger Zigaretten verkauft; 90% der Bevölkerung finden das Rauchverbot gut, und 9,6% gehen mittlerweile häufiger als früher in Restaurants.
Ein Fall für das Bundesgericht?
Vor diesem Hintergrund erstaunt es nicht, dass die Mehrheit der Tessiner Gastwirte das Rauchverbot begrüsst. Das modifizierte Gaststättengesetz – das im übrigen die Schaffung von räumlich abgetrennten und speziell belüfteten «Fumoirs» erlaubt – tritt voraussichtlich in einem Jahr in Kraft.
Abzuwarten bleibt, ob die Gegner das Bundesgericht anrufen werden, weil das Rauchverbot ihrer Meinung nach verfassungswidrig ist. Lega-Präsident Giuliano Bignasca hatte zudem gedroht, dass man notfalls eine Initiative lancieren werde, um das Gaststättengesetz komplett abzuschaffen.
Herber Rückschlag für die Regierung
Mit 72’843 zu 39’390 Stimmen lehnten die Tessiner überdies die geplanten Sparmassnahmen im Sozial- und Erziehungswesen überraschend deutlich ab.
Nach dem Willen von Staatsrat und Kantonsparlament hätten die staatlichen Zuwendungen an Spitäler, Spitex, Altersheime, Schulen und Kindergärten in diesem und im nächsten Jahr bloss noch um ein halbes Prozent anwachsen dürfen.
Die Linke hatte gegen dieses Dekret erfolgreich das Referendum lanciert. Das Komitee «SOS Sozialwesen» kritisierte, dass es sich nicht um eine Ausgabenbremse, sondern um Sparmassnahmen in der Höhe von knapp 40 Mio. Franken handle.
Denkzettel für Marina Masoni
Das «Nein» des Volkes bedeutet vorab für die wegen einer Steueraffäre in die Kritik geratene Finanzdirektorin Marina Masoni von der Freisinnig-Demokratischen Partei (FDP) einen Denkzettel.
Nach Meinung der Linken sind die Haushaltsdefizite des Kantons eine Folge der Steuergeschenke, für die sich in den letzten Jahren vor allem Masoni stark gemacht hat.
swissinfo und Agenturen
Seit Jahren wird in der Schweiz über Rauchverbote und den Schutz von Passivrauchern diskutiert.
Kürzlich erst ist das Rauchen in den Zügen der SBB abgeschafft worden.
Im nationalen Parlament wird über eine parlamentarische Initiative zu einem besseren Schutz vor Passivrauch diskutiert.
Graubünden hat ein Tabakwerbe-Verbot erlassen und im Baselland darf im Parlaments-Gebäude nicht mehr geraucht werden.
Im Kanton Bern hingegen wurde das Rauchverbot in Gaststätten knapp abgelehnt.
Auch im Kanton St. Gallen wurde darauf verzichtet, ein generelles Rauchverbot in Restaurants und Hotels einzuführen.
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