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UBS-Staatsvertrag unter Dach und Fach

Hat auch das Parlament in Bedrägnis gebracht: die UBS. Keystone

Der UBS-Staatsvertrag ist unter Dach. Nach langem Ringen haben sich National- und Ständerat am Donnerstag in der letzten offenen Frage geeinigt: Es wird keine Volksabstimmung geben.

Nach dem Ständerat stimmte auch der Nationalrat gegen das fakultative Referendum, mit 81 zu 63 Stimmen bei 47 Enthaltungen.

Beide Räte folgten damit dem Antrag der Einigungskonferenz. Diese war eingesetzt worden, weil sich die Räte in der Referendumsfrage nicht hatten einigen können.

Es war die Schweizerische Volkspartei (SVP), die dem Staatsvertrag zum Durchbruch verhalf. Sie machte am Ende auch bei der Referendumsfrage eine Kehrtwende.

Die SVP bedaure, dass sich das Volk nicht äussern könne, sagte Caspar Baader. Sie werde aber deswegen den Staatsvertrag nicht scheitern lassen. «Das Referendum war für uns nie eine Bedingung», hielt Baader fest.

«Abzockerschutztruppe»

Die Linke blieb bei ihrer Haltung und rief den Rat dazu auf, den Antrag der Einigungskonferenz abzulehnen und auf dem fakultativen Referendum zu beharren. Dies deshalb, weil das Parlament den Staatsvertrag nicht mit Massnahmen zur Banken- und Boni-Regulierung verknüpft hatte.

Aufgabe der Politik sei es nicht, ständig im Nachhinein Schaden zu beheben, sondern künftigen Schaden zu verhindern, sagte die Sozialdemokratin Susanne Leutenegger Oberholzer.

Die Parteien des bürgerlichen Blocks hätten «als verlängerter Arm des Paradeplatzes» agiert und sich als «Abzockerschutztruppe» entlarvt.

Hätte der Nationalrat bei der Referendumsfrage nicht eingelenkt, wäre dies das Aus für den Staatsvertrag gewesen.

Beim Staatsvertrag geht es um Amtshilfe im Zusammenhang mit 4450 UBS-Konten. Nach dem Ja des Parlaments kann die Schweiz den USA nun in diesen Fällen Amtshilfe leisten – und zwar nicht nur bei Steuerbetrug, sondern auch bei schwerer Steuerhinterziehung.

Aufatmen bei der Wirtschaft

Mit Erleichterung hat die Wirtschaft auf den im Parlament nach diversen Manövern am Donnerstag durchgewunkenen UBS-Staatsvertrag reagiert. Für Bankenkritiker löst der Vertrag allerdings vieles nicht.

Die Urheberin des Ganzen, die Grossbank UBS, «begrüsste» den Entscheid. Er sei «ein wichtiger Schritt, um auf Regierungsebene eine Lösung zu erzielen», schrieb die UBS am Donnerstag in einem Communiqué.

Seitens der Branche begrüsste die Schweizerische Bankiervereinigung (SBVg), dass das fakultative Referendum vom Tisch ist. Sein Verband sei erfreut, sagte Mediensprecher Jean-Marc Felix. Der Verzicht auf das Referendum sei durchaus gerechtfertigt, handle es sich beim Staatsvertrag doch um einen Einzelfall. Nun könne er in den gesetzten Fristen erfüllt werden.

Der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse attestierte, das Parlament habe die Tragweite des Abkommens erkannt. So würden weitere Rechts- und Steuerhändel mit den USA verhindert.

«Erleichtert und glücklich», zeigte sich Martin Naville, Direktor der Handelskammer Schweiz-USA. Er hob die enorme wirtschaftliche Bedeutung der USA für die Schweiz hervor.

Weitaus kritischere Töne schlug André Rothenbühler an, Co- Geschäftsleiter bei der bankenkritischen Aktion Finanzplatz Schweiz. Vielleicht sei im Interesse der Schadensbegrenzung keine andere Wahl geblieben. Die getroffene Lösung entspreche aber der sprichwörtlichen Katze im Sack.

Amtshilfeverfahren auf Kurs

Bereits vor dem Ja zum UBS-Staatsvertrag hat die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) 500 UBS-Kontodaten an die USA ausgehändigt. Dies war möglich, weil die betroffenen UBS-Kunden ihr Einverständnis gegeben hatten.

Nach dem Ja des Parlaments können nun weitere 1200 Kundendossiers den US-Justizbehörden übergeben werden, wie das Eidg. Polizei- und Justizdepartement (EJPD) am Donnerstag mitteilte. Für diese Fälle seien die Einsprachefristen bereits abgelaufen.

Die Bundesbehörden drücken bei der Prüfung der Kundendaten aufs Tempo, damit die Frist bis Ende August eingehalten werden kann. Die ESTV muss für jeden einzelnen Fall abklären, ob die Voraussetzungen für die Amtshilfe erfüllt sind.

Aus Zeitgründen bearbeitet die ESTV die von den USA geforderten 4450 UBS-Konten bereits seit Ende März nach den neuen Richtlinien. Der Bundesrat hatte beschlossen, das Abkommen vorläufig anzuwenden.

Herausgeben durfte die ESTV bis anhin aber nur Daten von Kunden, die sich damit einverstanden erklärten. Bei allen anderen Fällen mussten die Behörden den Parlamentsentscheid abwarten. Weiter gilt für jedes Verfahren eine 30-tägige Einsprachefrist.

Momentan läuft die Einsprachefrist für 1050 Fälle. Somit verbleiben noch rund 1500 UBS-Konten, welche die ESTV prüfen muss. Auch diese würden bereits bearbeitet, schreibt das EJPD. Die Umsetzung des Amtshilfegesuches sei «auf Kurs».

swissinfo.ch und Agenturen

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