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Umstrittene Bundes-Erbschaftssteuer

Finanzminister Villigers Spar-Vorschläge sorgten reihum für Stirnrunzeln. Keystone

Zusätzliches Sparpaket oder neue Steuern: Kann Finanzminister Villiger die angespannte Finanzlage des Bundes entschärfen?

Mit der Idee einer eidgenössischen Erbschaftssteuer löst er Protest bei den Bürgerlichen aus. Die Linke hingegen lehnt das Sparpaket über 3,5 Mrd. Franken ab.

Die Landesregierung hat ihre Sanierungsstrategie schon wieder überprüfen müssen. Dies vor allem deshalb, weil eine Kommission des Nationalrates den Aufschub der Steuererleichterungen für Familien verhindert hat. Dazu kamen neuerdings Forderungen bürgerlicher Parteien, das Sparpaket auf 3,5 oder gar 5 Milliarden aufzustocken.

Reine Sparlösung favorisiert

Einsparungen von 5 Milliarden und mehr seien unrealistisch, sagte Finanzminister Kaspar Villiger am Freitag vor den Medien. Der Bundesrat habe aber ein Zusatzprogramm von 1,5 Milliarden beschlossen. Dabei neige er “zur reinen Sparlösung”, die alle Bereiche treffen werde und in einigen Gebieten zu einem nominalen Ausgabenabbau führen könnte.

Einen Eingriff in “vitale” Bereiche will der Bundesrat allerdings vermeiden. Als Alternative bereitet er darum ein Einnahmenszenario vor. Villiger kann sich vorstellen, den Entscheid dem Volk zu überlassen: Sagt der Souverän Ja zu höheren Steuern, fällt das Zusatz-Sparpaket weg. Sagt es Nein, “wird die Sparrakete II gezündet”.

Ein linkes Postulat

Als einfachste Lösung erwägt der Bundesrat eine Erhöhung der Mehrwertsteuer. Dabei würde für 1,5 Milliarden Franken ein halber Prozentpunkt genügen. Der Bundesrat prüft aber auch eine eidgenössische Erbschaftssteuer, in der er Vorteile bezüglich Steuergerechtigkeit, Chancengleichheit und Wachstumsverträglichkeit sieht.

Die Bundes-Erbschaftssteuer – bis anhin ein Postulat der Linken – würde die vielerorts abgeschafften kantonalen Erbschaftssteuern ersetzen, weshalb die Kantone zu beteiligen wären. Bei einem Höchstsatz von 5 Prozent für direkte Nachkommen und einem beträchtlichen Freibetrag würden auch hier 1,5 Milliarden für den Bund zusammenkommen.

Schuldenbremse bereitet Bauchweh

Zu den Steuervorlagen hätten in jedem Fall Volk und Stände das letzte Wort. Der Bundesrat will sein ergänztes Entlastungsprogramm im Sommer den Räten zuleiten. Gleichzeitig will er dem Parlament eine Gesetzesänderung unterbreiten, die eine flexiblere Handhabung der seit Anfang dieses Jahres eingeführten Schuldenbremse erlaubt.

Laut Schuldenbremse müssen sich die Ausgaben nach den Einnahmen richten. Dabei werden sie um einen Faktor korrigiert, der bei schwacher Konjunktur Defizite erlaubt. Dies bereitet nun Probleme, weil ein Grossteil des Defizits von drei Milliarden noch immer strukturell bedingt ist. Das Gesetz soll es deshalb ermöglichen, die strukturellen Defizite über mehrere Jahre hinweg abzubauen.

Umstritten von allen Seiten

Das von Finanzminister Villiger aufgestockte Sparpaket ist bezüglich Umfang und Finanzierung umstritten. Eine höhere Mehrwertsteuer wird durchwegs abgelehnt, und die Idee einer Bundeserbschaftssteuer gefällt nur der SP. Die CVP spricht von “Konjunktur-Killer”. Nötig sei eine umfassende Verzichtsplanung und eine verwaltungsreform. Sonst werde der Finanzminister zum “Arbeitslosenminister”. Die SVP hingegen sieht 5,7 Milliarden Franken Sparpotenzial.

Einzig die FDP begrüsste den Umfang des Sparpakets von 3,5 Millliarden Franken, sagte aber im gleichen Atemzug jeglichen Steuererhöhungen den Kampf an.

Kantone gegen Erbschaftssteuer

Die Kantone lehnen eine nationale Erbschaftssteuer ab. Die Konferenz der kantonalen Finanzdirektoren (FDK) erinnerte daran, dass mehrere Kantone die Erbschaftssteuer für direkte Nachkommen in Volksabstimmungen bereits klar abgeschafft hätten. Die Pläne des Bundesrats seien deshalb wohl eher ein politisches Manöver, um das Sparen schmackhaft zu machen.

Ähnliche Stossrichtung von Wirtschaft und Gewerkschaften

Der Wirtschaftdachverband economiesuisse forderte ebenfalls weniger Ausgaben statt mehr Einnahmen und ist entsprechend gegen Steuererhöhungen.

“Indiskutabel” ist die Erhöhung der Mehrwertsteuer auch für den Schweizerischen Gewerkschaftsbund (SGB). Vielmehr müsse die neue Familienbesteuerung zurückgestellt werden. Prüfenswert hält der SGB aus Gerechtigkeitsgründen die Erhöhung der Erbschaftssteuer. Der Mischindex bei der AHV dürfe aber nicht angetastet werden. Um die Krise nicht zu verschärfen, dürften die Sparmassnahmen zudem erst 2005 oder 2006 wirksam werden.

swissinfo und Agenturen

– Der Bundesrat erachtet weitere 1,5 Mrd. Fr. als Zusatz-Sparpaket für erforderlich.

– Das Zusatzprogramm kompensiert den abgelehnten Aufschub der Familien-Besteuerung.

– Als Alternative zum Zusatz-Sparprogramm bringt der Bundesrat eine Bundes-Erbschafts- und Schenkungs-Steuer zur Debatte.

– Auch die Erhöhung der Mehrwertsteuer wird als Option angesehen.

– Die Linke kann sich eher mit der Erbschaftssteuer anfreunden, die Bürgerlichen möchten die Ausgaben senken.

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