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UNO-Auszeichnung für Zürcher E-Voting

Keystone

Das elektronische Abstimmungssystem des Kantons Zürich ist mit dem Public Service Award 2007 der Vereinten Nationen ausgezeichnet worden.

Das Pilotprojekt E-Voting wurde 2002 in Zusammenarbeit mit dem Bund und den Kantonen Genf und Neuenburg lanciert und im letzten Jahr abgeschlossen.

Ein einsatzfähiges E-Voting-System muss die elektronische Stimmabgabe bei Wahlen und Abstimmungen direkt von zu Hause oder unterwegs ermöglichen. Die Behörden hoffen, damit neue Bevölkerungsschichten dazu zu bringen, ihre Stimme abzugeben.

Der Zürcher Regierungsrat Markus Notter nimmt am 26. Juni in Wien den Public Service Award für «exzellente Leistungen im Namen des öffentlichen Interesses» entgegen.

Zürcher «Luxus-System»

Der Verantwortliche des Zürcher Projekts, Giampiero Beroggi, bezeichnet das Zürcher System als Deluxe-Lösung, welche offenbar auch die UNO-Jury überzeugte. Es unterscheide sich in drei Punkten von seinen beiden Konkurrenten aus der Westschweiz.

«Erstens bewältigt es nicht nur Eingaben aus dem Internet sondern auch per Mobiltelefon via SMS oder durch interaktives Fernsehen», erklärt Beroggi gegenüber swissinfo. «Zweitens ist es mandantenfähig; das heisst, wir können beliebige andere Kantone, Organisationen oder Länder aufschalten.»

So werden auch die Studienratswahlen an der Universität Zürich mit diesem System durchgeführt.

Als dritten Unterschied nennt Beroggi die Integration von Kantonen mit dezentralen Stimmregistern wie Bern oder Zürich. Dort führen die Gemeinden die Einwohner- und Stimmregister. «Unser System holt sich bei allen 171 Zürcher Gemeinden die Daten der Stimmberechtigten», so Beroggi.

Temporäre Einschränkungen

Im Kanton Zürich könnten bereits heute alle Gemeinden bei der elektronischen Stimmabgabe mitmachen. Dies verhindert jedoch die Bundeskanzlei. Sie gibt momentan eine Obergrenze von 10% der Stimmberechtigten an, die am E-Voting teilnehmen können.

Die Überlegung dahinter: Funktioniert das elektronische System nicht richtig, würden diese 10% den Ausgang einer Abstimmung oder Wahl nicht so stark beeinflussen.

«Die 10%-Grenze bleibt sicher noch 3 bis 4 Jahre in Kraft. Nach dessen Aufhebung werden sicher auch andere Kantone einen solchen Service anbieten», so Beroggi

Abstimmen auch aus den Ferien

Kann man künftig auch am Karibikstrand via SMS seine Pflicht als Stimmbürger erfüllen?

«Mit dem Internet gibt es keine Sicherheitsbedenken. Man bekommt einen Stimmrechtsausweis, mit einer Münze rubbelt man den Code frei und in Kombination mit dem Geburtsdatum kann man sich eindeutig identifizieren», erklärt Beroggi. Die Verschlüsselung sei eine einwandfreie Sicherheitsmassnahme.

Bei SMS müsse man jedoch Spezialverträge abschliessen und technische Lösungen mit den Anbietern definieren. «Mit den drei Schweizer Anbietern haben wir das gemacht.»

Wollte man nun auch vom Ausland mit SMS abstimmen, müsste man dies mit den entsprechenden Mobiltelefonie-Anbietern auch regeln – ein schwieriges Vorhaben.

Im Kanton Zürich wurde zudem konstatiert, dass der grösste Teil der Abstimmenden das Internet nutzte und nur ein kleiner Teil den SMS-Service.

Und die Auslandschweizer?

Der Zürcher Projektverantwortliche Beroggi will sich nicht festlegen, wann in der Schweiz flächendeckend elektronisch abgestimmt und gewählt werden kann. «Das entscheidende Wort hat die Politik.»

Bei den Auslandschweizern hat der Ständerat bereits beschlossen, dass sie mitmachen dürfen. Das Geschäft muss nun noch den Nationalrat passieren. «Man erwartet, dass 2009 die Auslandschweizer mitmachen können», gibt sich Beroggi optimistisch.

Es gehe jetzt noch darum, gewisse Ängste abzubauen, ähnlich wie vor der Einführung der brieflichen Stimmabgabe. «Digitale Technologie ist Teil unseres Lebens, sei es beim E-Banking oder eVoting. Und die Sicherheitsansprüche beim E-Voting sind höher.»

Beroggi erwartet, dass der öffentliche Druck die Sache schneller voranbringt: «Es ist zeitgerecht – es ist nicht die Technologie der Zukunft, sondern der Gegenwart.»

swissinfo, Etienne Strebel

Stimmabgabe, bei der die Stimmberechtigten mit Hilfe eines speziellen elektronischen Abstimmungs- und Wahlsystems abstimmen können.

Sie füllen einen «elektronischen Stimmzettel» aus und schicken ihn über ein Datennetz an das Abstimmungsbüro.

Die Kantone Genf, Zürich und Neuenburg führen zurzeit in Zusammenarbeit mit der Bundeskanzlei Versuche mit der elektronischen Stimmabgabe durch.

Dabei geht es vor allem darum, die Sicherheit des Verfahrens (Wahrung des Stimmgeheimnisses, Verhütung von Abstimmungsbetrug) zu gewährleisten.
(Quelle: die politischen Rechte im Bund)

Von 26. bis 29. Juni findet in Wien das 7. «Global Forum on Reinventing Government» statt, eine UNO-Konferenz, an der rund 2000 Teilnehmer aus aller Welt teilnehmen.

Bei dem Demokratiekongress geht es in erster Linie um das Thema «Building Trust in Government» (Vertauen in die Regierung bilden).

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