Visa-Affäre in Pakistan wird Chefsache
Beim Arbeitsbesuch von Micheline Calmy-Rey von Anfang Mai in Pakistan wird auch die Visa-Affäre zur Sprache kommen.
Die Behörden haben in Islamabad einen lokalen Botschafts-Mitarbeiter verhaftet. Er soll auch Schweizer Angestellte beschuldigt haben.
Die illegale Vergabe von Visa auf der Schweizer Botschaft in Pakistan kommt aufs Pult der Schweizer Aussenministerin: Beim offiziellen Arbeitsbesuch von Micheline Calmy-Rey von Anfang Mai in Islamabad wird auch die Visa-Affäre zur Sprache kommen.
Die Reise sei bereits seit längerer Zeit geplant, wie Carine Carey, Sprecherin des Schweizer Aussenministeriums, am Sonntag sagte. Wie am Freitag bekannt geworden war, ermitteln die pakistanischen Behörden wegen Menschenschmuggels. Ein pakistanischer Mitarbeiter befindet sich in Untersuchungshaft.
«Alter Bekannter»
Der Mitarbeiter steht unter Verdacht, Schweizer Visa verkauft zu haben, um Pakistanern die illegale Einreise nach Europa zu ermöglichen. Gemäss SonntagsZeitung sollen Reisewillige bis zu 8000 Franken für ein Visum in die Schweiz bezahlt haben.
Der Inhaftierte soll in Verhören angegeben haben, dass weitere Angestellte der Botschaft, darunter auch Schweizer, am illegalen Visa-Handel beteiligt gewesen seien, hiess es im Bericht.
Gegen den Mann waren bereits im vergangenen Februar Vorwürfe erhoben worden, er habe von Frauen Sex als Gegenleistung für ein Visum in die Schweiz verlangt.
Eidgenössische Abstimmungen: alles Wichtige während der Abstimmungsphase für Sie auf den Punkt gebracht. Abonnieren Sie unseren Newsletter.
Unter der Lupe
Das Eidgenössische Departement für Auswärtige Angelegenheiten (EDA) hat eine Administrativ-Untersuchung eröffnet. Diese soll prüfen, ob die Organisation der Schweizer Vertretung in Islamabad insbesondere im Bereich der Erteilung von Visa zweckmässig ist.
Gleichzeitig sollen alle Vorwürfe, die in Pakistan geäussert wurden, noch einmal sorgfältig geprüft werden. Bereits im März war ein Inspektor nach Islamabad gereist, um die Abläufe in der Botschaft zu prüfen.
Schon frühere Unregelmässigkeiten
Der Bericht des EDA-Inspektors habe gezeigt, dass es notwendig sei, die Situation in der Schweizer Botschaft genau zu durchleuchten, sagte Martin Dahinden, Chef der Direktion für Ressourcen und Aussennetz im EDA, in einem Interview der «SonntagsZeitung». Der Verdacht des Menschenschmuggels sei ihm neu.
Dass die pakistanische Bundespolizei gegen mehrere Diplomaten ermittle, entspreche nicht seinem Kenntnisstand, sagte Dahinden weiter. «Wir arbeiten mit pakistanischen Behörden zusammen», erklärte er.
Kein BA-Verfahren
Gemäss Dahinden ist auch die Schweizer Bundesanwaltschaft (BA) eingeschaltet. So habe am vergangenen 13. April ein Treffen mit BA-Vertretern stattgefunden. Diese seien zum Schluss gekommen, vorderhand kein Verfahren zu eröffnen.
Alle europäischen Länder müssten sich mit dem zunehmenden Migrationsdruck auseinandersetzen, wie der EDA-Mitarbeiter darlegte. Da bilde auch die Schweiz keine Ausnahme.
Die Kooperation im Schengener Rahmen sei wichtiger denn je. So brauche die Schweiz eine partnerschaftliche Zusammenarbeit mit den Ländern, aus denen Menschen nach Europa einreisen.
swissinfo und Agenturen
Februar: Berichte aus Pakistan, dass ein lokaler Mitarbeiter der Schweizer Botschaft von Frauen Sex verlangt haben soll, damit sie ein Visum erhielten.
März: Das EDA schickt einen Inspektor nach Islamabad.
April: Das Schweizer Aussenministerium eröffnet eine Untersuchung. Pakistanische Behörden geben an, dass sie in der Sache auch gegen Schweizer Mitarbeiter ermitteln. Delikt: Menschenhandel.
Jährlich erteilen die 141 Vertretungen der Schweiz im Ausland rund 500’000 Visa, die zur Einreise in die Schweiz berechtigen. Rund 40’000 Anträge werden abgelehnt.
Nach dem Beitritt der Schweiz zum Schengen-Raum 2008 wird ein Rückgang auf 400’000 Visa jährlich erwartet.
Die Schweiz untersucht gegenwärtig illegalen Visa-Handel in ihren Vertretungen in Oman, Peru, Russland, Nigeria, Serbien, Eritrea und Pakistan.
In Übereinstimmung mit den JTI-Standards
Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!
Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch