Volkspartei der «rassistischen» Kampagne bezichtigt
Die grösste Partei der Schweiz, die rechtsbürgerliche Schweizerische Volkspartei (SVP), ist wegen einer Kampagne gegen Ausländer erneut unter Beschuss geraten.
Der UNO-Sonderberichterstatter für Rassismus, Doudou Diène, fordert eine Stellungnahme vom Bundesrat. Grund ist die SVP-Kampagne mit weissen Schafen, die ein schwarzes aus der Schweiz bugsieren.
Dies gab Bundesrat Pascal Couchepin während seines traditionellen jährlichen Medientreffens am Donnerstag bekannt.
Die Landesregierung bereite nun eine Antwort darauf vor, betonte der Schweizer Innenminister.
Laut Couchepin müsse sich die Wahlbevölkerung ein eigenes Urteil über die Kampagne bilden und ihre Wahlentscheidung entsprechend fällen.
Der Brief der UNO war bereits vor drei Wochen an die Eidgenossenschaft geschickt worden und wurde auch vom UNO-Sonderberichterstatter für die Menschenrechte von Migranten, Jorge Bustamante, unterzeichnet.
In einem früheren Bericht Anfang Jahr hat Diène die Schweiz bereits einmal bezichtigt, rassistische Tendenzen zuzulassen. In einer Antwort hatte die Regierung erklärt, ihre Anstrengungen im Kampf gegen Rassismus und Diskriminierung zu verstärken.
Bundespräsidentin ekelt sich
Auch Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey übte am Mittwoch Kritik an der SVP-Kampagne mit dem schwarzen Schaf. «Ich denke, es ist wichtig, dass es in diesem Land Leute gibt, die den Mut haben, eine solche Kampagne zu verurteilen», sagte die Sozialdemokratin im Westschweizer Radio.
«Die Kampagne stösst mich ehrlich gesagt ab. Sie ekelt mich, weil sie den Hass schürt. Es ist eine rassistische Kampagne», betonte sie.
Die Kampagne unterstützt eine Volksinitiative der SVP, die am 1. August lanciert wurde, dem Nationalfeiertag der Schweiz. Dies auch im Vorfeld der Parlamentswahlen Ende Oktober.
Die SVP konnte bei den letzten Wahlen mit ähnlich scharfen Kampagnen 26,7% der Wählerstimmen auf sich vereinen. Jüngste Umfragen sagen der Partei einen ähnlich hohen Wähleranteil voraus.
Die Plakate, die in der ganzen Schweiz breit gestreut wurden, haben neben der UNO auch den Zorn der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus und des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebundes (SIG) auf sich gezogen.
SVP verteidigt sich
Roman Jäggi, Pressesprecher der SVP, wies die Kritik zurück und bezeichnete die Kampagne als «vollkommen fair». «Sie ist nicht rassistisch», betonte er gegenüber swissinfo. «Wir haben ein grosses Gewaltproblem speziell bei Jugendlichen, und kriminelle Ausländer sind ein grosser Faktor.»
Die Tatsache, dass Bundespräsidentin Calmy-Rey ein Plakat einer anderen Partei angreife, sei verwerflich, sagte Jäggi. Sie wolle damit nur Werbung für ihre Sozialdemokratische Partei (SP) machen.
Die Intervention von UNO-Sonderberichterstatter Diène sei «wertlos», so Jäggi weiter. Dieser sei ein Unruhestifter, der nie ein gutes Wort über die Schweiz sage.
Harte Linie
Diese harte Linie mit Ausländern ist laut Pascal Sciarini, Professor für Politikwissenschaft an der Universität Genf, neben der Ablehnung der Europäischen Union mit ein Grund für den Erfolg der SVP. Die Partei sei nun jedoch in dieser Strategie gefangen.
«Sie müssen das Feuer brennen lassen und immer mit neuen, härteren Ideen kommen», sagte er. Die Minarett-Initiative und jene gegen kriminelle Ausländer sind laut Sciarini Beweis dafür, dass die Partei eine härtere Linie fahren und das Heft in der Immigrations-Debatte nicht aus der Hand geben will.
«Sie werden intelligenter und subtiler und sind dann am Besten, wenn sie die Aufmerksamkeit der Medien wecken können», so der Politologe. «Sie polarisieren die Menschen immer mehr: Entweder man liebt oder hasst sie.»
Wahlvideo muss weg
Dass sie rechtlich in die Schranken gewiesen wird, passiert der SVP nicht zum ersten Mal. Erst am Mittwoch wurde sie gerichtlich gezwungen, ein Video für Wahlzwecke von ihrer Internetseite zu entfernen.
Unter dem Titel «Himmel oder Hölle», zeigt das Video einerseits Szenen von Jugendgewalt und Vergewaltigung mit Afrikanern und andererseits eine Folge von Ausschnitten einer Schweiz auf Postkarten.
SVP-Minister Christoph Blocher und seine Frau treten auf dem gleichen Video vor einer idyllischen Bergkulisse auf.
Nicht die Botschaft des Videos, die zwar in den Medien und in Internetblogs eine heftige Polemik ausgelöst hatte, ist aber der Grund für das Publikationsverbot.
Ausschlaggebend war eine Klage der jungen Leute, die auf dem Video zu sehen sind. Der von der SVP beauftragte Filmer hatte die jungen Leute im Glauben gelassen, dass der Film für eine Kampagne zur Gewaltprävention gedreht werde.
swissinfo, Adam Beaumont, Genf
(Übertragen und adaptiert aus dem Englischen: Christian Raaflaub)
14’106 Jugendliche (11’189 Jungen und 2917 Mädchen) wurden laut Bundesamt für Statistik 2005 wegen krimineller Handlungen verurteilt.
Seit 1999 sind dies 2000 Personen mehr.
62,7% der verurteilten Jugendlichen waren Schweizer.
Im November 2002 hat der damalige UNO-Hochkommissar für Flüchtlinge, Ruud Lubbers, die Volksinitiative der SVP gegen Asylrechtsmissbrauch verurteilt, die das Stimmvolk knapp mit 50,1% Nein ablehnte.
Vor den Parlamentswahlen im Oktober 2003 hat das in Genf ansässige UNO-Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR) die SVP angeschuldigt, sie schüre Vorurteile gegenüber Ausländern.
Laut der UNO-Agentur war gewisses Kampagnenmaterial der Partei das Schlimmste, was man in Europa gesehen habe.
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