Viele Hobbyschützen sehen ihre Freizeitbeschäftigung durch ein neues Waffengesetz in Gefahr. Das Sportschiessen ist eine der beliebtesten Sportarten in der Schweiz. Seine Wurzeln reichen bis ins späte Mittelalter zurück, aber vor allem im 19. Jahrhundert wurde das Schiessen zu einem wichtigen Teil der nationalen Identität.
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Ich bin ausgebildeter Historiker und gebürtiger Bündner und als Journalist interessieren mich vor allem politische und soziale Fragen.
Schweizer Schützen und Jäger befürchten, dass die Abstimmung vom 19. Mai über die europäische Waffenrichtlinie ihr Hobby gefährden könnte. Auch wenn Bern die Europäische Union von der Besonderheit ihrer Tradition überzeugen und Ausnahmen aushandeln konnte – besonders, was die Armeewaffen betrifft.
Weit verbreitete Leidenschaft
Alle, die je einen Spaziergang in der Schweiz gemacht haben, sind wahrscheinlich in der Nähe eines Schiessstands vorbeigekommen oder haben einen Zivilisten mit über die Schulter gehängtem Sturmgewehr angetroffen.
Viele Schweizerinnen und Schweizer sind leidenschaftliche Schützen. Allein in den Schützenvereinen sind rund 130’000 Personen registriert. Sie betrachten den sportlichen Einsatz von Schusswaffen als Teil der nationalen Tradition. Schliesslich soll der Nationalheld Wilhelm Tell der Legende nach die Schweizer durch einen gezielten Schuss vom Tyrannen Gessler befreit haben.
Tatsächlich hat das SchützenwesenExterner Link einen engen Bezug zur Gründung des modernen Schweizer Nationalstaats zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Ab der napoleonischen Zeit erlebten die Schützenvereine einen starken Zulauf. 1824 wurde in Aarau das erste Eidgenössische Schützenfest durchgeführt. In den folgenden Jahren wurden diese Feste und die Schützenvereine für die beginnende liberale Bewegung zu einem wichtigen geselligen Moment.
Nach dem Entstehen des Bundesstaats 1848 und der Einführung des obligatorischen Wehrdiensts –Armeeangehörige mussten auch ausserhalb der Dienstzeit obligatorische Schiessübungen absolvieren – entstanden überall im Land neue Schiessstände.
Vom Bürgersoldaten zum Freizeitschützen
Der (männliche) bewaffnete Bürger wurde zu einem konstitutiven Element der Identität des jungen liberalen Staats. Dieser übertrug den Schützenvereinen die Aufgabe, das obligatorische Schiessen für Soldaten zu organisieren. So entstand eine starke Verbindung zwischen der Militär- und der zivilen Waffenkultur.
Auch wenn in den letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts die für den Schweizer Republikanismus typische Identifikation zwischen Bürger und Soldat verschwunden ist, bleibt die Leidenschaft für Waffen in der Schweizer Gesellschaft bis heute weit verbreitet.
Allerdings wollen immer weniger Ex-Soldaten ihre Dienstwaffe auch nach Beendigung der Dienstpflicht in der Armee bei sich behalten.
Alle Fotos in der Galerie wurden zwischen 2016 und 2017 aufgenommen.
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