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Wahlbarometer 07: Grüne spriessen weiter

Die Formkurve der Grünen zeigt nach oben, diejenige der FDP nach unten. swissinfo.ch

Die Polarisierung gemäss dem Links-Rechtsschema, welche die letzten Wahlen 2003 ins Parlament geprägt hatte, ist gestoppt. Dies zeigt die erste Ausgabe des Wahlbarometers 07.

Wären die Wahlen ins Schweizer Parlament jetzt, stünden die Grünen als klare Sieger da, die FDP als Verlierer. SVP, SP und CVP könnten ihre Positionen halten.

Wie ist der Formstand der Parteien ein Jahr vor den Wahlen in den National- und Ständerat? Wer befindet sich schon in beneidenswerter Verfassung? Wer tritt an Ort, und wo stimmt die Form nicht?

Antworten auf diese Fragen gibt das Wahlbarometer 07, den das Forschungsinstitut gfs.bern im Auftrag der SRG SSR idée suisse erstellt hat.

Alles beim Alten…

Die erste Ausgabe dieser Leistungs-Diagnose zeigt normale Werte, was das Ranking betrifft. Die Schweizerische Volkspartei (SVP) ist mit 26,4% Wählerstimmen-Anteil immer noch die Nummer 1 vor der Sozialdemokratischen Partei (SP) mit 23,5%.

Die Freisinnig-Demokratische Partei (FDP) auf Platz 3 liegt mit 15,5% klar vor der Christlichdemokratischen Volkspartei (CVP). Diese hält mit 14,2% ihrerseits die Grünen deutlich auf Distanz, die auf 9,2% kommen.

Differenzierte Sicht

Doch der Blick auf den genaueren Verlauf der Leistungskurven seit den letzten Eidgenössischen Wahlen 2003 zeigt Erstaunliches. Nicht so sehr, was Sieger und Verlierer angeht: Die Grünen legten weiter um 1,8% zu, die FDP verlor 1,8%.

Interessant ist die Plafonierung bei den beiden grossen Kontrahenten: Die Sozialdemokratische Partei, SP, (+0,5%) und die Schweizerischen Volkspartei, SVP, (-0,2%) konnten ihre Positionen halten, aber nicht mehr weiter ausbauen. Stabil ist auch die CVP mit –0,2%.

Die heutigen Wähler würden nicht mehr entlang der beiden Pole entscheiden, sondern differenziert bewerten: «Welche Partei könnte welche Rolle im künftigen politischen Spiel einnehmen, und welche Angebote macht sie?», lautet nach Longchamp die neue Wähleroptik.

«Die Polarisierung gemäss dem Links-Rechtsschema ist in der Schweiz erstmals seit 1991 gestoppt», sagt gfs-Institutsleiter Claude Longchamp.

Die heutigen Wähler würden nicht mehr entlang der beiden Pole entscheiden, sondern differenziert bewerten: «Welche Partei könnte welche Rolle im künftigen politischen Spiel einnehmen, und welche Angebote macht sie?», lautet nach Longchamp die neue Wähleroptik.

Auf dem Weg zur Mitte-Linkspartei

Den anhaltenden Aufstieg der Grünen erklärt Longchamp mit deren Erfolgen auf kantonaler Ebene. Beispielsweise mit dem Einzug in Kantonsregierungen, wie jüngst in Bern. «Die Grünen von 2005 waren noch keine eindeutige Siegerpartei, heute aber sind sie es», sagt der Politologe.

Sie visierten keine Mehrheiten, sondern wachsende Minderheiten an. Die neuen Stimmen holten die Grünen nicht nur links der SP, sondern neuerdings auch vermehrt in der politischen Mitte. Lonchamp taxiert sie deshalb als eindeutige Mitte-Linkspartei.

FDP: Verkalkuliert

Zur Verliererseite: Die FDP muss feststellen, dass sich ihre starke Orientierung nach rechts nach den letzten Wahlen nicht ausbezahlt. Wenn sich die FDP profilieren konnte, beispielsweise in Finanzfragen, dann immer nur im Paket mit der SVP, «ihrer grössten Konkurrentin auf dem Wählermarkt», sagt der Wahlforscher.

So gelang der anvisierte Stimmengewinn im rechten Lager nicht. Was aber noch schlimmer ist: «Die FDP hat im politischen Zentrum Wähler und Glaubwürdigkeit verloren, weil sie nicht mehr diejenige Wirtschaftspartei ist, die Fortschritt und Wirtschaftswachstum in der Schweiz garantieren kann», so Longchamp.

Etwas mehr als 365 Tage vor dem Tag X, dem 21. Oktober 2007, sind es also die Grünen, die am besten in den Startpflöcken kauern. Doch auch ihre Bäume werden nicht in den politischen Himmel über der Schweiz wachsen. «Die Grüne Welle rollt weiter, aber nicht bis in den Bundesrat», relativiert Longchamp.

Immerhin sind es über ein Fünftel der im Wahlbarometer Befragten (22%), welche sich einen grünen Bundesrat wünschen. Die aktuelle Zusammensetzung (je 2 SVP, SP, FDP, 1 CVP) ist die am meisten akzeptierte Formel. Mit einem Rückhalt von 34% ist sie aber nicht mehrheitsfähig.

swissinfo, Renat Künzi

Befragt wurden 2017 Wahlberechtigte in der ganzen Schweiz.
Dauer der Befragung: 11. bis 30. September 2006.
Stichprobenfehler: +/-2,2%.
Die Erhebung der Parteienstärke bezieht sich auf die ganze Schweiz.
Sie lässt keine Rückschlüsse auf die Sitzverteilung im Nationalrat zu (kantonale Verteilschlüssel).

Die fünf Top-Themen: Asylwesen, soziale Sicherheit, Arbeitslosigkeit, Steuern/Finanzen und Löhne.

SVP und SP werden am meisten Kompetenzen zugeschrieben, FDP und CVP nur wenig.

Die Präsidenten der fünf grossen Parteien sind nur noch in ihrer Sprachregion bekannt.

Die Bundesräte dagegen sind in allen Sprachregionen sehr bekannt (Ausnahme: Doris Leuthard).

72% stufen Micheline Calmy-Rey und Moritz Leuenberger als glaubwürdig ein. Samuel Schmid kommt auf 70%, Doris Leuthard auf 60%, Hans-Rudolf Merz liegt leicht darunter.

Christoph Blocher und Pascal Couchepin wurden von weniger als 50% als glaubwürdig eingestuft.

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