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Wahlverhalten in der Schweiz hat sich verändert

Prominente Köpfe und Einstellung zu Sachfragen entscheiden Wahlverhalten zunehmend. Keystone Archive

Bei den Nationalrats-Wahlen 2003 haben vor allem prominente politische Köpfe und die Einstellung zu politischen Sachfragen die Wählerinnen und Wähler beeinflusst.

Dies hält die Selects-Studie «Wahlen 2003» der Universität Zürich fest.

Die stärksten Wählerwanderungen seit 1995 verliefen von der Freisinnig-demokratischen Partei (FDP) und der Christlichdemokratischen Volkspartei (CVP) hin zur Schweizerischen Volkspartei (SVP) sowie im linken Lager zwischen der Sozialdemokratischen Partei (SP) und den Grünen. Das hat die am Freitag vorgestellte Wahlstudie ergeben.

Dabei hat die FDP bei den Nationalrats-Wahlen im Herbst 2003 einen höheren Anteil Wähler an die SVP verloren als 1999.

EU-Gegnerin SVP, Steuersenkerin FDP

Beim Entscheid für eine Partei spielt die Einstellung zu bestimmten politischen Sachfragen eine zunehmende Rolle. Danach hat sich die SVP zwischen 1995 und 2003 immer mehr zu einer Partei der Gegner eines EU-Beitritts entwickelt. Als Steuersenkungs-Partei konnte sich die SVP nicht profilieren.

Als einzige Partei konnte die FDP Befürworter von Steuerminderungen auf hohen Einkommen an sich binden.

Sympathien und Antipathien

Die Analyse macht auch eine zunehmende Personalisierung der Politik aus. Persönliche Sympathien oder Antipathien gegen Micheline Calmy-Rey, Ruth Metzler, Pascal Couchepin oder Christoph Blocher haben den Parteientscheid 2003 vor allem bei den bürgerlichen Parteien beeinflusst.

So ist bei der SVP etwa der Zusammenhang zwischen der persönlichen Sympathie für Blocher und dem Entscheid zu Gunsten der Partei noch stärker geworden.

Während die CVP 2003 vor allem unter den Bauern Wählerstimmen verlor, konnte sie offenbar bei Jungen Anhänger gewinnen. Möglicherweise habe hier ein «Metzler-Effekt» gespielt, vermutet die Studie.

Soziale Klasse und Konfession

Veränderungen gibt es auch bezüglich der Bedeutung der sozialen Klasse und der Religion. So konnte die SVP von 1995 bis 2002 in allen sozialen Klassen zulegen, während die FDP durchgehend einbüsste. Die grösste Unterstützung erhielt die SVP von Bauern, während die CVP vor allem bei dieser Berufsgruppe Wähleranteile verloren hat.

Die FDP konnte vor allem auf Manager und Selbstständige zählen. Die SP profitierte von Führungskräften sowie von Wählern mit sozialen und kulturellen Berufen.

Während der Einfluss der Konfession bei der Wahl 2003 abnahm, spielte die Religiosität, gemessen an Kirchgangs-Häufigkeit, eine wichtigere Rolle als früher.

Die SVP als traditionell protestantische Partei baute ihren Stimmenanteil unter jenen Katholiken aus, die nicht oder selten in die Kirche gehen. Die CVP wurde traditionell von praktizierenden Katholiken und neu vermehrt auch von praktizierenden Protestanten gewählt.

Diese breitere Abstützung konnte den Niedergang der CVP nicht verhindern: Die Gruppe der praktizierenden Christen innerhalb der Wahlbevölkerung ist 2003 deutlich zurückgegangen.

Stimmabgabe per Internet

Bundeskanzlerin Annemarie Huber-Hotz sagte bei der Präsentation der Studie, man wolle die Möglichkeit der elektronischen (Internet-) Stimmabgabe bei Urnengängen ausweiten.

In einigen Genfer Gemeinden würden bereits bei kommunalen Abstimmungen Versuche gemacht, rief sie in Erinnerung. Im kommenden September könne nun dort erstmals auch bei den eidgenössischen Abstimmungen per Internet abgestimmt werden.

Mit dieser zusätzlichen Erleichterung der Stimmabgabe soll die Beteiligung erhöht werden. Die Einführung der erleichterten brieflichen Abstimmung hat laut Huber dazu geführt, dass an einigen Orten heute über 90% der Wählenden per Brief abstimmten.

Fast 6000 Stimmberechtigte befragt

Die Wahlstudie Selects basiert auf einer Befragung von rund 5900 Stimmberechtigten unmittelbar nach den Wahlen vom 19. Oktober 2003. 1995 und 1999 wurden Befragungen bei 7600 beziehungsweise 3200 Stimmberechtigten durchgeführt.

Selects ist ein Forschungsverbund der politikwissenschaftlichen Institute der Universitäten Bern, Genf, St. Gallen und Zürich sowie weiterer Stellen und wird unter anderem von der Bundeskanzlei und dem Schweizerischen Nationalfonds unterstützt.

swissinfo und Agenturen

Bei den Nationalratswahlen 2003 bekam die CVP viele Stimmen von jüngeren Wählern. Die SVP konnte sich als EU-Gegnerin, aber nicht als Steuersenkungs-Partei profilieren. Hier war die FDP erfolgreicher. Die SP ist Favoritin der «sozio-kulturellen Spezialisten».

Diese Trends im Wahlverhalten bei den letzten Nationalratswahlen stellt die Selects-Studie «Wahlen 2003» von Peter Selb und Romain Lachat vom Institut für Politikwissenschaft der Universität Zürich fest.

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