Weniger Konsulate, mehr Schweizer Schulen
Die Schweiz setzt die Restrukturierung ihrer Vertretungen im Ausland fort. Für mehr Präsenz sollen die Schweizer Schulen im Ausland sorgen. Mit diesen Botschaften der Regierung setzte sich der Auslandschweizerrat am Jahreskongress in Lausanne auseinander.
Die Schweiz schliesst in mehreren Ländern Vertretungen oder verlagert deren Tätigkeiten. Geplant sind aber auch neue Vertretungen (Vgl. rechte Spalte). Das gab Botschafter Gerhard Brügger, Leiter der Konsularischen Direktion, am Jahreskongress der Auslandschweizer bekannt.
Jacques-Simon Eggly, Präsident der Auslandschweizer-Organisation ASO und Vorsitzender des Auslandschweizerrats gab zu bedenken, dass neue konsularische Angebote die physische Präsenz des Konsulatspersonals nicht ersetzen könnten.
«Es ist sehr problematisch, die Schweizer Vertretungen abzubauen, in einer Zeit, in der die internationale Präsenz für die Schweiz, die sich für einen Alleingang entschieden hat, immer wichtiger wird, und die Mobilität nicht aufhört zu wachsen».
Letzte Woche hatten auch Entwicklungshilfe-Organisationen in einem Brief das Aussenministerium aufgefordert, seine Schritte zu überdenken.
Das Ende des Umbaus naht
Die gute Neuigkeit, welche der Chef der Konsularischen Direktion beim Eidg. Departement für auswärtige Angelegenheiten EDA dem Auslandschweizerrat am Jahreskongress in Lausanne mitzuteilen hatte, löste bei den über 90 Teilnehmern wenig Begeisterung aus.
«Es ist die letzte Runde der geplanten Konsolidierung. Wir hoffen, damit die erwarteten Sparmassnahmen erfüllt zu haben», sagte Brügger.
In der dritten und letzten Phase des «Optimierungsprozesses», die bis 2014 abgeschlossen werden soll, komme es zu weiteren Schliessungen.
Das Konzept der regionalen Konsularzentren werde weitergeführt, indem zusätzliche Vertretungen in Konsularzentren integriert oder administrative Aufgaben an Standorten zusammengelegt würden, wo es mehrere Vertretungen gebe.
«Personelle Verstärkungen sind nötig an Standorten, wo viele Visa ausgestellt werden müssen, wie z.B. in neuen Schwerpunkt-Märkten.» Dank Synergiegewinnen sollen aber auch neue Aufgaben wahrgenommen werden können im Bereich der Interessenvertretung und der klassischen Diplomatie.
Brügger zeigte Verständnis für die zahlreichen Bedenken und Einwände der Auslandschweizer aus allen Ecken der Welt, die in ihrer Wahlheimat vom Abbau der konsularischen Leistungen betroffen sind.
Die Beschlüsse, welche zu Schliessungen führten, seien bedauernswert. Aber angesichts der knappen finanziellen Mittel und des Sparauftrags seitens des Parlaments, habe die Regierung keine andere Wahl als Prioritäten für ihr diplomatisches Netzwerk zu setzen.
Die Schliessungen und Neueröffnungen erfolgten nicht nur im Hinblick auf konsularische Bedürfnisse, sondern aufgrund vielfältiger Kriterien. Andere Länder Europas würden ihre diplomatischen Dienste zum Teil noch ausgeprägter umbauen, sagte Brügger.
Dem Auslandschweizerrat, der die Interessen aller Schweizerinnen und Schweizer, die im Ausland leben, gegenüber Behörden und Öffentlichkeit vertritt, blieb nichts anderes übrig, als die Neuigkeiten zähneknirschend zur Kenntnis zu nehmen. Erleichtert zeigte sich die 5. Schweiz darüber, dass nun keine weiteren Abbaumassnahmen mehr geplant sind.
Mehr Flexibilität für Schweizer Schulen
An seinem Jahreskongress hat der Auslandschweizerrat auch die Stellungnahme der Auslandschweizer-Organisation ASO im Vernehmlassungsverfahren zum Revisionsentwurf des Auslandschweizer-Ausbildungsgesetzes verabschiedet. «Die ASO begrüsst die Stossrichtung der geplanten Revision», sagte ASO-Direktor Rudolf Wyder.
Das erste Auslandschweizer-Ausbildungsgesetz AAG trat 1988 in Kraft. Damit eine Schule den Anforderungen der Eidgenossenschaft entspricht und finanzielle Unterstützung erhält, muss sie folgenden Ansprüchen genügen:
Eine schweizerische Organisation sein, eine Direktion und Lehrkräfte beschäftigen, die mehrheitlich das Schweizer Bürgerrecht haben, das Patronat eines Schweizer Kantons haben, und unter ihren Schülern mindestens 30% Schweizer Kinder (20%, wenn es mehr als 60 Schüler sind) unterrichten.
Das künftige Bundesgesetz über die Präsenz schweizerischer Bildung im Ausland» sieht keine Minimalzahl Schweizer Schüler mehr vor.
Die Subventionen würden künftig von der Gesamtzahl der Schülerinnen und Schüler abhängen. Damit würde sich die finanzielle Unterstützung pro Schweizer Schüler erhöhen.
Die Schweizer Schulen sollen stärker als bisher Bestandteil der Schweizer Präsenz im Ausland sein. Sie kämen in den Genuss einer grösseren betriebswirtschaftlichen Flexibilität, sollen aber auch zur verstärkten Beziehungspflege im Gastland verpflichtet werden.
Sehr im Sinne der ASO sei diese Differenzierung der Förderpolitik des Bundes, betonte ASO-Direktor Rudolf Wyder.
Die Schulen seien «Kristalisagtionspunkte der jeweiligen Schweizergemeinschaft und verdienten die Förderung durch den Bund.
«Sie vermitteln jungen Auslandschweizern eine Ausbildung nach schweizerischen Standards und leisten einen wichtigen Beitrag zur internationalen Mobilität der Schweizer», die insbesondere für die Wirtschaft unabdingbar sei.
Weil an den Schulen auch Kinder aus dem Gastland oder Drittländern unterrichtet werden, hätten sie eine wichtige Brückenfunktion. «Die Schweizer Schulen sind prominente Plattformen schweizerischer Präsenz im Ausland».
Wünschenswert sei auch die Gründung weiterer Schulen in aufstrebenden Ländern. «Bildungsangebote schweizerischer Prägung stellen erstklassige Exportartikel dar», sagte Wyder.
Die ASO empfiehlt, die administrative Zuordnung des Auslandschulwesens im Kontext des künftigen Bundesgesetzes über die Auslandschweizer zu regeln.
Das Generalkonsulat in Chicago wird geschlossen. Die konsularische Geschäftstätigkeit wird von den Vertretungen in Washington und New York übernommen.
In Los Angeles bleibt ein Interessenwahrungs-Generalkonsulat, während dem die konsularische Geschäftstätigkeit nach San Franzisco verlagert wird.
In New York werden die Vertretungen, die bereits existieren, also das Generalkonsulat und die UNO-Mission zusammengelegt.
In Kanada wird das Generalkonsulat in Toronto geschlossen. Die Geschäftstätigkeit wird auf das Konsulat in Montreal verlagert.
In Havanna werden die bestehenden zwei Vertretungen, das Kooperationsbüro und die Botschaft, zusammengeführt.
Was die Botschaft in La Paz betrifft, wird die Interessenvertretung in Zusammenhang mit der Entwicklungszusammenarbeit vor Ort belassen, die konsularische Geschäftstätigkeit aber nach Lima verlagert.
Die Vertretung in Guatemala wird geschlossen, es bleibt ein Kooperationsbüro. Die Geschäftstätitgkeit wird von San Jose übernommen.
In Myanmar (Burma) wird eine Botschaft eröffnet, insbesondere auch wegen der positiven politischen Entwicklung und dem Potenzial des Landes.
Das Kooperationsbüro in Bischkek wird zur Botschaft aufgewertet.
Teil der politischen Strategie ist die Stärkung der Zusammenarbeit mit den Nachbarstaaten. Dazu wird eine Sonderbotschaft geschaffen für grenzüberschreitende Zusammenarbeit.
Und im Hinblick auf die OSZE-Präsidentschaft wird eine Zelle aufgebaut, um die damit verbundenen Aufgaben wahrnehmen zu können.
Derzeit gibt es noch 18 Schweizer Schulen im Ausland:
– 7 in Europa (Bergamo, Catania, Mailand mit einer Filiale bei Como, Rom, Barcelona, Madrid),
– 8 in Lateinamerika (Mexiko-City mit Filialen in Cuernavaca und Queretaro, Bogota, Lima, Santiago, Sao Paulo mit Filiale in Curitiba).
– 1 in Afrika (Accra).
– 2 in Asien (Bangkok, Singapur).
Insgesamt nehmen 7500 Schülerinnen und Schüler, davon 1800 Schweizer, an Schweizer Schulen an einem mehrsprachigen Unterricht (deutsch, englisch, französisch und nationale Sprache) teil.
Die Eidgenossenschaft unterstützt die Schweizer Schulen im Umfang von 25 bis 30% ihrer Betriebskosten. 1988 waren es noch 50%.
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