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Widmer-Schlumpf wird Justizministerin

Zum ersten Mal gemeinsam vor der Kamera: Die neue Landesregierung. Keystone

Nach der Überraschungswahl von Eveline Widmer-Schlumpf letzte Woche in den Bundesrat ist die Departements-Verteilung wie erwartet rasch und ohne Rochaden erfolgt.

Demnach übernimmt die neue Bundesrätin das Departement ihres abgewählten Vorgängers Christoph Blocher. Sie wird Chefin des Justiz- und Polizeidepartements (EJPD).

Die bisherigen Regierungsmitglieder behalten ihre Departemente. So fiel der amtsjüngsten Bundesrätin das frei werdende EJPD zu.

Widmer-Schlumpf hatte sich nach der Wahl «offen für alles» gezeigt. Auf den ersten Blick hätte sich die bisherige Bündner Finanzdirektorin vor allem für das Finanzdepartement geeignet. Als promovierte Juristin ist sie aber auch für das EJPD bestens gerüstet.

Nach vier Jahren Blocher setzt sich die SVP-Ägide im EJPD fort – allerdings mit einer Bundesrätin, die nicht der Fraktion angehört.

Nach 1960 stellte während insgesamt 38 Jahren die CVP den Justizminister oder die Justizministerin, zuletzt mit Ruth Metzler von Mai 1999 bis Ende 2003. Für sechs Jahre in den 1980er-Jahren kam die FDP zum Zuge.

Der Bundesrat wird die Departements-Verteilung an seiner ersten Sitzung im neuen Jahr – das heisst am 16. Januar – noch formell bestätigen müssen. Bei der Gelegenheit wird er auch die Stellvertretungen regeln.

Zu Rochaden könnte es im Laufe der Legislatur doch noch kommen, denn es zeichnen sich gleich mehrere Rücktritte ab.

Personenfreizügigkeit

Auf Widmer-Schlumpf warten im EJPD ohne lange Schonfrist wichtige Geschäfte. Die neue Bundesrätin wird unter anderem richten müssen, was das letzte Amtsjahr ihres Vorgängers überschattet hat: die Neuregelung der Aufsicht über die Bundesanwaltschaft.

Als Jahresziel vorgenommen hat sich das EJPD, die internationale Zusammenarbeit in Polizei-, Justiz- und Migrationsfragen zu stärken. Die Polizei- und Asylabkommen von Schengen-Dublin müssen umgesetzt werden. Eine Botschaft zur Fortführung der Personenfreizügigkeit mit der EU über 2009 hinaus ist in Arbeit.

Weitere grosse Brocken für Widmer-Schlumpf sind die Aufhebung der Lex Koller über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland und die Zulassung von Parallelimporten. Aufgegeleist hat Blocher auch eine Revision der Antirassismus-Strafnorm.

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Bundesrat

Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht Der Bundesrat ist die Schweizer Regierung (Exekutive). Sie besteht aus sieben Mitgliedern, die alle vier Jahre vom Parlament (Vereinigte Bundesversammlung) gewählt oder bestätigt werden. Ein Mitglied der Landesregierung wird «Bundesrat» oder «Bundesrätin» genannt. Jeder Bundesrat, jede Bundesrätin, steht einem Departement als Minister oder Ministerin vor. Aus ihrer Mitte wird jährlich abwechselnd nach Amtsdauer der Bundespräsident…

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Revision des Aktienrechts

Umgesetzt werden muss die gezielte Förderung der Integration der Ausländerinnen und Ausländer. Im Asylrecht ist eine dringliche Revision vorgesehen, nachdem die Asylrekurskommission entschieden hat, auch die Dienstverweigerung – in diesem Fall von Eritreern – als Asylgrund anzuerkennen.

Zu tun haben wird die fraktionslose Bundesrätin mit den Volksinitiativen «ihrer» SVP für die Ausschaffung krimineller Ausländer und für demokratische Einbürgerungen. Im Gegensatz zu namhaften SVP-Vertretern hat sie sich bereits gegen das Volksbegehren ausgesprochen, das den Bau von Minaretten verbieten will.

Ein weiteres Projekt des EJPD ist die Revision des Aktienrechts, welche die Aktionärsrechte stärkt und eine Offenlegung der Bezüge der obersten Manager anstrebt.

Zum Wirtschaftsrecht gehören auch der bessere Schutz der «Marke Schweiz» und der Kündigungsschutz für Hinweisgeber auf Korruption, so genannte Whistle-Blower.

swissinfo und Agenturen

Eveline Widmer-Schlumpf setzt die Tradition fort, dass das Justiz- und Polizeidepartement von einem bürgerlichen Juristen oder einer Juristin geleitet wird.

Sie ist nach Elisabeth Kopp und Ruth Metzler die 3. Justizministerin.

Zum 5 Mal steht ein Mitglied der SVP an der Spitze dieses Departements. (Widmer-Schlumpf bleibt SVP-Mitglied, auch wenn sie von deren Bundeshausfraktion ausgeschlossen ist).

Das Departement wurde in der Vergangenheit nur ausnahmsweise und jeweils kurz von einem Nicht-Juristen geführt. So 1883 vom Arzt Adolf Deucher, 1908 vom Architekten Josef Anton Schobinger und 1959 vom Landwirt Friedrich Traugott Wahlen.

Moritz Leuenberger (1995 gewählt), Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation.

Pascal Couchepin (1998), Departement des Innern.

Samuel Schmid (2000), Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport.

Micheline Calmy-Rey (2002), Departement für auswärtige Angelegenheiten.

Hans-Rudolf Merz (2003), Finanzdepartement.

Doris Leuthard (2006), Volkswirtschaftsdepartement.

Eveline Widmer-Schlumpf (2007), Justiz- und Polizeidepartement.

Die Fraktion der Schweizerischen Volkspartei (SVP) geht in die Opposition. Sie hat am Dienstag mit 60 zu 3 Stimmen diesen Beschluss bekräftigt.

Sie werde ihren Wählerauftrag als geschlossene Fraktion ohne Unterfraktionen und Untergruppen wahrnehmen, sagte Fraktionschef Caspar Baader.

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