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«Wir müssen die Hungrigen ernähren»

UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon richtet am Treffen in Bern einen Appell an die reichen Länder. Keystone

UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon macht den Kampf gegen die Hungerkrise zur Chefsache. In Bern hat er die Schaffung einer Task Force unter Einbezug von IWF, Weltbank und Welthandelsorganisation angekündigt.

Zunächst will die UNO so schnell wie möglich 2,5 Mrd. Dollar für Nahrungsmittelhilfe bereitstellen. Das gab Ban Ki Moon nach seinem Treffen mit den Chefs von 27 UNO-Organisationen am Sitz des Weltpostvereins in Bern bekannt.

Priorität habe dabei die Beschaffung von 755 Mio. Dollar, die das Welternährungsprogramm (WFP) benötige. Die wohlhabenden Länder forderte er auf, ihre Hilfen für die Ärmsten deutlich zu erhöhen. «Wir müssen die Hungrigen ernähren», sagte er.

Es müsse aber mehr getan werden, als den Menschen in Not Lebensmittel zur Verfügung zu stellen, wie dies bei früheren Krisen der Fall gewesen sei, sagte Ban. «Wir müssen auch die Nahrung von morgen garantieren», ergänzte er.

Nothilfe ist nur der erste Schritt

Im Rahmen der beschlossenen Massnahmen wolle die Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) Bauern in den ärmsten Ländern der Welt für 1,7 Mrd. Dollar Saatgut zur Verfügung stellen.

Weltbank-Präsident Robert Zoellick, der auch an dem Treffen in Bern teilnahm, erklärte, rund 100 Millionen Menschen seien in den vergangenen beiden Jahren in die Armut getrieben worden. «Das ist keine Naturkatastrophe», sagte Zoellick.

Dem WFP seien zwar schon 475 Mio. Dollar zugesagt worden, die Organisation brauche aber noch mehr Geld. «Diese Krise ist auch dann noch nicht vorbei, wenn die Nothilfe geleistet wurde.»

Task Force

Die oberste Koordinationsbehörde der UNO, das Chief Executives Board (CEB), beschloss, eine «Task Force on the Global Food Crisis» einzusetzen.

Diese Gruppe unter Leitung von Ban Ki Moon soll die Aktivitäten der UNO-Programme und der Weltbank bündeln. Koordiniert wird sie vom bisherigen UNO-Verantwortlichen für humanitäre Hilfe, John Holmes.

Ban kündigte als Ziel massgeschneiderte Antworten für die betroffenen Regionen und Länder an, Unterstützung bei Budget- und Finanzierungsfragen sowie die Förderung einer nachhaltigen Nahrungsmittelproduktion.

Komplexe Krise mit vielen Ursachen

Die Massnahmen sind kurz-, mittel- und langfristig angelegt. Im Zentrum steht Afrika, das am stärksten betroffen ist. Dort müsse das Versprechen einer «Grünen Revolution» eingelöst werden.

Die dramatische Erhöhung der Nahrungsmittelpreise stelle eine beispiellose Herausforderung für die Weltgemeinschaft dar, sagte Ban Ki Moon.

Es handle sich um eine komplexe Krise mit vielen Ursachen: fehlende Investitionen in die Landwirtschaft, höhere Energiepreise, Agrarsubventionen, Spekulation, gestiegene Nachfrage nach Nahrungsmitteln, schlechtes Wetter, Hamstern und Panikkäufe.

swissinfo und Agenturen

Laut Angaben der Vereinten Nationen sind die Preise für Soja und Getreide seit März 2007 um 87% respektive 130% gestiegen. Weltweit sind die Preise für Reis innerhalb von zwei Monaten um 75% gestiegen.
In den Industrieländern wird für Nahrungsmittel durchschnittlich 20% des Einkommens ausgegeben. In Entwicklungsländern 80%.
In Afrika sind 42 von 54 Länder darauf angewiesen, Nahrungsmittel zu importieren.

Wegen der deutlich gestiegenen Lebensmittelpreise hat das Welternährungsprogramm (WFP) die Ausgabe eines kostenlosen Frühstücks an 450’000 arme Kinder in Kambodscha gestoppt.

Wegen des hohen Reispreises seien die Hilfslieferungen an mehr als 1300 Schulen bis auf weiteres eingestellt worden, sagte der WFP-Chef in dem südostasiatischen Land, Thomas Keusters.

Die kostenlose Schulspeisung der UNO-Organisation bestand zu drei Vierteln aus Reis.

Derzeit kostet eine Tonne der besten Reissorten in Kambodscha nach Angaben von Händlern rund 700 Dollar. Im vorigen Jahr hatte der Preis noch bei 400 Dollar gelegen. In Kambodscha leben mehr als 30% der rund 14 Mio. Einwohner unterhalb der Armutsschwelle.

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