Wuchtiges Ja für die Bildungsverfassung
Die Schweizer Stimmbürgerinnen und Stimmbürger heissen die Bildungsreform mit einem Ja-Stimmenanteil von 86% gut. Das massive Ja geht quer durchs Land.
Die Änderung der Bildungsartikel in der Bundesverfassung war im Vorfeld kaum umstritten.
Die Schweiz erhält eine neue Bildungsverfassung. Gemäss SRG-Hochrechnung beträgt der Ja-Anteil 86%. Die Zustimmung aller Kantone ist sicher. Das Ja ist landesweit einheitlich, die Stimmbeteiligung tief. Laut der Hochrechnung gingen lediglich 27% der Stimmenden an die Urne.
Die neuen Verfassungsartikel sollen dafür sorgen, dass Schuleintritsalter, Schulpflicht, Dauer und Ziele der Bildungsstufen gesamtschweizerische harmonisiert werden. Können sich die Kantone nicht einigen, soll der Bund eingreifen.
Die ersten eintreffenden Resultate sind klar: Neuenburg sagte mit 92,7 Prozent Ja, Glarus mit 85,7 Prozent, Thurgau mit 82,1 Prozent, Aargau mit 81,6 Prozent und Appenzell-Ausserrhoden mit 79,8 Prozent.
So viel Einigkeit gab es selten: Praktisch das ganze Parlament, Bund, Kantone sowie alle grossen Verbände und Organisationen hatten sich für die Neuordnung der Verfassungsartikel eingesetzt, welche die Bildung betreffen.
Nur eine kleine Minderheit aus Vertre23tern der rechtsbürgerlichen Schweizerischen Volkspartei (SVP), der linken Partei der Arbeit (PdA) und der Katholischen Volkspartei (KVP) machte Stimmung gegen die Vorlage.
26 Systeme
In der Schweiz ist die Bildung kantonal geregelt. Jeder der 26 Kantone oder Halbkantone hat ein eigenes Schulsystem. Eintrittsalter, Schuldauer und Lehrplan weichen zum Teil weit voneinander ab.
Die Vereinheitlichung des Bildungssystems war in der Schweiz schon lange Thema. Sie kam 1973 bereits einmal zur Abstimmung. Das Stimmvolk nahm sie damals zwar an, doch scheiterte sie knapp am Nein der Kantone, dem Ständemehr.
Mehr Zusammenarbeit
Die Pflicht zur Koordination und Zusammenarbeit in der Bildung ist einer der Kernpunkte der Vorlage. Bund und Kantone sollen im gesamten Bereich der Bildung, vom Schuleintritt bis zur Universität, verschiedene Faktoren angleichen.
So sollen das Schuleintrittsalter, die Ausbildungsdauer, die Ziele der verschiedenen Bildungsstufen sowie die Anerkennung von Abschlüssen landesweit harmonisiert werden.
Um im internationalen Wettbewerb besser zu bestehen, soll der ganze Bildungsraum Schweiz neu als eine Einheit, als ein überblickbares Gesamtsystem, verstanden werden.
Volks- und Ständemehr entscheidend
Weil die Neuordnung der Bildungsartikel eine Verfassungsänderung ist, kommt sie automatisch an die Urne. Am 21. Mai 2006 sind das Volks- und das Ständemehr (Mehrheit der Kantone) ausschlaggebend.
Bei einer Annahme der Vorlage würde die Bildungsverfassung sofort in Kraft treten.
swissinfo
In der föderalistischen Schweiz unterstehen die öffentlichen Schulen der Hoheit der jeweiligen Kantone.
Die Grundsätze des Schulsystems sind in der Verfassung verankert. Bei Verfassungsänderungen bedarf es einer Zustimmung von Volk und Kantonen.
Alle Versuche einer Harmonisierung der 26 unterschiedlichen Schulsysteme scheiterten bisher am Widerstand der Kantone (Ständemehr).
Einige Beispiele der Harmonisierung im Abstimmungs-Projekt vom 21. Mai 2006:
Kindergarten im ganzen Land
Gleiches Schuleintritts-Alter
Gleiche Dauer der obligatorischen Schulzeit (11 Jahre)
Gegenseitige Anerkennung von Diplomen zwischen Universitäten
Entwicklung von Bildungs-Standards
Koordination der Arbeit von universitären Forschungs-Instituten
In Übereinstimmung mit den JTI-Standards
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