Zu viel Gipfel, viele schöne Worte, wenig Handfestes
Der 13. Frankophonie-Gipfel, der am Sonnatg in Montreux zu Ende ging, gibt der Schweizer Presse wenig Anlass zu Kommentaren. Wer aber Bilanz zieht, tut dies kritisch: Viele schöne Worte, wenig Konkretes, so der Tenor.
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Renat Künzi, swissinfo.ch
«Viele Grosse Worte» hörte der Tages-Anzeiger in Montreux. Dabei hätten die Regierungschefs in der «Erklärung von Montreux» dieselben Absichten geäussert, die sie im September vor der UNO zu den Millienniumszielen und am aktuellen Treffen zur Biodiversität in Nagoya abgegeben hätten und die sie am Klimagipfel von Ende November in Cancun wiederholen würden.
Der Tagi weist darauf hin, dass die Frankophonie-Organisation (OIF) seit 2007 das Budget ihrer Bildungsagentur von 40 auf 37 Mio. Euro gekürzt hat.
«Weniger Gipfeldiplomatie zu Themen, die an vielen anderen Konferenzen behandelt werden, und mehr praktische Förderung der frankofonen Kultur stünden der OIF gut an», fordert der Tages-Anzeiger.
Gut fürs Schweizer Image
«Und was hat’s gebracht?», fragt die Neue Zürcher Zeitung. Mit der reibungslosen Organisation des Gipfels habe die Schweiz Werbung in eigener Sache machen können.
Was den konkreten politischen Nutzen betrifft, macht die NZZ ein Fragezeichen. Zwar sei die Frankophonie-Bewegung, der rund ein Drittel der UNO-Mitglieder angehörten, ein grosses Netzwerk, an dem teilzuhaben keine schlechte Sache sei.
Aber «nur wenn die Schweiz die in Montreux geknüpften Kontakte künftig auch bewirtschaftet, hat die Organisation des Gipfeltreffens mehr gebracht als gute Werbung für den Fremdenverkehr und eine Dosis Imagepflege», so die NZZ.
Auch Waadtländer Riviera als Gewinnerin
«Viele Worte, aber ein guter Werbeschachzug für die Schweiz»: Für den Westschweizer Le Matin ist die Schweiz deshalb die heimliche Gewinnerin des Treffens. Gewonnen habe auch Montreux. «Die Stadt hat gezeigt, dass die Waadtländer Riviera in der Lage war, einen internationalen Gipfel mit einer aussergewöhnlichen Organisation zu beherbergen», lobt Le Matin.
Auf politischer Seite hätten die Bundesrätinnen Micheline Calmy-Rey und Doris Leuthard mit zehn bilateralen Gesprächen mit Staatschefs und Ministern «ein Maximum» herausgeholt.
«Versprechens-Maschine»
Kritischere Töne schlägt Le Temps an, in dem die Genfer Zeitung aus Genf die Frankophonie-Organisation als «machine à promesse», als «Versprechens-Maschine» bezeichnet.
Alle zwei Jahre würden die frankofonen Staatschefs ihre politischen Ambitionen ausweiten: Demokratie, Menschenrechte, unabhängige Justiz, freie Medien, Krisenbewältigung, Förderung der Frauen, Kampf gegen Diskriminierung.
«Absichten, Hoffnungen, die alle unbestritten sind, die aber mit der Realität immer stärker kontrastieren», so Le Temps. Diese «Litanei von Absichtserklärungen» drohe aber, sich gegen die Autoren selbst zu richten. «Wer zu viel verspricht, ist dazu verdammt, das nächste Mal noch mehr Versprechungen zu machen.»
Positiv dagegen fällt die Bilanz der Tribune de Genève aus. «Der Gipfel von Montreux hat gehalten, was er versprach. Kein Durchbruch, aber interessante Ideen.»
Das Frankophonie-Gipfeltreffen in Montreux fand vom 22.-24. Oktober statt. Daran nahmen 40 Staats- und Regierungschefs teil.
An jedem Gipfel schlägt das Gastgeberland ein Hauptthema vor. Die Schweiz hat sich für das Thema «Zukünftige Herausforderungen und Visionen für die Frankophonie» entschieden. Es ging um die drei Bereiche: «Weltregierung und Demokratie, Freiheit, Menschenrechte», «Nachhaltige Entwicklung: Nahrungssicherheit und Klima» sowie «Französische Sprache: kulturelle Diversität und Innovation».
Mit den Gipfeln wollen die Teilnehmers-Staaten «den Einfluss der Frankophonie auf die restliche Welt stärken». Dies war auch das Ziel, das sich die Schweizer Aussenministerin Micheline Calmy-Rey für das Treffen in Montreux vorgenommen hatte.
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